Traumfrau mit Fangzähnen
Shopping-süchtig.
Abgesehen von Klamotten besaß ich auch eine Schwäche für Tiere aller Art. Während meines letzten Auftrags hatte ich eine weiße Ratte namens Gunther gerettet und bei mir aufgenommen. Sein Käfig stand in der Nähe des Schlafzimmerfensters, und als Jade jetzt in den Raum geschlendert kam, stellte sich Gunther auf die Hinterbeine und umklammerte mit seinen winzigen Pfötchen wie ein Gefangener die Käfigstäbe. Er begann, auf und ab zu hüpfen, und quiekte aufgebracht in Jades Richtung. Er war furchtbar sauer, das war mal sicher.
»Hey«, sagte ich. »Ich mach dir keinen Vorwurf, dass du sauer bist. Aber ihr zwei müsst von nun an miteinander auskommen.« Jade trat an den Käfig und stupste mit der Schnauze dagegen. Ich beobachtete die Szene, bereit einzugreifen, falls es nötig werden sollte.
»Wuff«, bellte Jade leise. »Wuff.« Gunther sah sie mit einem Ausdruck beinahe menschlicher Besorgnis an. »Wuff«, machte Jade erneut. Für einen Moment bewegte sich keiner der beiden. Dann wedelte Jade leicht mit dem Schwanz, drehte sich einmal um sich selbst und legte sich schließlich vor dem Käfig auf den Teppich. Auch Gunther ließ sich wieder auf alle viere nieder und kletterte in sein Laufrad. Die beiden hatten offenbar miteinander kommuniziert und einen Waffenstillstand beschlossen.
Ich durchwühlte meine Schuhe und entschied mich schließlich für Halbstiefel von Manolo mit Leopardenmuster und zehn Zentimeter hohen Absätzen. Darin sahen meine Beine aus, als würden sie bis Montreal reichen. Baumelnde Ohrringe mit je vier tränenförmigen Perlen und eine goldene Halskette, an der eine große Naturperle hing, rundeten mein Outfit ab. Ich betrachtete mich in dem mannshohen Spiegel an der Schranktür. Absolut perfekt.
Darius, du wirst dich grün und blau ärgern. Und Fitz, du armer, armer Junge, du hast heute Abend keine Chance.
Meine Selbstbeweihräucherung wurde jäh von einem Klingeln an der Eingangstür unterbrochen. Mar-Mar war da.
Während die Nacht langsam ihre Klauen um die Stadt schloss, stieß Mar-Mar Urban, einst Geliebte von Päpsten und Königen, jetzt die Arme voller Einkaufstüten, mit dem Hintern die Tür zu meiner Wohnung auf. Sie trug eine dunkelgrüne Samttunika, Jeans, Cowboystiefel von Lucchese und eine handgefertigte peruanische Mütze. In diesem Aufzug sah sie jünger aus als ich, doch trotz ihrer jugendlichen Erscheinung hatte sie wahrscheinlich bereits ihren ersten vierstelligen Geburtstag gefeiert. Ich wusste es allerdings nicht genau, denn wie so vieles andere hatte sie mir ihr genaues Geburtsdatum bisher verschwiegen. Mar-Mars Erscheinung war trügerisch, ihr Verhalten machiavellistisch, und aufrichtig war sie nur mit ihren Gefühlen. Und doch hatte sie diese immer zurückgestellt, wenn es darum ging, ihre Ziele zu erreichen.
»
Cara mia,
mein Herz!«, rief sie, während sie die Einkaufstüten auf einem Stuhl abstellte. Dann strich sie, immer noch Fausthandschuhe an den Händen, einige Strähnen aus meinem Gesicht. Ich küsste sie auf die Wange. Sie roch nach frischer Nachtluft.
Mar-Mar zog die Fäustlinge aus und begann, den Inhalt der Einkaufstüten auf meinem Esstisch auszubreiten. »Ich bin letzte Nacht im East Village einkaufen gewesen, und ich konnte einfach nicht widerstehen, dir auch ein paar Sachen zu besorgen.« Eines dieser »unwiderstehlichen« Dinge war eine längliche, pinkfarbene Kerze mit perlmuttfarbenem Schimmer. Das Wachs war mit irgendetwas Glitzerndem gesprenkelt, und die gesamte Kerze umgab ein unheimliches Glühen. »Diese Kerze ist magisch. Es gehören eine spezielle Zauberformel und dieses kleine Glas mit Taubenblut dazu.«
»Taubenblut?« Ich verzog angewidert mein Gesicht.
»Jetzt guck nicht so komisch. Ich bin sicher, dass es nur rote Tinte ist«, schalt Mar-Mar. »Die Anweisungen für den Zauber sind hier. Er beschwört die wahre Liebe herauf, so hat es mir zumindest die Kartenleserin versichert. Ich habe mir auch die Karten legen lassen. Sie versprechen mir ein langes Leben«, fügte sie kichernd hinzu. »Ach ja, und ich habe eine wundervolle neue Yoga-CD gefunden. Ich weiß doch, wie gern du das machst.«
»Danke, Ma«, sagte ich misstrauisch, denn sie war sicherlich nicht nur gekommen, um mir Geschenke zu machen.
Als Nächstes zog sie eine Ausgabe der aktuellen
New York Times
hervor, in der sie einen Artikel mit Textmarker hervorgehoben hatte. Sie drückte mir die Zeitung in die Hand und förderte gleich darauf zwei
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