Traumfrau mit Fangzähnen
Südstaatenakzent mit.
Verwirrt trat Benny einen Schritt zurück. »Da brat mir doch einer ’nen Storch.« In diesem Augenblick ertönten in der Ferne Sirenen.
»Hier wird gleich noch was ganz anderes gebraten, wenn wir nicht schnellstens verschwinden, Miss Benjamina«, sagte ich. »Die Polizei rückt an, und wir sehen nicht gerade aus wie gesetzestreue Bürger. Bubba, sollen wir dir nach unten in den Hummer helfen?«
»Wagt es ja nicht, auf mich zu warten«, erwiderte er mit einem Knurren. »Und dieses Mal befolgt ihr meine Anweisungen. Verschwindet! Ich komme schon allein runter.«
Darius kam zurück auf das Dach gerannt, dicht gefolgt von Cormac. »Hilf Bubba!«, rief ich ihm zu. »Und dann fahr den Smart hier weg. Wir treffen uns bei mir. Benny und ich fliegen zurück.«
»Ganz schön herrisch, oder?«, hörte ich Cormac noch zu Darius sagen, während Benny und ich in die Luft stiegen. Als ich einen letzten Blick auf das Dach warf, grinste Darius und warf mir eine Kusshand zu, bevor Benny und ich weiter hinauf in die Nacht flogen.
Die Aufwinde über den Klippen trugen uns, als wären wir Raubvögel, die sich in die Höhe schraubten, um auf die Jagd zu gehen. Aber wir waren Fledermäuse, und anstatt in trägen Zirkeln über der Erde zu kreisen, stießen wir immer wieder mit kräftigem Flügelschlag auf die weißen Schaumkronen des Flusses nieder und stiegen dann erneut hoch hinauf Richtung Mond. In dieser Wellenbewegung glitten wir auf dem Ostwind über die schimmernde Schwärze des Hudson und näherten uns den aufstrebenden Türmen Manhattans. In Japan werden die Berge verehrt. In Amerika sind die höchsten Gebäude das Heiligste.
In diesen wenigen kostbaren Minuten des Fluges, so selten erfahren und doch so oft ersehnt, fühlte ich mich, als könne ich mich von meinem Körper und Geist, von mir selbst lösen. Ich befand mich auf einem von Buddhas vierundachtzigtausend Wegen zur Erkenntnis. Aber was konnte ich, ein Vampir, schon erkennen außer der traurigen Gewissheit, dass ich am Ende möglicherweise ganz allein das Universum durchqueren musste?
Benny trennte sich von mir und flog auf ihre eigene Wohnung zu, die weiter Richtung uptown lag als meine im West End. Ich landete auf einem Sims in der Nähe des Fensters, das ich für Fälle wie diesen immer einen Spaltbreit offen ließ. Jade bellte wie verrückt, und um sie zu beruhigen, verwandelte ich mich auf dem Sims wieder in menschliche Gestalt. Als ich ihren Namen rief und über das Fensterbrett nackt in die Wohnung kletterte, sah sie mich verwirrt an. Ich streichelte ihren Kopf, sagte ihr, dass sie ein guter Hund sei, schlüpfte ins Schlafzimmer und zog einen schwarzen Pulli, Jeans und meine Lieblingsstiefel an. Dann wartete ich auf Darius.
Ein paar Minuten später klingelte er an der Tür. Sobald er meine Wohnung betreten hatte, nahm er mich in die Arme und hielt mich fest.
»Es tut mir leid«, sagte er.
»Das mit dem Slip war nur ein billiger Trick von J«, sagte ich.
»Das ist mir auch klargeworden. Ich hätte es besser wissen sollen.« Er legte sein Gesicht an meine Haare und drückte mich immer noch an sich.
Ich wich ein Stück zurück, damit ich ihn betrachten konnte. »Darius«, sagte ich, »wir empfinden sehr viel Leidenschaft füreinander, aber uns fehlen so viele andere Dinge!«
»Zum Beispiel?«
»Vertrauen zum Beispiel«, erwiderte ich und zog ihn hinüber zur Couch. Wir setzten uns, ich kuschelte mich in seinen Arm und griff nach seiner starken, wettergegerbten Hand. »Das muss sich ändern«, fügte ich hinzu.
»Du hast recht«, erwiderte er. »Wir haben unsere Beziehung mit Lügen begonnen, und diese Lügen vergiften alles immer weiter.«
»Wir haben beide gelogen. Und jetzt müssen wir beide daran arbeiten, die Wahrheit zu sagen.«
»Wir sind Spione, Daphne«, sagte er nachdenklich. »Ich weiß nicht, ob wir jemals ehrlich zueinander sein können.«
»Die Wahrheit, von der ich spreche, besteht nicht aus dem Ausplaudern von Berufsgeheimnissen. Es geht darum, einander nicht zu betrügen oder einander nicht zu benutzen«, sagte ich. »Es geht um emotionale Wahrheit. Wenn unsere Beziehung keine Priorität hat, müssen sich unsere Wege trennen.«
»Daphne, die Loyalität eines Spions gehört seinem Land. Die Loyalität eines Soldaten gehört seinen Kameraden«, erwiderte Darius.
»Und die Loyalität eines Liebenden gehört seiner Geliebten«, konterte ich. Dann wandte ich mich so um, dass ich ihn ansehen konnte, und fuhr
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