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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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allein ist die Seele, die liebt!“
     
    Wie wonnig träumte es sich auf diesem Kissen, in diesem beseligenden Wechsel der Stimmungen, der sich auf dem Grundgefühle frohen, sicheren Besitzes eines unendlichen Glückes abspielt. Die Willensregungen und Affekte egoistischen Ursprungs verschmelzen mit den Gefühlen, die in der Sympathie wurzeln – das ist die Liebe. Stolz und Selbstbewußtsein erfreuen und lösen sich doch willig in der unbedingten Hingabe, Genuß und Entbehrung beglücken gemeinsam, und der Schmerz ist Wonne – Wie müßte das Kissen auf den Vater wirken! Sollte es nicht die Erinnerung glücklicher Jugend hervorzaubern, Milde in das Herz gießen und dem Verständnis zarter Regung geneigt machen? Sollte es nicht wenigstens eine besänftigende und erheiternde Wirkung ausüben? Es konnten doch nur gute Träume dadurch erzeugt werden, und auf gute Träume folgt ein friedliches Erwachen.
    Amalie schlich sich leise in das Zimmer des Vaters und schob vorsichtig dem fest Schlummernden das Kissen unter das Haupt. –
    Ächzend und stöhnend ermunterte sich am andern Morgen der Abgeordnete Siebler aus einem schweren Traume; erst als er sich überzeugt hatte, daß er nur geträumt, erheiterten sich wieder seine Züge und er atmete erleichtert auf. Mit Spannung und Besorgnis beobachtete Amalie ihren Vater beim Frühstück, um die Wirkung des Traumkissens zu erkennen.
    Er war sehr einsilbig und offenbar mit einer wichtigen Überlegung beschäftigt. Die Zeitungen, denen er sonst einige Morgenstunden zu widmen pflegte, sah er kaum an, sondern ging unruhig im Zimmer auf und ab. Zufällig haftete sein Blick unter den Anzeigen auf einer Geschäftsempfehlung Forbachs; das paßte in seinen Gedankenkreis, und er erinnerte sich mancher halbunterdrückten Seufzer und versteckten Andeutungen seiner Tochter. Er rief Amalie und sagte zu ihrer größten Überraschung: „Du kennst ja diesen Traumfabrikanten Forbach. Weißt du, daß ich Lust hätte, mich einmal an ihn zu wenden? Wenn mir nur jemand für seine Zuverlässigkeit garantieren könnte!“
    Natürlich wußte Amalie mehr als eine Familie aus ihrem Bekanntenkreise zu nennen, die auf Forbach zu schwören bereit war, und die ausgezeichneten Traumwirkungen seiner Offizin belegte sie mit zahlreichen Beispielen. Als sie den Vater so unvermutet zugänglich fand, ging sie nun auch gleich mutig vor und wußte ihre Sache so schlau zu führen, daß sie der Einwilligung des Vaters, der ja außer seinem bisherigen Mißtrauen bezüglich des Traumgeschäfts gegen Forbach gar nichts einzuwenden hatte, bereits sicher war, als letzterer sich melden ließ. Da wurde es denn Forbach nicht schwer, seine Sache zu führen.
    „Gegen die Reellität und den Wert Ihres Geschäfts“, sagte Siebler, „kann ich nach den vorgelegten Ausweisen nichts einwenden; und um mich vollständig von Ihren Leistungen zu überzeugen, melde ich mich und meine Tochter als Abonnenten auf Ihr Traumgas bei Ihnen an.“
    Und als er die Hände des glückstrahlenden Paares ineinander gelegt hatte und alle drei vor der alten abgelagerten Flasche köstlichen Neunzehnhundertundneunundneunzigers saßen, da sagte Siebler:
    „Damit Ihr Euch nun nicht länger wundert, Kinder, wie ich dazu komme, meine gestrige Rede für das Traummonopol heute so weit zu verleugnen, daß ich mich diesem Privatfabrikanten hier ausliefere, so will ich Euch sagen, daß ich beschlossen habe, mich überhaupt von der Politik zurückzuziehen und kein Mandat mehr anzunehmen, wenigstens so lange nicht, als die Traumfrage auf der Tagesordnung steht. Ihr seht mich höchst verwundert an und fragt, wie ich dazu komme, und ich sage Euch zur Antwort: durch einen niederträchtigen Traum, den ich diese Nacht hatte. Nun, lieber Dormio, Sie werden dafür sorgen, daß mir ähnliches nicht wieder passiert; eben zu diesem Zwecke bin ich Ihr Kunde geworden.“
    „Was war das für ein schrecklicher Traum?“ fragte Forbach eifrig, während Amalie im Bewußtsein ihrer Schuld tief errötete.
    „Zuerst“, fuhr Siebler fort, „hatte ich ein äußerst angenehmes Gefühl, das ich kaum beschreiben kann, es war das Gefühl erreichter Sehnsucht, das zwar mit dem Bedürfnis neuen Ringens und Kämpfens wechselte, aber doch immer die freudige Sicherheit des Sieges beibehielt; ein Auf- und Niederschwanken der Stimmung mit dem Vorwiegen der Befriedigung; immer glaubte ich die Worte des Dichters zu hören:
     
    ,Freudvoll und leidvoll,
    Gedankenvoll sein,
    Langen und

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