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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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geltend.

    »Wenn morgen zum ersten Mal ein Verkehrsflugzeug auf unser Haus stürzt, dann ziehen nebenan bald auch zum ersten Mal Vampire ein. Ein Knoblauchhalsband trage ich trotzdem nicht.«
    »Wenn es kein Verkehrsflugzeug ist, dann eines von diesen Transportflugzeugen voller Päckchen und Pakete.«
    Dad starrte sie mit offenem Mund an, dann schüttelte er den Kopf. »Päckchen und Pakete.«
    Mom sekundierte: »Was Mutter meint, ist Folgendes – wenn das Schicksal etwas für unseren Jimmy vorgesehen hat, dann kann er sich davor nicht verstecken. So ist das mit dem Schicksal. Es wird ihn finden.«
    »Vielleicht ist es ein Postflugzeug«, sagte Oma.
    Bei dampfenden Tellern mit pürierter Blumenkohlsuppe, verfeinert mit weißen Bohnen und Estragon, kamen wir zu dem Schluss, es sei am klügsten, wenn ich mich wie an einem gewöhnlichen freien Tag verhielt, dabei aber immer Vorsicht walten ließ.
    »Allerdings«, wandte Oma ein, »könnte ihn auch die Vorsicht umbringen.«
    »Also, Weena, wie könnte ausgerechnet Vorsicht jemanden umbringen?«, protestierte mein Vater.
    Oma schlürfte einen Löffel Suppe und schmatzte mit den Lippen, was sie nie getan hatte, bevor sie vor zwei Jahren fünfundsiebzig geworden war. Sie schmatzte mehrmals und genüsslich.
    In der Mitte zwischen ihrem siebzigsten und ihrem achtzigsten Geburtstag hatte sie beschlossen, durch ihr langes Leben habe sie das Recht erworben, sich gewissen kleinen Vergnügungen hinzugeben, die sie sich bisher nie erlaubt hatte. Diese Vergnügungen beschränkten sich mehr oder weniger darauf, mit den Lippen zu schmatzen, sich so geräuschvoll zu schnäuzen, wie sie wollte (allerdings nie bei Tisch), und Löffel und/
oder Gabel am Ende jedes Gangs mit der Spitze nach oben gewandt abzulegen, statt das Besteck umzudrehen, um auszudrücken, dass sie fertig war – wie es ihr ihre Mutter, die als echtes Produkt der Gründerzeit peinlich genau auf Etikette achtete, beigebracht hatte.
    Nach einem letzten Schmatzen erklärte sie nun, weshalb Vorsicht gefährlich sein konnte: »Nehmen wir mal an, Jimmy will die Straße überqueren, macht sich aber Sorgen, er könnte von einem Bus überfahren werden …«
    »Oder von einem Müllwagen«, warf meine Mutter ein. »Wenn bei einem so großen, schweren Ding auf einer von den abschüssigen Straßen die Bremsen versagen, was soll es da aufhalten? Da donnert es direkt durch ein ganzes Haus hindurch!«
    »Ein Bus, ein Müllauto, vielleicht sogar ein rasender Leichenwagen«, stimmte Oma zu.
    »Welchen Grund sollte ein Leichenwagen wohl haben, zu rasen?«, erkundigte sich Dad.
    »Egal, ob er nun rast oder nicht«, sagte Oma, »wäre das nicht eine Ironie des Schicksals, von einem Leichenwagen überfahren zu werden? Weiß Gott, das Leben hat oft eine Ironie an sich, wie sie im Fernsehen nie gezeigt wird.«
    »Das Fernsehpublikum könnte damit gar nicht umgehen«, meinte Mom verächtlich. »Seine Aufnahmefähigkeit für echte Ironie ist schon nach einer halben Folge von Mord ist ihr Hobby erschöpft.«
    »Was im Fernsehen heute als Ironie gilt«, bemerkte mein Vater, »ist nichts weiter als ein schlechtes Drehbuch.«
    »Mir machen weniger Müllautos Angst als diese riesigen Betonmischer, die den ganzen Tag lang zu den Bauplätzen fahren«, sagte ich. »Ich hab immer die Befürchtung, dass der Teil von ihnen, der sich dreht, sich plötzlich aus seiner Halterung löst, die Straße entlangrollt und mich platt macht.«

    »Na schön«, sagte Oma, »dann ist es also ein Betonmischer, vor dem Jimmy Angst hat.«
    »Angst hab ich eigentlich nicht«, sagte ich. »Ich bin bloß argwöhnisch. «
    »Da steht er also auf dem Bürgersteig, schaut nach links, schaut nach rechts, dann wieder nach links, weil er vorsichtig ist und sich Zeit lässt – und weil er zu lange am Bordstein steht, wird er von einem herunterfallenden Safe erschlagen.«
    Im Interesse einer lebhaften Debatte war mein Vater zwar bereit, sich auf allerhand exotische Spekulationen einzulassen, aber diese Vorstellung strapazierte seine Geduld doch zu sehr. »Ein herunterfallender Safe? Von wo soll der denn herunterfallen? «
    »Von einem Hochhaus natürlich«, sagte Oma.
    »Es gibt bei uns doch gar keine Hochhäuser«, wandte Dad behutsam ein.
    »Rudy, mein Lieber«, sagte Mom, »ich glaube, du vergisst das Alpine Hotel.«
    »Das hat bloß vier Stockwerke.«
    »Ein vom vierten Stock herunterfallender Safe würde Jimmy ratz-fatz auslöschen«, argumentierte Oma. Zu mir gewandt, sagte

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