Traumhaft verliebt - Roman
waren wertvolle Dinge, die viele Leute nicht hatten. Es grenzte an Gier, noch mehr zu erwarten.
Nachdem sie sich lange hin und her gewälzt hatte, schlief sie endlich ein, und in der Nacht von Heiligabend auf den ersten Weihnachtstag träumte Sarah wieder ihren Traum. Den Traum, den sie seit neun Jahren nicht mehr gehabt hatte. Den albernen, sentimentalen Traum, der ihr so viel Ärger eingebracht hatte.
Den Schicksalsplätzchentraum, in dem sie Travis heiratete.
Sarah fuhr ruckartig aus dem Schlaf, als der Traum zu dem Punkt kam, an dem Travis sie küsste. Schwer atmend lag sie im Bett, schweißgebadet. Sie warf die Decken zurück, schwang die Füße über die Bettkante und ließ den Kopf in ihre Hände fallen. Warum, warum nur hatte sie diesen dummen Traum gehabt? Sie war nun seit fast drei Wochen in Twilight und hatte nicht einmal von Travis geträumt. Bis heute Nacht. Bis Heiligabend.
Sie schaute auf die Uhr. Eine Stunde nach Mitternacht. Hm. Sie griff nach ihrem Kissen, um es aufzuschütteln, doch als sie es hochnahm, bröselten Plätzchenkrümel auf ihr Nachthemd.
Schicksalsplätzchen. Unter ihrem Kissen, und sie war nicht diejenige, die sie dorthin gelegt hatte.
Doch wer mochte das sonst getan haben? Schlagartig fiel ihr die Antwort ein: Jazzy.
Offenbar hatte das kleine Mädchen nur so getan, als müsse es zur Toilette, war in Wirklichkeit in Sarahs Zimmer geschlüpft und hatte die Plätzchen unters Kopfkissen gelegt.
Jazzy hatte gewollt, dass sie von ihrer einzig wahren Liebe träumte. Warum? Weil sie hoffte, Sarah würde von ihrem Daddy träumen? Oder weil sie wollte, dass Sarah einen anderen Mann im Traum sah und den Weg frei machte für ihre Mommy und ihren Vater?
In diesem Augenblick wusste Sarah, wie ihr neues Buch enden würde. Sie schnappte sich ihren Computer und begann zu schreiben. Tränen liefen ihr über die Wangen, dicke, salzige Tränen, die mit einem gleichmäßigen Plopp, Plopp, Plopp auf die Tastatur tropften. Weshalb konnte sie ihre Gefühle bloß auf den Seiten eines Buchs ausdrücken? Warum nicht persönlich, mündlich, mit ebenden Worten, die aus dem Herzen in ihre Fingerspitzen flossen und über die Tastatur in ihren Laptop gelangten?
Offenbar war das ihr Schicksal – Weihnachten allein zu verbringen, alles aus der Ferne zu verfolgen, nie dazuzugehören, sich nie einzufügen. Bevor sie Travis wiedergetroffen hatte, hatte sie sich bereitwillig damit abgefunden, hatte sich nicht wirklich dagegen gewehrt oder allzu viel darüber nachgedacht. Eigentlich war sie ganz glücklich gewesen. Oder zumindest hatte sie das geglaubt.
Doch nun wusste sie es besser. Nachdem sie nach Twilight zurückgekehrt und Jazzy und Travis begegnet war, war ihr klar geworden, wie viel sie vermisst hatte, wie viel ihr entgangen war. Wie sehr sie sich selbst zurückgenommen hatte.
Sie hatte versucht, Klarheit in ihrem Leben zu schaffen, indem sie sich von den anderen Menschen isoliert hatte, doch Liebe ließ sich nicht kontrollieren. Liebe war chaotisch und echt und unverfälscht. Und genau diesem Gefühl hatte sie immer aus dem Weg gehen wollen. Außer an dem Weihnachtstag vor neun Jahren, an dem die fünfzehnjährige Sarah Collier Anspruch auf den Mann angemeldet hatte, der ihr bestimmt war.
Nicht weit entfernt, in dem kleinen Haus am See, träumte Travis genauso unruhig wie Sarah.
Crystal schlief im Gästezimmer, und obwohl sie versucht hatte, Heiligabend als Vorwand zu benutzen, wieder in sein Bett zu schlüpfen, hatte er standhaft Nein gesagt. Um seiner Tochter willen war er froh, dass Crystal zurückgekehrt war, aber er hegte ihr gegenüber keine warmen Gefühle mehr.
Nachdem Crystal und Jazzy schlafen gegangen waren, hatte er Weihnachtsmann gespielt, Geschenke unter den Baum gelegt, Strümpfe gefüllt und kräftig bei den Schicksalsplätzchen zugegriffen, die Jazzy mit Sarah gebacken und für den Weihnachtsmann auf einen Teller gelegt hatte, nachdem sie nach Hause gekommen war. Als er daran dachte, wie liebenswürdig es von Sarah gewesen war, die Verabredung mit seiner Tochter nach allem, was zwischen ihnen vorgefallen war, aufrechtzuerhalten, verspürte er sowohl tiefe Dankbarkeit als auch Traurigkeit.
In seinem Traum heiratete er wieder. Er stand in einem schwarzen Smoking am Altar und wartete auf seine Braut, die am Arm ihres Vaters den Mittelgang entlangschreiten würde. Sein Herz klopfte. Nicht vor Furcht, wie es das im echten Leben bei seiner Hochzeit mit Crystal getan hatte, sondern vor
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