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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Plätzchen suchen, wo ich mich einst, wenn das Alter herannaht, für den Rest des Lebens niederzulassen gedenke.“
    „Nun, bester Direktor, vorläufig haben Sie noch ein schönes Feld der Wirksamkeit vor sich; aber im Prinzip muß ich Ihnen recht geben. Ich kann Ihre Schwärmerei begreifen, denn auch ich hänge mit all meinem Denken und Fühlen an der Vergangenheit. Sie wissen, ich bin Botaniker – ein Altertumsforscher, über den manche moderne Chemilogen und Biophysiker die Achseln zucken. Wohin sind die Zeiten, da eine üppige Pflanzendecke den größten Teil der Erde überzog? Da noch der Wald mit dem heiligen Rauschen seiner Wipfel das Herz des Wanderers erhob, da der Landmann unter dem freien Himmelsblau stolz durch das wogende Kornfeld schritt? – Stärkemehl-Fabrik, Eiweiß-Fabrik und so weiter; in den weiten und doch so engen Laboratorien wird die Nahrung für dies Geschlecht zusammengebraut. Freilich, freilich, großer Molekulander, Hydrogenius und wie ihr alle heißt, die ihr mit euren Erfindungen dem sozialen Elend abgeholfen habt und nun in zahllosen Statuetten an jeder Straßenecke verehrt werdet – es ist groß, es ist schön, es ist vor allem billig, direkt aus den Elementen die Nahrungsmittel herzustellen, die uns früher nur das Pflanzenreich bot –, aber verschwunden ist die Pflanzendecke, der herrlichste Schmuck unserer Erde, und mit ihr verschwindet unsere Lebensluft, die wir bald mühsam aus Sauerstoff-Fabriken werden holen müssen! – Hunger leiden wird die Menschheit nicht mehr, wenigstens nicht im Magen. Aber wer stillt uns den idealen Hunger des Gemüts nach einem Stückchen unbezwungener Natur und übermächtig waltendem Schicksal? Da hilft kein Psychokinet und keine Stimmungskunst. Die Weltformel wird integriert, wir wissen alles – und damit abgemacht. Heiliger Laplace! Wir wissen auch, wann wir verrückt werden.“
    „Sie sind bitter, Kotyledo, Sie sehen zu schwarz. Auch ich bin ein Freund der Vergangenheit, aber mein historisches Gewissen zwingt mich, auch die großen Verdienste der Neuzeit anzuerkennen.“
    „Und doch bin ich nur aufrichtig, Herr Strudel-Prudel“, entgegnete Kotyledo. „Aber vergessen wir wenigstens auf Augenblicke diesen Weltschmerz! Noch blüht uns in geheimnisvollen Tiefen das Leben des Ozeans, noch gibt es Schluchten und Riffe, wohin der Strom des Alltags nicht gedrungen ist.“
    „Und es gibt auch noch ein übergewaltiges Schicksal, glauben Sie mir, Kotyledo! Es gibt auch heute tragische Konflikte und große Gefühle, und ich wünsche nicht, daß Ihnen je das Geschick seine finstere, starre Maske zuwendet.“
    „Und wenn es so wäre? – Doch lassen Sie uns auf dieser Felsenbank ausruhen. Ein paar Jahrtausende später, und kein Ozean mehr wird um die Erde rauschen. Auch diese Ruhestätten der Natur werden an die Oberfläche gestiegen oder gezogen sein, und kaum wird man wissen, was Wasser ist.“
    „Sie erschrecken mich. Auch ich mußte mir schon wiederholt sagen, daß ein großer Teil des Meerwassers zu chemischen Veränderungen verbraucht wird, infolge deren es in der Form des Wassers verschwindet. Aber wenn wirklich das Wasser seiner Hauptmasse nach von der Erde vertilgt wird, wenn seine Bestandteile nur feste oder gasige Verbindungen eingehen, so wird doch der überkühnen Menschheit selbst die Grenze ihres Strebens gesetzt sein?“
    „Glauben Sie das nicht. Dies Geschlecht wird sich immer zu halten wissen. Wer hätte gedacht, daß wir ohne Pflanzen leben können? Hier steht der letzte Botaniker, der letzte Gärtner, und Sie sehen, es geht und wird gehen – und keiner leidet Mangel, wie früher so viele. Der Mangel freilich, den ich empfinde, der drückt die Menge nicht. – Doch es wird spät, wir müssen zurück.“
     
    IV  NEUE KÖRPER. LYRIKA. DIE WELTFORMEL
     
    Während das im vorigen Abschnitt aufgezeichnete Zwiegespräch am Meeresgrunde gepflogen wurde, wogte das rastlose Leben des 39. Jahrhunderts über den großen Städten, deren zahllose Häuser in fast stetigem Zusammenhange die Kontinente bedeckten. Unablässig verkehrten die Luftschiffe mit ungemeiner Geschwindigkeit, zwischen ihnen bewegte sich das Gewühl der Luftschwimmer. Das Material des Schwimmapparats bestand aus einer Platin-Silizium-Kohlenwasserstoff-Verbindung, einem kompliziert zusammengesetzten Körper, der bei außerordentlich geringem spezifischen Gewichte die Eigenschaften des Platins mit der Durchsichtigkeit des Glases und der Biegsamkeit des Kautschuks verband,

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