Traumkristalle
ein paar Zeitungsartikel, und dann ist die Sache vergessen. Warum sprengen Sie nicht die Erde auseinander? Warum drücken Sie nicht das ganze Milchstraßensystem zu einem Klumpen zusammen?’
,Haha!’ lachte der Teufel, ‚was hätte ich davon? Ob das bißchen Materie oder Energie oder wie Sie’s nennen wollen, so oder so im Räume umherschwirrt, ob die Stückchen Stoff kleiner oder größer sind, das macht im Grunde verflucht wenig aus. Das Zeug ist ja in unendlichen Mengen da, der Raum und die Zeit auch. Was man so die Natur nennt, das Existierende im Raum, für das ist es ganz egal, wie sich’s gestaltet, das hat unendlich viele Wege, um zu seinem Ziel zu kommen. Aber das Ziel, die Idee! Sehen Sie, das eben ist die Hauptsache! Wenn ich daran etwas ändern könnte! Im Bewußtsein liegt’s! Darin steckt das Gesetz, da steckt der ganze Weltzweck, daran muß ich mich machen. Deswegen wende ich mich mit Vorliebe an die gelehrten Herren, die sind es, von denen die Vernunftideen gehalten werden. Wenn ich so einen Philosophen holen kann, wie Sie z. B., lieber Professor, da richt’ ich mehr aus, als wenn ich eine Million Sonnensysteme demolierte; denn da tu’ ich der Vernunft selbst Schaden.’
,Das ist mir ja ganz außerordentlich schmeichelhaft’, sagte ich. ‚Warum haben Sie aber da nicht lieber Leute wie Sokrates, Galilei, Kant und dergl. geholt?’
,Hab’ ich ja, hab’ ich! Sie wissen doch, habe die Staatsgewalten gegen sie gehetzt. Kam nur leider zu spät. Aber – na, warum soll ich mich nicht einmal ein bißchen gegen Sie aussprechen. Sie kommen ja doch nicht mehr auf die Erde zurück und können’s nicht ausplaudern –’
,O weh!’ dachte ich für mich.
,Also – Sie sagten vorhin, ich hätte die Macht. Aber die ist ziemlich beschränkt. Es ist nun einmal so mit der Welt – das Ziel die Idee ist zeitlos, ist ein bestimmender Gedanke. Aber Wollen und Denken allein können nichts schaffen, können sich nicht verwirklichen als Seiendes; dazu gehört eine andre Form des Zusammenhangs –’
,Ich weiß schon’, sagte ich, ‚dazu gehört die Existenz in Raum und Zeit. Eine Million Mark habe ich schon oft gedacht und gewollt, aber dazu gebracht hab’ ich’s immer noch nicht, weil dazu ein Objekt in Zeit und Raum gehört, sei’s auch nur jemand, der sie mir schuldet.’
,Na also, sehen Sie! Und so wenig ich die Existenz von irgend etwas im Räume setzen kann, ebensowenig kann ich etwas aus dem Räume fortschaffen, was einmal drin ist. Denn der Raum ist unendlich, daran hängt’s! Und selbst ein unendlicher Geist kann das im Raum Existierende nur umwandeln, er kann die Milchstraße zu Bayrisch Bier verarbeiten, aber das bleibt immer im Räume, und ein andrer unendlicher Geist kann wieder Sonnen, Planeten und Philosophen daraus fabrizieren.’
‚Aber wenn der Raum nicht unendlich wäre? Wenn er gewissermaßen in sich selbst zurückliefe, falls man nur weit genug darin fortflöge?’ sagte ich lauernd.
,Hahaha!’ lachte der Teufel. ‚Ja wenn! Wenn er wie eine große ringförmige Schachtel wäre, in der man zwar ewig in der Runde herumlaufen, aus der man aber auch einfach etwas hinaustun könnte! Dann hätte ich gewonnenes Spiel. Da könnte ich so eines nach dem andern aus dem Räume werfen, mit andern Worten, ich könnte Existenz vernichten, absolut zu nichts machen. Aber tun Sie einmal etwas aus einer Schachtel hinaus, wenn die Schachtel überhaupt nichts außer sich hat, höchstens daß sie wieder in einer Schachtel steckt und so immer wieder und wieder in einer andern. Das hat eben die Weltvernunft so schlau eingerichtet, daß sie die Formen der Existenz an dasselbe Gesetz der Unendlichkeit gebunden hat, wie die Formen des Denkbaren. Und so bin ich ‚armer Teufel’ immer nur auf kleine Mittel angewiesen, wenn ich der Existenz des Vernünftigen an den Leib will.’
Als ich den Teufel so reden hörte, ward mir ganz wundersam froh zumute. Ein Plan der Rettung tauchte in mir auf.“
„Ach ja!“ sagte plötzlich der sanfte Jüngling, der bis jetzt geschwiegen hatte. Der Professor sah ihn verwundert an.
„Entschuldigen Sie“, stammelte der Jüngling, „ich freute mich nur so, daß der Teufel schließlich doch nichts ausrichten kann, selbst nicht mit dem bayrischen Bier.“
„Na“, meinte der Professor, „da freuen Sie sich nur nicht zu früh.“
„Aber der Alkohol ist doch eine teuflische Einrichtung“, bemerkte der sanfte Jüngling schüchtern. „Der ist doch wohl eines der
Weitere Kostenlose Bücher