Traumkristalle
auf dieser Erde Menschen glücklich werden? Sollt ihr nicht arbeiten, damit das Ziel sich erfülle, das Menschenherzen ersehnen? Was sind eure Luftkörper, eure Ätherarme, eure Riesenkräfte, was sind die Planeten, mit denen ihr Fangball spielt, wenn nicht die Mittel zu meinen Zwecken? Was gilt mir euer ganzes Weltsystem gegen ein frohes Angesicht?“
„Und du? Was gehst du mich an? Hast du mir zu gebieten? Lächle doch, wenn du kannst! Ich habe meine Gesetze, danach bin ich. Wer sie mir gab, weiß ich nicht. Wozu sie gut sind, geht mich nichts an. Ich habe niemand zu gehorchen als dem Gesetz der Riesen. Ich bin, weil ich bin. Ich strecke den Arm, wenn ich muß, und Millionen Menschen überrauscht der Ozean, wenn sie auf seinen Bahnen sind.“
Während der Riese noch sprach, trieb das Schiff näher und näher dem Riffe zu. Jetzt weinte der Engel laut auf.
Hier hörte man nicht den Entsetzensschrei der Menschen, man hörte nicht das Krachen der Balken, nicht das Brausen der Brandung, als der Dampfer auf die Klippe geschleudert wurde – man hörte das Schluchzen des Engels, als er das Schiff verschwinden sah.–
Der Engel barg seinen Kopf im Gewände des Glücks, das mit starren Augen in die Ferne blickte.
„Und er muß doch dem Einen gehorchen, der sein Gesetz geordnet hat – muß er nicht?“ fragte der Engel in heiligem Zorn.
„Er muß wohl, aber davon weiß er nichts. Und gehorchte er mir nicht, so war es so bestimmt, weil ich weinte.“
„Aber du bist doch das Glück und das Glück soll sein!“
„Weißt du das, mein Kind? Weiß ich es? Braucht’ ich zu weinen, wenn mir die Ätherriesen immer gehorchen müßten? Dann wollt’ ich die Welt anders lenken, dann müßten sie arbeiten zu meiner Lust. Dann müßten sie mir Paläste bauen mit ewigem Frühlingsglanze, darin eine selige Menschheit in allen Wonnen des Daseins wandelte. – Aber nur selten gehorchen sie mir; ich gebiete ihnen, doch ob sie folgen, das hat einer bestimmt, den wir nicht begreifen. Und er wird wohl wissen, warum er das Glück nicht mächtiger geschaffen hat.“
„Und doch bist du der mächtigste unter allen Engeln, o Glück!“
„Wohl bin ich’s, wenn ich lächeln darf. Doch du trafst mich weinend, und Tränen – o mein Kind – Tränen des Glücks, weißt du, was daraus wird? Einst sagte mir’s der Zwerge einer, die mit den demantharten Hämmern in der Nacht des Ungewordenen die künftigen Herzen schmieden. Meine Tränen brauchen sie, die Herzen fest zu machen, damit sie nicht springen, wenn der heiße Menschenwille hineingegossen wird. Vielleicht, daß ich so machtlos sein muß.“
Das Glück ließ sich wieder auf seiner schillernden Kugel nieder, und der Engel, der den Mut verloren hatte, schmiegte sich sanft an seine Seite.
Da kam wieder ein Engel geflogen, diesmal ein ganz kleines Engelbübchen, dem kugelten die Tränen nur so aus den runden Äuglein, und es heulte recht herzerweichend. So stürzte es dem Glück gerade in den Schoß.
„Was hast du denn, mein Bübchen?“ fragte das Glück, wischte ihm die Tränen ab und vergaß auch das Naschen nicht. „Da ist wohl ein großes Unglück geschehen?“
„Ja“, schluchzte das Engelchen, „ja, ein großes Unglück. Mein Schwesterchen, ach, mein Schwesterchen – ach, ach!“
„Beruhige dich, mein Herzchen.“
„Es ist das einzige, das den Eltern geblieben ist, denn wir anderen sind alle schon Engel geworden – mein Schwesterchen stand an der Haustür – Aber willst du ihm auch helfen, o Glück?“
„Sprich nur erst weiter.“
„Es hatte sein Püppchen in der Hand, das mit dem richtigen Porzellankopf, den man abwaschen kann, und wiegte es in seinen Armen, und das Püppchen war eingeschlafen, und da – und da –“
„So heule doch nicht so!“
„Da kam der Stift, der schlechte Hund, und bellte, und das Schwesterchen erschrak und ließ die Puppe fallen, und – und – der Kopf brach mitten entzwei – und –“
„Da weint jetzt das Schwesterchen bitterlich?“
„Bit-ter-lich“ – Und das Engelchen weinte noch viel bitterlicher und schluchzte nur immer hervor: „Bit-ter-lich“ –
Die Tränen kugelten herab über den Schleier des Glücks, an dem keine Träne haftet, und in einer Falte bildeten sie einen kleinen See, in den guckte das Engelchen ganz erstaunt hinein, aber seine Tränen flossen immer weiter.
Da zog ein leises Lächeln über das Antlitz des Glücks, das besiegte seine Trauer – und nun lächelte es holdselig, wie nur das
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