Traumfrau mit Fangzähnen
Rodriguez’ Augen blickten mich hasserfüllt an, während das Licht in ihnen langsam erlosch. Dunkelrotes Blut sickerte mit tödlicher Endgültigkeit über seine Brust.
Ich rannte zu Jade und hob sie hoch, noch bevor Darius Rodriguez zu Boden fallen ließ. Sie hing schlaff und reglos in meinen Armen, aber sie atmete noch. Ich lief mit ihr zur Tür, doch Darius rief mir hastig nach: »Warte! Du kannst nicht raus. Die Sonne geht bereits auf.«
»Nein!«, rief ich verzweifelt.
In diesem Moment klopfte es an der Tür. »Polizei. Machen Sie auf!«
Ich verharrte wie angewurzelt, also trat Darius zur Tür und öffnete sie. Detective Moses Johnson stand mit gezogener Waffe davor. »Was ist hier los? Ich war nur einen Block entfernt, als wir eine Meldung über Schussgeräusche erhielten«, sagte er zu Darius. Dann entdeckte er Rodriguez’ Leiche auf dem Boden hinter mir.
Darius fasste Johnson am Arm und zog ihn zur Seite. Ich hörte, wie er dem Polizisten in knappen Worten erklärte, dass Rodriguez der Drahtzieher hinter der Drogenschwemme gewesen war. Dann wurde seine Stimme immer leiser, so dass ich ihn nicht mehr verstehen konnte. Die beiden Männer unterhielten sich etwa eine Minute, und zu meiner Verwunderung brauste Moses Johnson überhaupt nicht mehr auf. Schließlich sah er zu mir herüber. Jades Blut breitete sich auf meinen Jeans aus. Johnson sprach weder von Zuständigkeitsbereichen, klagte mich auch nicht des Mordes an, behandelte mich nicht, als sei ich eine Geächtete. Stattdessen trat er auf mich zu und nahm mir vorsichtig Jade aus dem Arm.
»Bringen Sie sie zu einem Tierarzt«, flehte ich ihn an. »Helfen Sie ihr, bitte!« Johnson sagte nichts, sondern nickte Darius zu und eilte nach draußen. Plötzlich befiel mich ein Gefühl vollkommener Hilflosigkeit und zog mich hinab in eine tiefe Schwärze.
»Daphne!« Darius’ Stimme holte mich aus der Benommenheit zurück. »Gib mir dein Handy. Schnell!«
Ich holte das Handy aus dem Rucksack. Darius wählte sofort eine Nummer. Kurz darauf sagte er: »J? Darius. Ich bin bei Daphne. Rodriguez ist tot, und Armbruster liegt bewusstlos in ihrem Schlafzimmer. Was? Ja, genau. Die Sonne geht bereits auf. Holen Sie die beiden hier weg und schicken Sie gleich eine ganze Säuberungseinheit mit. Und noch etwas: Daphnes Hund ist angeschossen worden. Ein New Yorker Cop namens Moses Johnson bringt ihn gerade zu einem Tierarzt. Und J …«, fügte Darius mit einer Stimme hinzu, die mich frösteln ließ, »es wäre besser, wenn dieser Hund überlebt, verstehen Sie mich?« Mit diesen Worten klappte er das Handy wieder zu und gab es mir zurück. Die Angst, Jade zu verlieren, erschütterte mich bis in die Tiefe meiner Seele.
Obwohl vor meinen Fenstern Verdunkelungsvorhänge befestigt waren, beschlossen Darius und ich, uns in meinen versteckten Raum zurückzuziehen, bevor J und sein Aufräumkommando hier auftauchten. Ich war körperlich und geistig erschöpft, und ich wollte nicht mit Fremden reden oder irgendwelche Fragen beantworten. Und Darius wollte wahrscheinlich vermeiden, dass ihn irgendjemand von Js Abteilung hier sah. Ich drückte auf einen Mechanismus, der hinter einigen Büchern versteckt war, und ein großes Regal schwang zur Seite und gab so meine Kammer dahinter preis. Ich kletterte in den Sarg, und Darius streckte sich auf dem Boden aus. Ich protestierte und wollte ihm eine Unterlage holen, doch er brachte mich zum Schweigen und versicherte, er habe schon auf weitaus härterem Boden geschlafen. Ich glaubte es ihm aufs Wort. Kurz darauf schlief ich ein und taumelte in eine Traumwelt voller Kummer und Schmerz.
Als ich erwachte, lag Darius nicht mehr neben dem Sarg. Ich tappte auf nackten Füßen in die Küche. Rodriguez’ Leiche war verschwunden. Jemand hatte das Blut aus dem Teppich geschrubbt, es war nur noch ein feuchter Fleck zu sehen. Ich nahm es jedoch kaum wahr. Mein einziger Gedanke kreiste um die Fragen, wo Johnson Jade hingebracht hatte und ob sie noch lebte. Darius hatte Kaffee aufgesetzt und saß mit der Zeitung an der Küchentheke. Als ich eintrat, stand er auf, schenkte mir eine Tasse ein und beantwortete meine unausgesprochene Frage.
»J hat eine Nachricht hinterlassen. Jade ist beim Tierarzt des Police Departments, der sich auch um die Hunde der Hundestaffel kümmert. Sie lebt zwar noch, aber es sieht nicht gut aus. Sie sagen, dass du sie gegen sieben heute Abend sehen darfst.«
Ich fühlte, wie sich die Traurigkeit in mir ein wenig
Weitere Kostenlose Bücher