Traumfrau mit Geheimnis
friedliche Stimmung. Mai war in dieser Gegend ein fantastischer Monat. Es war bereits warm, aber noch nicht zu heiß, mit lauen Frühlingsnächten.
Dean betrachtete den grünen Rasen, der sich zwischen dem Gästehaus und dem Restaurant erstreckte.
Da Cooper nicht zuhörte, fühlte Reva sich unerwartet mutig. „Warum sind Sie wirklich hier?“
Dean zuckte zusammen, doch es gelang ihm, nichts von seinem Kaffee zu verschütten.
„Das habe ich Ihnen doch erzählt.“
„Aber nicht die ganze Geschichte. Ich frage mich nur, warum ein Mann, der sich im Anzug wohler fühlt als in Jeans und T-Shirt, in eine Kleinstadt ziehen will, um der lokale Mann für alle Fälle zu werden.“
Sie war überzeugt, dass hinter der Sache mehr steckte, als Dean zugab. Ihre Warnung war ernst gemeint gewesen: In Somerset gab es keine Geheimnisse. Sie wollte ihn fragen, vor wem oder was er davonlief, doch für eine so persönliche Frage war es noch zu früh.
„Sie haben im Werkzeugladen heute einen Hammer gekauft“, fuhr sie fort. „Schraubenzieher, Nägel, Klebstoff, Arbeitskleidung – und einen Hammer. Die anderen Sachen lassen sich zur Not ja irgendwie erklären, aber welcher Handwerker hat nicht bereits mindestens einen Hammer?“
Er wirkte nicht verlegen. „Da haben Sie wohl recht mit dem Kleinstadtleben. Ich kaufe einen Hammer, und bevor die Sonne untergeht, weiß es die ganze Stadt.“
Reva lächelte. „Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“ Sie sollte ihn wirklich höflich verabschieden und sich in Zukunft von ihm fernhalten. Das Letzte, was sie in ihrem Leben brauchte, war ein Mann mit Geheimnissen. „Sie brauchen es mir natürlich nicht zu erklären. Ich bin bloß neugierig.“
Dean saß ein paar Schritte von ihr entfernt und schaukelte sacht, was den alten Schaukelstuhl zu leisem Quietschen veranlasste. Er hatte beide Hände um die Tasse gelegt. Ein völlig normaler Anblick. Warum also klopfte ihr Herz so schnell? Was verursachte dieses Flattern im Magen, das sie so lange nicht gespürt hatte?
„Ich war nicht immer ein Handwerker“, sagte Dean schließlich. „Man kann eher sagen, dass ich auf der Suche nach einer neuen Karriere bin. Etwas mit weniger Stress als mein alter Beruf.“
„Und das war?“ Sie musste es einfach wissen. Wenn aus dieser Sache jemals etwas werden sollte – und das war natürlich völlig undenkbar –, dann durfte es keine Geheimnisse oder dunklen Stellen in seiner Vergangenheit geben. Keine Überraschungen, die wie eine Bombe einschlugen. Einen solchen Schock würde sie kein zweites Mal überleben.
Liebe Güte! Schnell wandte Reva den Blick ab. Sie kannte den Mann kaum und machte sich schon Sorgen um die Zukunft?
Dean holte tief Luft. „Polizeidienst“, sagte er knapp.
Das hatte sie nicht erwartet. Die Eröffnung überraschte sie, und sie hielt kurz den Atem an. Ihre Finger begannen leicht zu zittern, allerdings nicht so stark, dass er es bemerken konnte. Sie war ziemlich gut darin, ihre Gefühle zu verbergen, zumindest vor bestimmten Leuten.
Einen Augenblick später entspannte sie sich wieder. Sie hatte nichts zu befürchten, weder von Dean Sinclair noch von jemand anderem. „Tatsächlich?“
„Ja“, antwortete Dean leise. Er blickte sie an, auf eine Antwort wartend.
„Das ist ziemlich gefährlich, oder?“, sagte sie. Natürlich. Dumme Frage. Polizisten trugen Waffen. Wieder begannen ihre Hände leicht zu zittern.
„Es war nie die Gefahr, die mich gestört hat“, sagte er.
„Was dann?“
Würde er ihr antworten? Sie waren auf ein ziemlich persönliches Terrain geraten, wenn man bedachte, dass sie sich erst letzte Nacht getroffen hatten.
„Manchmal fühle ich mich, als ob ich im Kreis laufe“, sagte er. „Wir gewinnen ein paar Schlachten, aber nie den Krieg. Es gibt immer wieder neue Verbrechen, und irgendwann ist man müde. Man arbeitet und arbeitet, gibt alles für den Beruf, aber am Ende …“ Er zuckte die Schultern. „Manchmal gibt es einen echten Erfolg, aber zu oft kommt der Verbrecher wegen einer Formalität frei, sitzt ein paar Monate ab und begeht dann prompt die nächste Straftat.“
„Klingt frustrierend.“
„Und wie. Und die Scheidungsrate ist eine der höchsten in allen Berufen.“
„Sind Sie?“ Sie bereute die Frage sofort, aber es war zu spät.
„Bin ich was?“
„Geschieden.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe nie geheiratet. Ein paar Mal war ich dicht dran, aber … hier sitze ich, fünfunddreißig Jahre alt und
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