Traumjaeger und Goldpfote
auf das Grasland zu folgen. Als sie nicht auftauchten, musste ich rasch umkehren, denn ich fürchtete, sie hätten mich aufgegeben und seien zurückgelaufen, um den Bau zu suchen. Aber sie waren, wie ich sagte, teuflisch gerissen … Als ich wieder in das Gebüsch kam, warteten sie schon aufmich, und ich musste rennen wie Rotrot, um davonzukommen. Sie jedoch hielten sich im Schatten und im Unterholz. Ich weiß nicht einmal mit Sicherheit, wie viele sie waren. Mehr als drei, schätze ich.«
Fritti bewunderte die Füchsin wegen ihrer Tapferkeit. Er fragte sich, ob er in einer ähnlichen Lage ebenso selbstlos handeln würde. Der
Visl
sprach weiter: »Wie auch immer, ich rannte und rannte – weit genug, um meine Jungen in Sicherheit zu wissen –, und schließlich hängte ich sie in einem Ginsterdickicht ab, indem ich ein paar falsche Spuren legte … Ich hoffe, du hörst mir sehr aufmerksam zu. Ich spreche selten zu Katzen, und für sie wiederhole ich mich nie!«
»Ich höre dir mit großem Interesse zu, Jagdschwester.«
»Sehr gut.« Die Füchsin wirkte ein wenig besänftigt. Fritti hoffte, er werde sich mit ihr gütlich und ohne Krallen und Zähne einigen können, welchen Fehler der kleine unerfahrene Raschkralle auch begangen hatte.
»Um die Verfolger zu verwirren, machte ich auf dem Rückweg viele Umwege, und als ich zum Bau zurückkam, hörte ich meine Welpen einen schrecklichen Lärm machen. Sie bellten und wimmerten und riefen nach mir. Da fand ich dieses kleine Ungeheuer, das bei ihnen im Nest lag. Offensichtlich hatten die anderen mich weggelockt, und er war dann hineingeschlüpft, um meinen Jungen an den Kragen zu gehen!« Sie nahm erneut eine drohende Haltung an. Traumjäger wollte gerade etwas Besänftigendes sagen, als Raschkralle plötzlich gellend aufheulte. Fritti und die Füchsin fuhren herum und sahen, wie das Kätzchen japsend auf sie zukam.
»Nein! Nein! Ich habe mich versteckt! Bloß versteckt!«, schrie Raschkralle. »Vor
ihnen
habe ich mich versteckt!« Die junge Katze begann krampfhaft zu zittern.
Fritti war um seinen kleinen Freund besorgt und begann sich langsam auf ihn zuzubewegen. »Jagdschwester, ich glaube, in deinerverständlichen Sorge um deine Jungen hast du irrtümlich ein anderes Opfer für einen der Übeltäter gehalten.« Er war nun an Raschkralles Seite. Die kleine Katze grub ihre Nase kläglich in Traumjägers Flanke und wimmerte. Die Füchsin durchbohrte Fritti mit einem scharfen Blick.
»Wie ist dein Name, Katze?«
»Traumjäger vom Stamm des Mauertreffs«, erwiderte er bescheiden. Sein weicher Gesang schien eine Auseinandersetzung verhindert zu haben.
»Ich werde Arthwine genannt«, sagte die Füchsin schlicht. »Ich gestatte dir, ohne Arglist, deinen Vetter-Sohn zu dir zu nehmen. Du musst allerdings die Verantwortung dafür tragen, dass er sich von den Höhlen meines Volkes fernhält. Wenn ich ihn noch einmal in der Nähe meiner Welpen finde, wird es keine Zugeständnisse geben.«
»Das ist mehr als anständig«, sagte Traumjäger und zeigte durch ein leichtes Kopfnicken, dass er einverstanden war. Die Füchsin musterte Traumjäger von oben bis unten, dann warf sie Raschkralle einen letzten Blick zu, der sein Gesicht an Traumjägers Bauch versteckt hatte.
»Du singst gut, Traumjäger«, sagte sie bedächtig, und sie wählte ihre Worte sorgfältig. »Aber glaube nicht, dass du in dieser Welt nur darauf bauen kannst. Auch wir Füchse singen, und wir wissen viele Dinge. Doch wir lehren unsere Jungen
auch
, wie man sich wehrt.« Sie drehte sich um und schritt würdevoll davon.
Die Morgendämmerung brach an, als Traumjäger dem bebenden Raschkralle sanfte Lieder vorsang, um ihn zu beruhigen. Nach einer Weile, als die Erregung des Kleinen abgeklungen war, führte Traumjäger ihn zum Schlafbaum zurück und rollte sich um ihn zusammen. Als die Morgensonne aufstieg und den Waldboden kreuz und quer mit Schatten bedeckte, fielen sie in Schlaf.
Die Hitze der Stunde der Kleineren Schatten weckte Traumjäger. Raschkralle war nicht mehr an ihn gekuschelt.
Fritti hob den Kopf und sah die kleine Katze umhertollen, und in ihrem weichen Fell hingen Kiefernnadeln und tote Blätter. Als Fritti aufstand und sich streckte, verspürte er in seinen Muskeln große Schmerzen. Indem er neidisch das spielende Kätzchen beobachtete, beschloss er, es langsamer angehen zu lassen, bis er sich besser an dieses ständige Wandern gewöhnt hätte. Raschkralle, der stillvergnügt herumhüpfte,
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