Traumfaenger
Wang wich einen Schritt zurück und schüttelte vehement den Kopf.
»Nix Katze. Wil haben Schwein, Lind, Fisch odel Geflügel, abel nix Katze«, sagte er empört. Ich kratze mich am Kopf und suchte nach einer Möglichkeit, wie ich ihm beibringen konnte, was ich von ihm wollte, denn anscheinend hatte er Matts Passwort schon längst wieder vergessen.
»Matt Conner schickt mich, wegen der Pilze«, flüsterte ich leise. Jetzt leuchteten seine Augen in freudiger Erwartung.
»Ja, habe Pilze«, sagte er, nahm eine Speisekarte von einem der Tische und reichte sie mir. Ich starrte ihn verständnislos an. War der Mann denn schwer von Begriff? Vielleicht würde er mich verstehen, wenn ich mich seiner Sprache etwas anpassen würde. Ich überlegte kurz und holte tief Luft.
»Ich esse deine Pilze, dann ich werde bewusstlos und schlafe in Hinterzimmer«, sagte ich und legte beide Hände wie zu Gebet gefaltet an meine Wange, um ihn bildlich das Wort "schlafen" zu vermitteln. Er sah mich einen Augenblick irritiert an, dann verdüsterte sich sein Gesicht.
»Pilze nix schlecht, Pilze gut. Du gehen jetzt«, plapperte er und versuchte mich mit einer scheuchenden Handbewegung zum Gehen zu bewegen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich hier beim falschen Mr. Wang gelandet war. Jetzt, wo ich mir den Mann etwas genauer ansah, fiel mir auf, dass er für einen Chinesen ziemlich groß war. Matt hatte doch erwähnt, dass Mr. Wang klein sei, wenn ich mich recht erinnerte. Warum war mir das denn nicht früher aufgefallen? Ich hob ergeben die Hände, um meinem Gegenüber zu zeigen, dass ich ihm keinen Ärger machen wollte.
»Ich suche einen Mr. Wang. Er ist sehr klein«, versuchte ich zu erklären. Der falsche Mr. Wang legte den Kopf zur Seite, dann grinste er und ich konnte eine riesige Zahnlücke erkennen.
»Kleinel Mistel Wang«, sagte er heftig nickend. »Du gehen zu Wangs Leinigung, dolt du finden.«
»Ich finde Mr. Wang in Wangs Reinigung«, wiederholte ich um mich zu vergewissern, dass ich ihn richtig verstanden hatte. Er nickte und machte erneut die scheuchende Handbewegung.
»Gehen jetzt.«
»Ich bin ja schon weg«, entgegnete ich und verließ das Restaurant. Auf dem Gehweg sah ich mich suchend um und sah sofort das leuchtend blaue Schild mit der Aufschrift "Wangs Dry-Cleaning". Eilig hastete ich über die Straße und riss die Ladentür auf.
Ein sehr kleiner, faltiger Chinese, der gerade dabei war, einige Kleiderbügel auf eine Stange zu hängen, sah mich neugierig an.
»Kennen Sie zufällig Matt Conner oder bin ich hier schon wieder falsch?«, platzte ich heraus, ohne mich vorzustellen. Der Mann kniff die Augen zu zwei Schlitzen zusammen und musterte mich argwöhnisch.
»Warum wollen Sie das wissen?«, erkundigte er sich ohne jeglichen Akzent. Seinem Verhalten nach zu urteilen, war ich hier anscheinend richtig. Ich atmete erleichtert auf und lächelte.
»Siamkatze?«, fragte ich unsicher und beobachtete aufmerksam seine Reaktion. Er sah mit einem Mal sehr erstaunt aus, hatte sich aber sofort wieder im Griff.
»Kommen Sie bitte mit«, bat er mich und deutete auf eine Tür im hinteren Teil der Reinigung. Ohne Zögern folgte ich ihm, denn mir war klar, dass ich endlich den richtigen Mr. Wang gefunden hatte.
Voller Zuversicht machte ich mich auf den Rückweg. Es war bereits später Nachmittag und ich wunderte mich, wie die Zeit verflogen war.
Mr. Wang hatte mich in das Hinterzimmer gebracht, von dem Matt mir erzählt hatte und mir dann bis ins kleinste Detail erklärt, wie alles vonstattengehen würde. Er hatte mir auch die Pilze gezeigt, die er dafür verwenden wollte. Je nach Dosierung würde ich sehr lange in einen komaähnlichen Zustand fallen.
Mein Stoffwechsel würde drastisch herunterfahren und mein Herz würde so langsam schlagen, dass es mich gerade noch am Leben hielt. Auch meine Lungen würden nur noch das Nötigste an Sauerstoff zu sich nehmen und dementsprechend flach wäre meine Atmung. Mr. Wang versicherte mir jedoch, dass er immer ein Auge auf mich haben würde.
Er war sichtlich bestürzt gewesen, als ich ihm erzählt hatte, dass Matts Bruder tot war. Dr. George Conner hatte er niemals persönlich kennengelernt, doch er konnte sich auch keinen Reim auf dessen Verhalten machen. Mehrmals nahm seine Stimme einen warnenden Ton an, als er mich eindringlich bat, auf mich aufzupassen, während ich mich in meinem Traum befand.
Doch selbst nachdem ich ihm mehrere Male versprochen hatte, mich nicht unnötig
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