Traumhaft verliebt - Roman
schließlich ein bisschen Spaß verdient.
Er warf ihr einen prüfenden Blick zu, um sich zu vergewissern, dass es ihr immer noch gut ging – kein Pfeifen, keine blauen Lippen, kein Fieber –, und atmete erleichtert aus. Erst da fiel ihm auf, dass er die Luft angehalten hatte, während er darauf wartete, dass sie aus der Hüpfburg gekrabbelt kam, die Wangen vor Aufregung gerötet, die Augen funkelnd.
Travis setzte sie in der Bibliothek ab und machte sich auf den Weg zur Party im Horny Toad. Travis liebte Partys, obwohl er in den vergangenen vier Jahren wegen Jazzy so gut wie keine besucht hatte. Es war schön zu wissen, dass es ihr gut ging und es daher in Ordnung war, wenn er ein wenig auf den Putz haute.
Er fühlte sich so jung wie schon lange nicht mehr, als er in seinen Pick-up stieg und Richtung Highway 377 zum Stadtrand fuhr, wo das Horny Toad lag. Er fragte sich, ob Sarah noch dort war, und dann fragte er sich, warum er sich das fragte. Sie war doch bloß eine gute Woche in der Stadt. Es hatte keinen Sinn, sich etwas zu wünschen, von dem er nicht mal wusste, ob er es wirklich wollte.
Natürlich war es ein seltsamer Zufall, dass sich Jazzys Lieblingsschriftstellerin als Mia Martins Enkelin entpuppt hatte. Travis hatte den heimlichen Verdacht, dass Tante Raylene und ihre Kohorten Kupplerinnen spielten. Er fand es amüsant, und er fragte sich, ob Sarah bemerkt hatte, was da vor sich ging.
Diese Stadt verstand sich auf romantische Legenden und schlachtete sie gnadenlos aus. Die Geschichte von Sarah, wie sie in seine Hochzeit mit Crystal geplatzt war, zählte zu jenen, die sie liebend gern weitertratschten. Und was, wenn Sarah wirklich seine Seelenverwandte war? Er konnte förmlich hören, wie die Damen des First Love Cookie Clubs diese Frage erörterten.
Er bog von der Ruby Street ab und fuhr am Friedhof von Twilight vorbei, wo all seine Vorfahren beerdigt waren, einschließlich seiner Eltern. Beide waren viel zu jung gestorben, seine Mutter vor vierzehn Jahren im Alter von achtunddreißig, sein Vater war sechs Jahre später mit vierundvierzig gefolgt. Auch seine Eltern waren Teil der Märchen über die einzig wahre Liebe geworden, von denen es in Twilight nur so wimmelte. Um ehrlich zu sein, dienten die fantasievollen Geschichten, die sich die Stadtgründer ausgedacht hatten, allein dazu, Touristen nach Twilight zu locken, aber irgendwie vergaßen das die Leute und fingen an, daran zu glauben.
Travis hatte ein Geheimnis, das er noch nie jemandem anvertraut hatte. Die romantischen Mythen machten ihm Angst. Seine Eltern waren schwer ineinander verliebt gewesen. Sie hatten beide geglaubt, sie seien seelenverwandt, waren überzeugt gewesen, ihre einzig wahre Liebe gefunden zu haben. Während er bremste und vor einer Ampel anhielt, dachte er an seine Eltern, wie sie gewesen waren, bevor das Asthma das Beste von seiner Mutter geraubt hatte. Sie waren so voneinander eingenommen gewesen, dass er sich des Öfteren wie ein Außenseiter vorgekommen war.
Nach dem Tod seiner Mutter hatte sich sein Vater gehen lassen. Er hatte aufgehört, auf sich zu achten, hatte aufgehört, auf Travis zu achten, hatte aufgehört, überhaupt etwas um sich herum wahrzunehmen. Er hatte sich in sich selbst zurückgezogen, sich aus dem Leben zurückgezogen, und schließlich … Travis hatte versucht, zu seinem Vater durchzudringen, aber es war, als würde er versuchen, mit einer Wand zu sprechen. Letztlich hatte die starke Liebe zu seiner Frau und seine Unfähigkeit, ohne sie zurechtzukommen, Chuck Walker das Leben gekostet.
Travis hatte den Schmerz gesehen, den sein Vater nach dem Tod seiner Mutter durchmachte, hatte aus erster Hand erfahren, wie Trauer einen Mann vollends vernichten konnte, und als er seinen Vater beerdigt hatte, hatte er beschlossen, sich niemals derart rückhaltlos zu verlieben.
Seiner Meinung nach war das den Preis nicht wert.
Kapitel fünf
S arah war zweimal um die Bar herumgeschlendert und wollte sich gerade zur Flucht bereit machen, als Travis hereinspaziert kam.
Das Weihnachtsmannkostüm war verschwunden, stattdessen trug er ein gestärktes Button-down-Hemd und eine akkurat gebügelte Baumwollhose, welche die Aufmerksamkeit umso stärker auf seinen kräftigen Körper und sein kantiges, scharf geschnittenes Gesicht lenkte. Noch hatte er sie nicht entdeckt.
Jetzt sah er sogar noch besser aus als vor neun Jahren. Sein dichtes dunkles Haar konnte einen Haarschnitt vertragen, wenngleich die widerspenstigen
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