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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Schreiterer
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legten die meisten doch großen Wert darauf, jeden Anschein sozialer Diskriminierung zu vermeiden. Spätestens seitdem
     man Chancenungleichheit beim Hochschulzugang als ein politisches Problem, ja als Schandfleck im
American dream
zu betrachten begann, kamen die bekannten Elite-Unis unter starken Legitimationsdruck, ihre Zulassungspolitik zu verteidigen
     und öffentlich darzulegen, dass sie nicht nur ihre alten Seilschaften bedienten. Bis heute verwenden sie große Mühen darauf,
     als meritokratische Institutionen durchzugehen, denen es auf Talent und Leistung, Qualität und harte Arbeit ankomme und die
     ihre Studenten ohne Ansehen sozialer Herkunft und materieller Mittel, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit rekrutieren.
    Der Abstand zwischen dem Elite- und dem Massensegment ist im 20. Jahrhundert aber nicht etwa kleiner geworden, sondern im
     Gegenteil immer größer. Die feine Scheidelinie zwischen beiden Welten hat ihren Lauf gelegentlich geändert, hält aber umso
     fester. Dabei ist sie keineswegs völlig undurchlässig. Hochschulen können in der Hierarchie auf- und absteigen. »Klassenwechsel«
     sind nicht nur theoretisch möglich, sondern kommen durchaus vor. Dem Club der
selective schools
gehören zwar ganz überwiegend private Hochschulen an, aber auch einige staatliche Einrichtungen haben |73| darin Zutritt gefunden. Obwohl die genaue Platzverteilung nicht festgezurrt ist, hat die Vorstellung einer klaren Hierarchie
     von Hochschultypen, objektiv messbaren Leistungsunterschieden, »guten« und »schlechten« Hochschulen einen festen Platz in
     allen Köpfen. Besuchern aus Deutschland, die mit einer solchen agonalen Hochschulkultur nicht vertraut sind, tun sich oft
     schwer damit zu verstehen, wie stark das Studienwahlverhalten, die Strategie jeder Hochschule und der soziale Zirkulationswert
     einzelner Personen in Amerika von solchen Zurechnungen und durch die Brille eines permanenten Wettkampfs bestimmt werden.

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Das goldene Zeitalter der amerikanischen Hochschule: Sturm und Drang
    Der berühmte
GI-Bill
vom Juni 1944 gilt gemeinhin als Initialzündung für eine neue Ära der
mass higher education
und als Startschuss für ein goldenes Zeitalter der amerikanischen Hochschule. Dank dieses Leistungsgesetzes wurde ein Studium
     plötzlich für potenziell alle Amerikaner zu einer erschwinglichen Option. Damit es den unerwarteten Massenansturm bewältigen
     und eine so unvergleichliche gesellschaftliche Stellung erlangen konnte, musste das Hochschulwesen nicht einmal komplett umgekrempelt
     werden. Als die Studentenzahlen explodierten und ein wahrer Monsun an Bundesmitteln für die Forschung über die Hochschulen
     niederregnete, waren die Ikonen der neuen Zeit, Massenhochschule und Forschungsuniversität, über das Stadium von Prototypen
     bereits lange schon hinausgewachsen.
    Die mittelbaren Auswirkungen des »Servicemen’s Readjustment Act«, wie das Gesetz offiziell hieß, reichten weit über die Hochschulwelt
     hinaus. Aus der Verlegenheit geboren, Millionen von Kriegsheimkehrern eine neue Lebensperspektive in der Heimat zu bieten,
     krempelten seine Leistungsangebote die soziale und politische Landschaft Amerikas über Nacht in einem Maße um, wie es vorher
     nur der New Deal vermocht hatte. Die bittere Zeit der
Great Depression
lag erst wenige Jahre zurück, und die Erinnerung an soziale Proteste und politische Unruhen war noch taufrisch. Befürchtungen,
     die anstehende Demobilisierung von mehr als 15 Millionen Männern und gut 350.000 Frauen könnte zu massiven sozialen Spannungen
     führen, waren daher keineswegs aus der Luft gegriffen. Unruhen vorzubeugen |74| und den ausgemusterten Soldaten in die Berufswelt zu integrieren war eine politische Herausforderung ersten Ranges. Aber anstatt
     sie mit einem Handgeld ins zivile Leben zu entlassen oder gewaltige staatliche Beschäftigungsprogramme aufzulegen, verfiel
     der Kongress im Juni 1944, als die Invasion in der Normandie im vollen Gange war, auf eine ganz neue Idee. Jeder ehrenhaft
     entlassene Soldat, der mindestens 90 Tage gedient hatte, sollte ohne Ansehung der Person und Bedürftigkeit ein Anrecht auf
     zwei Arten staatlicher Unterstützung erhalten: Erstens Darlehensgarantien für den Erwerb eines Hauses oder kleinen Unternehmens
     und zweitens bis zu maximal 52 Wochen ein Hilfsgeld von jeweils 20 Dollar, falls er zu Hause keine Arbeit finden konnte. Der
     Clou lag jedoch im dritten Teil des Hilfsgesetzes, in

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