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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Ich weiß nicht, ob ich dir deine Ungezogenheit vergeben darf. Aber ich will milde sein – ich werde das Unbedingte fragen.
    Er war es zufrieden.
    Rate einmal, sagte sie, gerade oder ungerade?
    Ungerade! rief er.
    Ich habe die Sterne dort oben in dem Quadratgrade gemeint. Nun wollen wir zählen, wieviel es sind. Wer wird recht haben?
    Das Zählen war im Nu geschehen; denn sie waren Zerebrer.
    Gerade! sagte sie.
    O weh! klagte der verurteilte Liebhaber! Doch nein! rief er jetzt, ungerade! Zähle noch einmal!
    Wahrhaftig, eben ist ein neuer Stern aufgeleuchtet – die Liebe war gerettet.
    Das war dein Stern, Oxygen!
    Die Zerebrer schüttelten sich gerührt die Mittelhände.
     
    Magnet war bei diesen Phantasien ruhig und fast heiter geworden.
    Am Falle des Niagara senkte sich sein Wagen.
    „Ich hab’s gefunden!“ rief er aus. „Das ist der Entwurf zu meinem neuesten Roman!“
    Die Arbeit ließ ihn seinen Schmerz vergessen. Selbstzufrieden telegrafierte er an seinen Verleger in Europa: „Was bieten Sie ungesehen für meinen neuesten Roman ‚Das Zerebrer-Pärchen oder Der gezähmte Lichtnebel’?“
    „Fünfzigtausend Münzeinheiten!“ lautete die Antwort.
    „Angenommen!“
    Magnet ließ sich vor einem der großen Hotels nieder, auf einem Platze, von welchem sich die herrlichste Aussicht auf den Fall bot, und fing sogleich zu schreiben an. Natürlich telegrafisch.
    Die Sonne ging auf und bildete glänzende Regenbogen im Wasserstaube des Riesenfalls.
    „Versöhnt durch zerstörte Liebe ward neue Liebe in fernem Geschlecht.“ So schrieb Magnet, und der gehorsame Ätherstrom trug die Worte durch den Leib des Erdballs nach Europa. Sie standen in der Abendzeitung neben Aromasias Nachruf.

 
Das Lächeln des Glücks
     
    Irgendwo im Räume, fern von den Menschen, saß das Glück und weinte.
    Es saß auf seiner Kugel, diese und sich selbst ganz in seinen schimmernden Schleier hüllend, und mit dem Zipfel tupfte es die Tränen von den schönen Augen.
    Es war sehr unglücklich, das Glück.
    Ein kleiner Engel schwebte vorüber, der hatte die Mundwinkel recht weinerlich verzogen, und aus seinen Augen fielen die Tränen in den leeren Raum und wurden zu Sternschnuppen.
    Als der Kleine das Glück erblickte, flog er eilig darauf zu und umklammerte seine Knie.
    „Fand ich dich endlich?“ rief er aus. „Du mußt mir helfen, du bist ja das Glück!“
    Das Glück streichelte seine Locken.
    „Was fehlt dir?“ fragte es traurig.
    „Drunten wohnt’ ich am dunklen Bergstrom, in der Hütte, deren Dach die hohen Palmen beschatten, bei Rilas und Padna. Kennst du sie nicht? Rilas, der die Faserpflanze sammelt im Walde und sie zum Markte trägt? Und ich war’s, der ihr Glück hütete und sie hatten sich so lieb. Da kamen die gelben Brüder und sagten, Rilas müsse mit ihnen hinunter an das Meer, und als er nicht wollte, nahmen sie ihn gewaltsam mit; denn er müsse die Freiheit kämpfen gegen die weißen Männer auf ihren großen Schiffen. Und Padna weinte so sehr. Du sollst uns den Rilas zurückbringen. Nicht wahr, du willst es tun?“
    Und er zupfte dem Glück den Schleier von den Augen, da fiel eine der Tränen auf seine Stirn, und er sah erschrocken auf und fragte:
    „Aber du weinst ja?“
    „Ja, mein Kleiner, ich weine und kann dir nicht helfen.“
    „Du mir nicht helfen? Warum nicht, da du doch das Glück bist?“
    „Nur das Glück. Weil ich das Glück bin, kann ich dir nicht helfen.“
    „Du mußt helfen, mußt uns helfen!“ Mit diesen Worten stürzte sich ein zweiter Engel dem Glück zu Füßen.
    „Hier, dieser kennt mich, wir wohnen in demselben Lande. Die weißen Männer sind aus ihren Schiffen gestiegen, und ihre Kugeln strecken unsere Freunde nieder. O gib den Unsrigen den Sieg in der Schlacht, die kämpfen für die Freiheit, die man ihnen rauben will!“
    „Siehst du nicht, daß ich weine?“ sprach das Glück. „Wenn ich weine, so kann ich niemand helfen.“
    „So weine doch nicht!“
    „Das steht nicht bei mir. Ich weiß nur, daß ich weinen muß, und daß ich dann nicht helfen kann. Und wenn ich nicht helfen kann, so muß ich weinen. Das hänget eins am andern.“
    Die kleinen Engel sahen halb ungläubig, halb verständnislos auf das Glück.
    Und als sie es noch anstarrten, kam ein dritter Engel geflogen, der war größer und klüger. Die Tränen tropften ihm nicht mehr aus den Augen, sie ließen sie nur dunkel glänzen wie der unendliche Weltraum der Macht, und eine tiefe Traurigkeit flehte aus ihnen

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