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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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zum Glück:
    „Hilfe, zu Hilfe! O bitte, bitte! Die Not ist groß!“
    „Was begehrst du, mein Kind?“
    „Drüben im Ozean rast der Sturm. Am großen Dampfer ist die Schraube gebrochen. Hilflos jagt er durch die Wogen. Die Richtung, in der er treibt, führt auf das lange Riff, ins sichere Verderben. Fünfhundert Menschen werden in den Wogen versinken. Eine neue Heimat wollten sie gründen, die jetzt um ihr Leben flehen müssen. Eil’ und rette, wenn du das Glück bist.“
    Das Glück schüttelte nur leise den Kopf, denn es fühlte, daß ihm die Tränen in die Augen traten.
    Die beiden andern kleinen Engel nickten sich zu und flogen davon, denn sie wollten sehen, wie die weißen Männer in Not gerieten.
    Der dritte Engel aber rief:
    „Du weigerst dich? Wie ist das möglich? Siehst du nicht die Zahllosen, die ihr Lebensglück zugleich verlieren, wenn jene dahingehen müssen? Weißt du nicht, daß Völkerschicksale an diesem Schiffe hängen? Schau dort unter dem nassen, sturmgepeitschten Haar die leuchtende Stirn des Jünglings – siehst du nicht, daß er ein Genius ist, fähig, der Menschheit eine große Tat zu bringen, die Millionen beglücken wird? Und du willst ihn versinken lassen?“
    „Ich wollte ihn nicht retten? O mein Kind, ich kann es nur nicht.“
    „Du kannst es. Sieh, dort rekelt der breite Wetterriese des Ozeans sich in seiner Winterruhe. Er braucht nur den groben Ellenbogen um ein weniges zu verschieben und die Sturmbahn wendet sich, und das Schiff gleitet nördlich am Riff vorüber und entflieht dem Wirbel. Warum gebietest du ihm nicht?“
    „Weil es nichts hilft. Weil er mir nicht gehorchen wird. Ich kenne diese Riesen, die mit der Allwissenheit ihrer Mutter, der Natur, sich groß tun und die eingebildetsten, faulsten Lümmel der Welt sind. Und ich habe ein sicheres Zeichen für den Fall, daß sie mir nicht zu gehorchen brauchen, so gut ich es weiß, wenn ich sie zwingen kann. Du wirst es sehen, komm!“
    Müde erhob sich das Glück und flog mit dem Engel zum Wetterriesen.
    Schon tauchte am Horizont der Schiffer die weiße Brandung auf. Der Riese schlief, und der Druck seines ruhenden Luftarms zwang den Sturm, nach dem Riffe hin zu wehen.
    Das Glück raunte seinen Spruch:
    „Hebe den Arm beiseite, daß das Schiff nach dem Hafen gleite!“
    Der Riese rührte sich nicht, er brummte nur im Halbschlaf:
    „Wer raunt mir da Sprüche? Was soll das gefühlvolle Duseln? Siehst du nicht, daß ich ruhen muß, damit die Luft in mir herabsteigen kann und ihre richtigen Wege findet? Siehst du nicht, daß der Ätherriese auf mir steht, der oben von der Sonne die Wärme herunterschaufelt? Störe nicht unsere Arbeit, von der die Ordnung der Natur abhängt.“
    „So rücke wenigstens diesen Arm um ein Kleines zur Seite, schon ein Stückchen genügt, nur daß wir das Schiff retten!“
    „Was geht mich das Schiff an?“ polterte der Riese. Aber er ermunterte sich ein bißchen, und als er das Glück erkannte, sagte er:
    „Du kannst doch nie Ruhe halten! Aber weil du es bist, will ich mein Möglichstes tun – den kleinen Finger will ich ein wenig einbiegen.“
    Kaum hatte er’s getan, da trieb das Schiff einen Strich mehr nach Nord und näherte sich dem Riff langsamer, und die Menschen hofften aufs neue.
    „Es genügt nicht“, bat das Glück. „Gib nur noch etwas nach!“
    Zum Unheil aber fiel eine Träne auf den Arm des Riesen. Da wurde er unwirsch und rief:
    „Es geht nicht! Siehst du nicht, der ganze Wirbelsturm liefe dann auf das Festland. Die blühenden Städte, die reifen Felder, der alte Wald, alles stürzte vernichtet zusammen. Mir könnt’ es ja gleich sein. Aber mehr vermag ich nicht zu tun, wenn ich auch wollte. Ich und meine Brüder, die Riesen, dürfen deinetwegen ihre Grundsätze nicht ändern. Sollte ich jetzt den Arm bewegen können, so hätte vorher der Ätherriese nicht auf mich steigen dürfen, so hätte der alte Erdriese seine Hautfalten ein bißchen früher verschieben müssen, damit sich der Meerriese anders lagern konnte. Da hätte der große Sonnenriese schon lange, ehe es das Menschengewürm gab, mit seinen Fangarmen anders ziehen und der Raumriese selbst sich anders besinnen müssen. Wir können nicht dir zu Liebe die ganze Riesenwelt in Unbequemlichkeiten stürzen.“
    „So? Ihr Burschen –“ und nun wurde das Glück böse – „ihr könntet nicht? Ihr hättet nicht können? Wozu seid ihr eigentlich da? Um euretwillen vielleicht? Oder sollt ihr nicht Diener sein, damit

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