Traumjaeger und Goldpfote
war wahrscheinlicher, dass sie ihre Nester im nahen Wald verließen. Nicht zu ändern, dachte er. Die Nähe einer Eule ließ die Waldbewohner erstarren, und das machte es schwieriger, etwas zum Abendessen zu finden.
Andere Nachtvögel pfiffen und flöteten in den Bäumen, oben in den höchsten Bereichen, in die das Volk wegen seines Gewichtes nicht gelangen konnte. Fritti verschwendete keinen Gedanken an sie.
Als er in eine ausgetrocknete, mit Geröll bedeckte Wasserrinne hinabsprang, witterte Traumjäger plötzlich und überraschend einen Hauch von Katzengeruch. Mit angespannten Muskeln drehte Fritti sich herum, und der Geruch war verschwunden. Im nächsten Augenblick war er wieder da, und er sog ihn lange genug ein, um etwas Vertrautes darin zu bemerken. Dann verschwand er erneut auf eigentümliche Weise. Durch diese verwirrende Erscheinung aus der Fassung gebracht, stand Fritti mit gesträubten Haaren und zuckender Nase da. Der Geruch hatte weder durch eine andere Windrichtung noch durch ein Nachlassen des Windes an Stärke verloren – er war einfach verschwunden.
Als der Geruch zu ihm zurückkehrte, erkannte er ihn. Kein Wunder, dass er ihm vertraut erschienen war – es war sein eigener.
Mit fein gekräuselter Nase prüfte er die Luft, um sich Gewissheit über seine Vermutung zu verschaffen. Er war in einen Nacht-Wirbel geraten, einen langsamen, kaum spürbaren Wirbelwind. Das Geröll im trockenen Flussbett, während des Tages von der Sonne erhitzt, erwärmte die darüberliegende Luft. Wenn diese mit der absinkenden kühlen Nachtluft zusammentraf, eingeschlossen und umgeleitet von den Seitenwänden der Rinne, ergabsich ein Wirbel von Luft, der träge Kreise beschrieb – und seinen eigenen Geruch zu ihm zurücktrug. Wäre er nicht einen Augenblick stehengeblieben, hätte er nicht lange genug an der Stelle gestanden, zu welcher der Geruch nach der Umkreisung zurückkehrte!
Froh darüber, das Rätsel gelöst zu haben, sprang er auf der anderen Seite des Flussbettes aufs Ufer und ging fort, als ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss. Er kehrte um und untersuchte die Wände des Flussbettes, indem er mehrere Male an ihnen hochsprang. Er fand, wonach er gesucht hatte – den halb verborgenen Eingang zu einer Quieker-Höhle.
Er wusste, dass die Sonnenwärme sich am Ende auflösen würde. Er wusste auch, dass er diesen Kniff nur einmal anwenden konnte. Sorgsam wählte er seinen Platz aus: oben auf der Uferböschung und flussabwärts drei oder vier Sprünge vom Höhleneingang entfernt. Er prüfte den Rand der Böschung, auf dem er lag, und fand eine Stelle, die bei einer Bewegung nicht abbröckeln und einen kleinen Erdrutsch verursachen würde, der seinen Plan zunichtegemacht hätte. Dann wiederholte er noch einmal Punkt für Punkt, was seine Mutter ihn gelehrt hatte, und wartete unbeweglich. Da er seinen Kopf nicht bewegen wollte, war es mehr sein Gefühl als sein Blick, das ihm verriet, dass Tiefklars Auge sich erst ein kurzes Stück bewegt hatte. Als er endlich durch eine schwache Bewegung an der Tunnelöffnung belohnt wurde, kam es ihm vor, als habe er eine Ewigkeit gewartet.
Überaus vorsichtig streckte sich eine Nase aus dem schützenden Loch und schnüffelte die Luft. Dann folgte der ganze Leib des Quiekers. Er saß mit furchtsamen Augen einen Augenblick am Rande des Tunnels, und jede Bewegung verriet, dass er bereit war, beim ersten Anzeichen einer Bedrohung fortzuhuschen. Geduckt dasitzend hielt er mit gekräuselter Nase nach Gefahr Ausschau. Es war eine Feldmaus mit braun-grauem Fell.
Fritti begann unbewusst seinen Schwanz hin- und herzuschleudern. Die Maus, die in der Nähe nichts unmittelbar Gefährliches witterte, bewegte sich vorwärts, blieb in sicherer Entfernung von der Höhlenöffnung und begann, nach Nahrung zu suchen. Ihre Nase, Augen und Ohren blieben stets wach, um Räubern zuvorzukommen. Der Quieker suchte beide Seiten des trockenen Flussbettes ab, blieb aber immer in der Nähe seines Loches, das er mit einem raschen Sprung erreichen konnte.
Fritti fand, dass es seiner ganzen Selbstbeherrschung bedurfte, sich nicht auf die Maus, die so nahe schien, hinabzustürzen. Sein Magen zog sich vor Hunger zusammen, und er konnte das ungeduldige Zittern seiner Hinterbeine spüren.
Doch er erinnerte sich auch an Borstenmauls Mahnung, geduldig zu sein. Er wusste, dass der kleine Quieker bei dem ersten Zeichen einer Bewegung wie ein Blitz in seinem Loch verschwinden würde.
Ich will mich nicht wie ein
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