Traumhaft verliebt - Roman
geholfen, als meine Mom nicht mehr da war.«
»Ich wünschte, ich wäre älter gewesen. Dann hätte ich dir ebenfalls helfen können.«
Travis blickte auf seine Hände hinab. »Meine Mutter hat immer behauptet, mein Vater und sie wären Seelenverwandte und sie wären füreinander bestimmt. Als sie tot war, hat mein Vater gesagt, eine solche Seelenverwandtschaft sei die reinste Hölle. Wenn die andere Hälfte sterbe, sei es so, als greife einem jemand in die Brust und reiße das Herz heraus, und trotzdem müsse man weiterleben.« Er hob den Kopf und suchte wieder ihren Blick. »Du hast mir einen Riesenschreck eingejagt, als du bei meiner Hochzeit erklärt hast, du seist meine Seelenverwandte.«
»Travis … ich war nur ein törichtes kleines Mädchen mit einer überbordenden Fantasie.«
Er streckte wieder die Hand aus, und sie legte ihre Handfläche gegen seine. Er verschränkte ihre Finger miteinander. »Das warst du nicht, und genau das hat mir solche Angst gemacht. Trotzdem warst du erst fünfzehn und ich zwanzig. Es war mir nicht möglich, dich in diesem Licht zu betrachten, also habe ich den Gedanken daran verworfen.«
Draußen heulte der Wind. Eisregen prasselte weiter auf das Dach der Hütte. Travis stand auf und legte einen neuen Scheit ins Feuer. Als er sich umdrehte und Sarah im Schein der Flammen anblickte, entbrannte er für sie, wie er noch nie für jemanden entbrannt war. Schnell schaute er zur Seite. Er musste seine Geschichte zu Ende erzählen, solange er noch den Mut dazu hatte.
»Nach dem Tod meiner Mutter war ich sozusagen auf mich allein gestellt; nur deine Großmutter, meine Tante Raylene und ihre Freundinnen kümmerten sich noch um mich. Deswegen bin ich wohl in Schwierigkeiten geraten. Ich suchte nach etwas, das ich nicht finden konnte. Nichts ergab mehr einen Sinn für mich. Meine Welt war auf den Kopf gestellt, und alles, woran ich geglaubt hatte, war verschwunden. Ich habe an den falschen Orten nach Liebe gesucht, weil ich es nicht besser wusste. Ich habe mich mit Crystal eingelassen, weil sie mich wieder etwas empfinden ließ. Im Nachhinein ist mir klar, dass ich versucht habe, mir eine Familie zu schaffen, um die zu ersetzen, die ich verloren hatte.«
Sarah sagte nichts und kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder.
»Nachdem ich Crystal geheiratet hatte und bevor Jazzy auf der Welt war, steckte immer noch ein Rabauke in mir«, gab er zu und stocherte mit einem Schürhaken in den Kohlen. »Ich schäme mich dafür, wie ich mich damals aufgeführt habe. Ich bin ausgegangen, habe Crystal allein zu Hause gelassen und mich betrunken. Eines Abends wurde ich in einen Unfall verwickelt. Ich bin in ein Auto mit einer fünfköpfigen Familie gekracht. Gott sei Dank wurde niemand verletzt, aber es hat mich wachgerüttelt. Ich weiß, dass mein Vater das Gefühl hatte, versagt zu haben. Ich wünschte …« Seine Kehle schnürte sich zusammen, und er musste sich zwingen, weiterzusprechen. »Ich wünschte, er wäre bei Jazzys Geburt noch am Leben gewesen. Dann hätte er sehen können, wie sie mich zu einem besseren Menschen gemacht hat.«
Travis legte den Schürhaken zur Seite, setzte sich wieder und rieb sich die Handflächen an den Oberschenkeln. »Mein Vater war deprimierter, als ich mir vorstellen konnte. Er war ohnehin ein zurückhaltender, in sich gekehrter Mann, der nicht viel über seine Probleme sprach. Er zog sich von den Leuten zurück. Schottete sich ab.« Travis stellte fest, dass ihm seine Worte noch mehr Mühe bereiteten, als er erwartet hatte.
»Was ist passiert?«, drängte Sarah nach ein paar Minuten sanft.
»Seine Depression hat die Oberhand gewonnen.« Er zögerte und biss sich auf die Unterlippe.
»Bitte, du musst nicht darüber sprechen. Ich sehe, wie schmerzhaft das noch immer für dich ist.«
»Nein, ich möchte, dass du verstehst. Ich bin ein offenes Buch, Sarah. Bei mir bekommst du das, was du siehst: das Gute, das Schlechte und das dazwischen. Ich will alles mit dir teilen.«
»Gut«, sagte sie leise.
Er strich sich mit der Hand übers Gesicht. »Zwei Monate vor Jazzys Geburt hat mein Vater eine Flasche Distickstoffmonoxid, Lachgas, aus seiner Zahnarztpraxis geholt, ist zu einem Wal-Mart in einem anderen County gefahren und hat den Wagen an einer entlegenen Ecke des Parkplatzes abgestellt. Er ist auf den Rücksitz geklettert, hat die Türen verschlossen, die Flasche mit dem Distickstoffmonoxid geöffnet und das Gas eingeatmet, bis er selbst aufhörte zu atmen. Man
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