Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
rückte auf seinem Stuhl hin und her, wobei er das Messer im Schoß behielt. »Haben Sie Beweise?«
»Einmal das Auftauchen der Lady. Doch auch das Netz aus Gesellschaftsdamen, die sie angeworben hat, um Informationen zu sammeln. Die drängeln sich in Axewith House wie Bienen in ihrem Stock – und alle auf das unbemerkte Geheiß der Contessa hin.«
»Wo ist die Contessa jetzt?«
»Sie wird über Sie lachen, nehme ich an. Warum haben Sie Harcourt daran gehindert, sie festzunehmen?«
Foison ignorierte die Frage. »Wo ist Doktor Svenson?«
»Wir sind nach der Explosion getrennt worden.«
»Wo ist Francesca Trapping?«
»Bei Doktor Svenson.«
»Wie ist er an sie herangekommen?«
»Im Palast. Die Contessa hatte sie versteckt.«
»Das ist nicht wahr.«
Die Worte hingen in der Luft. Phelps blickte verzweifelt zu Chang. Foison packte das Messer. Chang wusste, es war ein Test, bei dem er Druck ausüben würde, um herauszufinden, wie weit er ging, um Phelps zu retten. Chang zeigte ein ausdrucksloses Gesicht. Wenn er jetzt etwas unternahm, würde es die Sache nur verschlimmern. Foison warf eine weiße Locke aus den Augen zurück. »Erzählen Sie mir von dem Gemälde!«
»Welches Gemälde?«
»Das wissen Sie genau.«
Noch ein Test – Chang hatte keine Ahnung, was Phelps bereits verraten hatte. »Ein Zeitungsausschnitt. Aus dem Herald , der eine Kunstausstellung besprach, vor allem ein Gemälde des Comte d’Orkancz mit dem Titel Die chymische Hochzeit …«
»Und Sie haben das Gemälde selbst gesehen?«
»Niemand hat das.«
»Ich frage Sie noch einmal: Haben Sie das Gemälde gesehen?«
»Nein. Die Ausstellung war in Wien.«
Das Messer schnitt in das Ohrläppchen. Phelps kreischte und zerrte an seinen Fesseln. Aus der Schnittwunde strömte Blut, und das abgeschnittene Stückchen Ohr lag irgendwo auf dem Fußboden.
»Der Salon ist mit dem Gemälde darin verbrannt!«, rief Chang. »Der Zeitungsausschnitt kam von der Contessa – wenn Sie mehr wissen wollen, fragen Sie sie!«
Foison ignorierte seine Wut. »Noch einmal, bitte! Wie sind Sie an Francesca Trapping gekommen?«
»Ich nicht! Wir sind im Palast getrennt worden – als ich Svenson wiedergefunden hatte, war das Kind bei ihm …«
»Also hat Doktor Svenson die Contessa getroffen?«
»Dann hätte sie ihn getötet.«
»Sie hat Sie nicht getötet.«
»Doktor Svenson hätte ihr keine Wahl gelassen. Sie hat die Frau getötet, die er geliebt hat, Eloise Dujong.«
»Also hat er der Contessa ihr Eigentum – das Kind – aus Rache weggenommen.«
»Sie kennen Svenson nicht. Er hat ein Kind in Gefahr gerettet.«
»Ist das Kind misshandelt worden?«
»Sie haben sie selbst gesehen, Sie verdammter Ghul. Sie ist mit diesem Glasbuch vergiftet worden. Von Ihrem skrupellosen Herrn. Der so sehr Robert Vandaariff ist, wie ich der Papst bin – oder Sie die verdammte Königin!«
Die Tür ging auf, und Robert Vandaariff kam hereingewankt. Er war sogar seit dem Vorfall im Zollhaus gealtert, sein Gesicht war grau, und seine Finger umklammerten seinen Gehstock. Sein Hals war in ein Tuch gehüllt, dennoch war ein roter Bluterguss zu sehen. Harcourt schlüpfte hinter ihm herein, und seine Augen schossen begierig zwischen Chang und Mr. Phelps hin und her.
»Die Zeit neigt sich dem Ende zu«, verkündete Vandaariff teilnahmslos. »Schließen Sie die Tür, Mr. Harcourt. Wir brauchen keine Soldaten.«
»Aber Milord, Ihre Sicherheit – Kardinal Chang …«
»Ist an einen Stuhl gefesselt. Mr. Foison wird mich schützen. Vertrauen Sie ihm etwa nicht?«
Mit einer zugleich widerwilligen und hochmütigen Geste wies er die Grenadiere hinaus und knallte ihnen die Tür vor der Nase zu.
»Das Schloss«, sagte Vandaariff.
Harcourt drehte den Schlüssel um. Kardinal Chang fuhr ein Angstschauer über den Rücken. Er war in seinem Wahn wieder ganz der Alte. Jeder Impuls schrie nach Kampf, doch er hatte die Chance vertan.
»Haben Sie … Kopfschmerzen?«
Chang antwortete nicht, und dann wiederholte Vandaariff die Frage, an Harcourt gewandt.
»Mr. Harcourt? Die Schmerzen – sie quälen Sie, nicht wahr?«
»Verzeihung, Milord …«
»Ich glaube, das müssen sie. Sprechen Sie offen.«
Harcourt trat unsicher einen Schritt zurück, wobei ihm bewusst war, dass die anderen ihn anblickten. »Schon möglich, Milord, – doch angesichts der Krise ist regelmäßiger Schlaf nicht möglich – unregelmäßige Mahlzeiten …«
Vandaariff tätschelte Harcourts Stirn mit einer knochigen
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