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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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fühlte sich ihr plötzlich überlegen. Er hatte ein Geheimnis. Etwas, das ihm gehörte. Er wollte sie sehen, wie sie in ihrer Ahnungslosigkeit Schuhe verkaufte.
    In ein paar Tagen schon musste der Katalog kommen. Dann könnte er aussuchen. Wäsche für seine Prinzessin. Hanne würde es nicht merken. Die Post holte er aus dem Briefkasten. Immer. Tja, dachte er, darauf bist du nicht gekommen, dass ich völlig selbständige, eigene Bereiche habe. Unseren Briefkasten zum Beispiel. Wenn du wüsstest, meine liebe Hannelore, in mir steckt viel mehr als ...
    Die Erkenntnis kam wie ein Schwindelanfall. Er stützte sich an der Hauswand neben dem Schaufenster ab, drehte sich um, atmete tief durch und spürte wie sein Mund trocken wurde.
    Die dicke Uschi Paul. Wie hatte er sie nur vergessen können? Jeder Brief in Ichtenhagen ging durch ihre Finger, jede Postkarte und jedes Paket. Bestimmt würde sie schon am Umschlag erkennen, was er da für Post bekam. Vielleicht stand hintendrauf: Erotic-Versand. Vielleicht waren sogar eindeutige Bilder auf dem Briefpapier. Nein, er brauchte sich keine Hoffnungen zu machen. Wolfhardts fette Kuh würde nicht schweigen. Nicht eine Minute. Im Gegenteil. Wenn jemand in Ichtenhagen Post aus dem Erotic-Versand bekam, dann reichte das für Uschi Paul aus, um an mehreren Nachmittagen zu Kaffee und Kuchen eingeladen zu werden.
    Er stellte sie sich vor, wie sie breit dasaß, die Hände auf den Tisch gestützt, wie sie Sahnetorte in sich hineinschaufelte und über ihn herzog. Er konnte unmöglich seinen Brief von der Post zurückholen. Er hatte nur eine Chance. Er musste verhindern, dass Uschi Paul in den nächsten Tagen die Post austrug.
    Er beschloss, sofort mit Wolfhardt zu reden.

11
    Wolfhardt schüttelte den Kopf.
    „Wie stellst du dir das vor, Mensch? Selbst wenn ich wollte, ich könnte gar nicht! Meinst du, die Post liegt hier stundenlang rum, dass ich Zeit hätte, sie durchzuwühlen und deinen Katalog auszusortieren? Die Uschi ist so pflichtbewusst, die ... Hier geht die Post pünktlicher ab als bei der Bundesbahn die Züge. Zwischen acht Uhr dreißig und acht Uhr vierzig kommt der Postbus aus der Kreisstadt. Der Tillman lädt sein Postsäckchen hier ab, und Uschi guckt schnell durch, was zu tun ist und zieht gleich los. Kurz vor neun ist sie meist schon wieder zurück. Länger dauert es gar nicht. Ich krieg die Post überhaupt nicht in die Hand.”
    „Und wenn du sie in Urlaub schickst?”
    Wolfhardt Paul tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
    „Du bist ja übergeschnappt.”
    „Es ist wichtig für mich.”
    „Mach die Sache nicht schlimmer, als sie ist. Hunderttausende bestellen bei diesen Versandhäusern. Da ist nichts dabei. Du kannst immer noch sagen, du hättest es nur zum Scherz probiert, oder meinetwegen bestell was für deine Hanne – die hat doch noch eine tolle Figur! Vielleicht machst du ihr sogar eine Riesenfreude damit! Natürlich wird Uschi sofort damit hausieren gehen. Aber was macht’s denn schon? Dir kann es egal sein. Das ist kein Drama!”
    Hans Wirbitzkis Augen lagen tief in den Höhlen. Seine Wangenknochen traten hervor, und seine Haut war plötzlich zu dünn, um die vielen roten Äderchen zu verdecken. Hunderte feiner Kanäle durchzogen sein Gesicht und pulsten nervös. Wie von einer längst überwundenen schweren Krankheit erneut heimgesucht, griff er sich ans Herz, musste sich setzen und wischte unaufhörlich imaginären Schweiß von seiner trockenen Stirn.
    Unmöglich, dachte Wolfhardt Paul, dass ein erwachsener Mann wegen so einer Lappalie derart in Panik gerät. Der geniert sich nicht: Der hat Angst.
    „Soll ich dir ein Glas Wasser holen?”
    „Ja bitte.”
    Er japste wie ein Seehund nach Luft, schien dann wieder eine Weile überhaupt nicht zu atmen, bis er die Luft schnaubend ausstieß. Er nahm das Wasserglas in beide Hände und trank.
    „So ein Drachen kann deine Hanne doch gar nicht sein, dass sie dir wegen so einem Katalog ...”
    „Es ist nicht wegen Hanne ... ich ... ich will nur nicht wieder ins Gerede kommen.”
    Wolfhardt hatte nie geglaubt, dass an der Sache etwas dran war. Doch jetzt, als er Wirbitzkis Zustand sah, begriff er schlagartig: Es stimmte.
    „Du bist nicht nur wegen deiner Lunge aus dem Ruhrpott hierhergezogen. Du hattest noch andere Gründe ...” Hans Wirbitzki nickte.

12
    Wolfhardt Paul spaltete den Holzklotz mit einem Schlag. Die Hälften splitterten auseinander und sausten quer durch den Stall. Er nahm das nächste

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