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Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition)

Titel: Trauma und die Folgen: Trauma und Traumabehandlung, Teil 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Huber
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wenige positive Momente aus der Kindheit. Dann eine zusammenhängende Identität. Wenn diese Persönlichkeit in Ruhe reifen kann und sie kaum an ihre Vergangenheit erinnert wird, hat sie keine Alltagsamnesien. Und doch fühlt sie sich seltsam „abgeschnitten“ von der Basis, den Kindheitserfahrungen und dortigen Reifungsprozessen und Gefühlen. Sie sitzt sozusagen „wie der Korken auf der Flasche“, denn das Material und die Teile ihrer Persönlichkeit, die sie „nach unten gedrückt“ und nicht mehr in ihrer „eigenen“ Erinnerung hat – die EPs und andere Persönlichkeitsanteile „von früher“ –, werden nicht der Erinnerung zugänglich sein, aber gelegentlich „aufkochen“ oder „brodeln“, wie es nicht bewältigte, unintegrierte, mit anderen Worten: chronisch dissoziierte Lebenserfahrungen zu tun pflegen.
    Dass es sich um eine solche Struktur der Persönlichkeit handelt, erfährt die Persönlichkeit selbst unter Umständen nur dadurch, dass von dem „unterdrückten“ Material etwas plötzlich wie ein Geysir nach oben „schießt“ und dann die Alltagsperson große Mühe hat, wieder „den Korken auf die Flasche“ zu bekommen.
Beispiel:
Fiona Stern (Name geändert) dachte immer: „Ich hatte eine schöne Kindheit – bin auf dem Land groß geworden, mit Kühen und Pferden ...“. Sie arbeitete fleißig, machte auf dem zweiten Bildungsweg Abitur und begann zu studieren, übernahm sich als passionierter „Workoholic“ aber und begab sich zur Studienberatung. Dort fragte die Beraterin unter anderem, ob sie etwas aus ihrer Kindheit erinnere, etwa ihre Einschulung. „Natürlich nicht“, lachte Fiona. Erst als die Beraterin nicht mitlachte, sondern sie seltsam ansah, begann sie zu überlegen: Ob sich andere Menschen tatsächlich im Detail an etwas aus der Kindheit erinnern? Doch dann vergaß sie diese Irritation wieder, legte ein Prüfungsfach ab und kam im Studium wieder zurecht. Leider hatte sie chronische Polyarthritis (Rheuma), sodass schon die Knochen angegriffen waren und es unsicher war, ob sie ihren Studienabschluss auch in einen Beruf umsetzen könnte. In einer Kur gab es unter anderem eine „Rebirthing“-Sitzung, an der sie teilnahm: Man lag auf dem Boden, hechelte eine Weile und ließ die Bilder kommen. (Anmerkung: Heute – so hoffe ich doch sehr – würde die entsprechende TherapeutIn erst einmal eine Traumaausbildung machen, um Menschen helfen zu können, die durch das Hyperventilieren, hier: Hecheln, in Trauma-Abreaktionen geraten – denn während eines Traumas hat ein Mensch sehr oft Schwierigkeiten mit dem Atmen und hyperventiliert; dies später im Leben einfach so zu machen reicht meist völlig aus, um ungebetene Traumaerinnerungen zu bekommen!)
Plötzlich sah Fiona ein Bild, so plastisch, als wäre es wirklich im Raum: ein großer Penis und die Hand ihres Vaters. Sie hörte eine Kleinkindstimme weinen und benötigte lange, um zu realisieren, dass sie selbst das war. Und die Therapeutin hatte große Mühe, sie aus diesem Zustand wieder in den erwachsenen zu reorientieren.
Dieses Erlebnis schreckte sie so auf, dass sie beschloss, nun doch psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Und so kam sie zu mir, wobei sie gleich sagte: „Aber bitte keine Körpertherapie wie Rebirthing, nie wieder!“ Ganz vorsichtig arbeitete ich mit ihr daran, dass sie lernte, ihr Innenleben ein wenig zu erforschen und doch stabil zu bleiben. Sie machte unter anderem die „Stunde für sich“ (Huber, 1995) ganz regelmäßig. Und so lernte – um mit der Terminologie der strukturellen Dissoziation zu sprechen – die ANP, also die Alltagsperson, nach und nach, zunächst ganz aus der Ferne, als würde sie nur eine Ahnung davon bekommen, ihre EPs, ihre emotionalen inneren Zustände und abgespaltenen Persönlichkeitsanteile, kennen und realisierte, dass ihre Kindheit wohl nicht so problemlos gewesen war, wie sie gedacht hatte ...
    D. Aufspaltung in Ego-States
    Im Vergleich zum „Smiley“ und der zweiteiligen ANP-EP-Spaltung sowie im Vergleich zum „Korken-auf-der-Flasche-Modell“ zeigt die „Margarite“ eine Persönlichkeit, die auch im Heute tief gespalten ist. Hier sitzt die Alltagsperson oder ANP in der Mitte und viele Zustände, die schon mehr sind als nur simple Erinnerungspakete oder EPs: ganze Bereiche der Persönlichkeit sind in Ego-States oder Ich-Zustände aufgespalten – daher die eingeschnürte oder eingekerbte Form im Vergleich zum fast runden „Smiley“. Dies soll andeuten, wie viel

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