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Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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und das Hippocampus-System entsprechend das „cool system“.
    Normalerweise werden Reize, die vom Gehirn aufgenommen werden, im limbischen System zum Thalamus geleitet, von dort aus zur Amygdala und zum Hippocampus, dann wieder über den Thalamus zurück zu beiden Hirnhälften, dort zu den Sprachzentren und zum Vorderhirn, und so beginnt eine innere Verarbeitung der aufgenommenen Reize. Das ist das „cool system“.
    Nicht so bei einem als „heiß“ (stressreich) identifizierten Reiz. Um einen Reiz als „heiß“ zu identifizieren gibt es einen extrem schnellen „Temperaturfühler“: eine nur aus einer einzigen Nervenzelle bestehende Schnellverbindung vom Thalamus zur Amygdala. Wenn die Amygdala, deren Aufgabe es ist, „Spitzenwerte“ von Reizen zu identifizieren und Alarm zu schlagen, dies tut, wird im gesamten Organismus „Feueralarm“ gegeben (LeDoux, 1998). Die Amygdala „bestimmt wesentlich, ob es zu einer Reaktion auf Stress kommt, und setzt gegebenenfalls den Aktivierungsprozess für neurochemische und neuroanatomische Schaltungen für Angst in Gang ... Die Amygdala potenziert auch die Schreckreaktion auf Angst ... wie auch andere unverzügliche Verteidigungshandlungen ... sogar noch vor der Aktivierung des hormonellen Systems.“ (Yehuda, 2001) Schneller geht’s nicht: reagieren, bevor der Hormonschub kommt. Mit einem Sprung aus der Gefahrenzone – dafür ist dieser blitzschnelle Reaktionsweg da.
    Von der Amygdala-Erstreaktion ausgehend wird dann die bereits von Stressforscher Hans Selye in den 1970er-Jahren beschriebene „Stresskaskade“ in Gang gesetzt (Selye, 1976; siehe auch Chroussous & Gold, 1992; Yehuda, 2001). Diese dauert etwas länger, klingt dafür auch erst langsam ab. Entscheidend beteiligt ist die sogenannte HPA-Achse: die Achse zwischen H ypothalamus, Hypophyse (P ituitary) und Nebennierenrinde (A drenal glands). Durch die Erstreaktion der Amygdala stimulieren bestimmte Eiweiße (Neuropeptide) im Gehirn den Hypothalamus, seinerseits bestimmte Eiweiße freizusetzen, darunter das CRF – den C orticotropin R eleasing F actor – und Vasopressin. Die Freisetzung von CRF wiederum wirkt auf die Hirnanhangdrüse Hypophyse und stimuliert dort die Freisetzung von ACTH (A dreno -C ortico -T ropes H ormon), das wiederum die Freisetzung von Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus der Nebennierenrinde anregt.
    „Alles, was als Stress erlebt wird – besonders akuter Stress –, führt zu einer dosisabhängigen Erhöhung sowohl von Catecholaminen“ (Adrenalin und Noradrenalin) „als auch von Cortisol. Je größer der Stress, umso höher der Spiegel beider Hormone“, erläutert Yehuda. Interessant ist besonders die Wirkung des Cortisols: Das nämlich dient als „Stressbremse“ und setzt eine negative Rückkopplungsschleife in Gang: Normalerweise wirkt das Cortisol erst auf die Hypophyse „bremsend“, dann auf den Hypothalamus, den Hippocampus und die Amygdala. Wenn ein Mensch aber chronisch unter Stress leidet, wird dieses System der „Stressbremse“ geschwächt, sodass bei akutem Stress eine Erhöhung des Cortisols im Blut festgestellt werden kann, bei chronischem Stress hingegen eine Erniedrigung des Cortisolspiegels (Boscarino, 1996; Goenjian et al., 1996; Heim et al., 1998; Jensen et al., 1997; Yehuda 2001).
    Um die Freeze- und Fragment-Reaktionen zu verstehen, lohnt sich ein näherer Blick auf die beiden stressverarbeitenden Gedächtnissysteme von Amygdala und Hippocamus. Eine Anmerkung dazu: Oft werden diese Substrate – Amygdala ist ein erbsgroßer, mandelförmiger Kern im limbischen System, Hippocamus eine benachbarte größere Struktur, die aussieht wie ein Seepferdchen, daher die Namen – mit dem Amygdala- bzw. Hippocampus -System gleichgesetzt. Gemeint ist aber nicht nur das organische Substrat, sondern auch die charakteristischen Verbindungen von dort zu bestimmten anderen Hirnregionen. Erst in den letzten Jahren wurden diese beiden Systeme näher entschlüsselt. Hier einige wichtige Ergebnisse:
    Gedächtnissysteme der Stressverarbeitung im limbischen System
    Hippocampus: Archiv unseres Gedächtnisses
    Merkmale: biografisch-episodisch-narrativ, Vernetzung mit Sprachzentren, Thalamus und beiden Großhirnhemisphären 
    Subjektive Qualität: Erinnerungen gehören zum Selbst sowie zum „Dort und Damals“.
    Amygdala: Feuerwehr.
    Bekämpft die unter hohem Affekt, insbesondere (Todes-)Angst stattfindenden Erlebnisqualitäten, indem sie diese aus der Verarbeitung

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