Traumfrau mit Fangzähnen
hatte ich meine bürgerlichen Pflichten erfüllt.
»Sind Sie mit Freunden hier?«
»Ja, mit Arbeitskollegen. Sie arbeiten ebenfalls für das Innenministerium, Detective Johnson«, sagte ich.
»Darf ich bitte Ihre Namen erfahren?«
»Nicht von mir«, erwiderte ich honigsüß. »Fragen Sie sie selbst. Kann ich jetzt gehen?«
Er steckte den Stift zurück in die Tasche, atmete tief aus und schüttelte den Kopf. Als er mich erneut ansah, schien sich seine Wut jedoch ein wenig abgekühlt zu haben. »Hören Sie, machen wir uns nichts vor. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das keine normale Überdosis war. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie mit mir gesprochen haben. Bitte rufen Sie mich an, falls Ihnen noch etwas anderes einfällt. Bis dahin vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Gern geschehen, Detective. Aber ich möchte Sie auch noch etwas fragen.«
»Und was?«, fragte er verblüfft.
»Wissen Sie, was dieses Mädchen umgebracht hat?«
Er hielt für eine Sekunde inne, dann sagte er mit tiefer Verbitterung in der Stimme: »Nein, das weiß ich leider nicht.«
Ich trat an die Bar und informierte Jennifer, dass ich jetzt gehen würde, hinterließ ihr aber meinen Namen und meine Telefonnummer. Unsere Blicke trafen sich, und ohne es auszusprechen, wussten wir beide, dass wir Zeugen von etwas Unerklärlichem geworden waren, das wir nicht so schnell vergessen würden. »Kommen Sie bald wieder«, sagte sie, während sie über den Tresen wischte. »Das ist ein wirklich schöner Pub. Beurteilen Sie ihn nicht nach dem, was heute Abend geschehen ist.«
»Natürlich nicht«, erwiderte ich und wandte mich zum Gehen, doch dann drehte ich mich noch einmal zu ihr um. »Kommt Fitz – Sie wissen schon, der Mann, der neben mir saß – kommt er öfter hierher?«
»Unter der Woche fast jeden Abend. Er kommt immer so gegen halb sieben und bleibt ungefähr eine Stunde«, sagte Jennifer und grinste mich wissend an.
»Tja, vielleicht sehe ich Sie dann wirklich bald wieder«, erwiderte ich und grinste zurück.
»Immer ran an den Mann«, sagte sie lachend und stellte eine Reihe Gläser auf die Theke.
Als ich zu den anderen Dark Wings an den Tisch zurückkehrte, sagte ich: »Lasst uns gehen.« Nur eine Minute später standen wir auf dem Bürgersteig vor dem Pub. Der Graupelregen hatte aufgehört, und die Temperatur war schlagartig gesunken. Die Kälte griff mit klauenartigen Fingern nach mir, und die Nacht umhüllte mich wie ein Leichentuch.
»Wir brauchen zwei Taxis«, sagte Cormac in einem näselnden Wimmerton. »Ich habe keine Lust, mich in eins zu quetschen. Warum haben wir eigentlich kein Spesenkonto? Ich finde, wir sollten unsere Spesen abrechnen können. Schließlich sind wir zu dem Meeting
kommandiert
worden, und das um Mitternacht.«
»Wo der Junge recht hat, hat er recht«, pflichtete Bubba ihm bei. »Wir nehmen zwei Taxis.« Er trat, auf zwei Fingern pfeifend, auf die Eighth Avenue. Gleich darauf raste ein Taxi mit quietschenden Reifen quer über die vierspurige Straße und hielt schlitternd vor uns an. Bubba öffnete die Tür, und Cormac machte Anstalten einzusteigen.
»Dort, wo ich herkomme, lässt man Frauen den Vortritt, Mr. O’Reilly«, maßregelte Bubba ihn. Cormac wich zurück und zog den langen, schwarzen Mantel enger um seinen schmächtigen Körper.
Benny und ich stiegen in den Wagen, und ich konnte mir einen abschließenden Kommentar nicht verkneifen. Nach einem Blick auf Cormacs spitz zulaufende Halbstiefel mit Blockabsatz sagte ich mit vor Sarkasmus geradezu triefender Stimme: »Cormac, wo hast du eigentlich diese bezaubernden Beatles-Stiefel her? Stehen sie seit 1963 in deinem Kleiderschrank?«
»Miststück!«, kreischte Cormac und stemmte die Hände in die Hüfte. »Die habe ich letzte Woche in Liverpool gekauft! Echtes italienisches Leder! Die haben mich neunundneunzig Pfund gekostet. Wenigstens trage ich keine klobigen Möchtegern-Cowboystiefel wie andere Leute«, fügte er hinzu und sah betont in Bubbas Richtung.
»Gib dir keine Mühe«, hörte ich Bubba erwidern, bevor ich die Tür des Taxis schloss. »Meine Stiefel quetschen mir zumindest nicht die Zehen ein.«
Cormac bedachte ihn mit seiner typischen Kopfbewegung: Er schloss die Augen, hob ruckartig das Kinn und warf sein langes, schwarzes Haar aus der Stirn. »Spießer«, hörte ich ihn noch sagen, bevor unser Taxifahrer fragte: »Wohin soll’s gehen?«
Ich nannte ihm die Adresse, Dreiundzwanzigste und Fifth Avenue, und während sich
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