Traumkristalle
Schrank legen, was aber herausnehmen bedeutete, dann erst den Schrank öffnen, usw., so würden Sie gar nicht klug daraus werden.“
„O Gott, o Gott! Sagen Sie nur, wie’s wirklich war! Es waren gewiß Diebe da!“
„Ich weiß nicht. In richtiger Zeitfolge verlief die Sache etwa so, daß ein Mädchen erst in einer Schublade suchte und ein Paar weiße Handschuhe herausnahm –“
„Ach, die vierknöpfigen!“
„Dann aus dem Schrank einen Rock und eine weiße Bluse –“
„Das war meine gestickte, wissen Sie, die mit den echten –“
„Und wie sie mit den Sachen zur Tür hinausging, blieb sie an der Klinke hängen, und es gab einen großen Riß in den Spitzen –“
„O Himmel! Himmel! Das war mein Mädchen, die wollte ja abends auf den Ball, die hat sich meine Sachen geborgt! Oh! Ich muß nach Hause, gleich!“
Die blaue Dame sprang auf. Der sanfte Jüngling machte eine Verbeugung.
Der Professor fuhr fort: „Ich suchte nun noch weiter mit dem Glase, aber der Teufel nahm es mir aus der Hand.
,Nun’, sagte er mit funkelnden Augen –“
Die blaue Dame seufzte und setzte sich wieder.
„,Nun, Herr Professor, erklären Sie mir doch einmal dieses Glas auf natürlichem Wege?’
,Das habe ich gar nicht nötig’, sagte ich ganz ruhig. ‚Sie können von mir eine Erklärung nur von natürlichen Vorgängen verlangen, aber Ihr Glas ist irgend eine teuflische Erfindung, will sagen, eine Spiegelfechterei, die die Naturwissenschaft nichts angeht. Da müßten Sie mir erst beweisen, daß es ein richtig gehendes optisches Instrument und nicht eine psychologische Täuschung ist, ehe Sie eine Theorie von mir erwarten dürfen.’
,Verdammter Kerl, so ein Professor!’ knurrte der Teufel. Ich tat, als hätte ich nichts gehört.
,Aber’, fing er wieder an, ‚daß wir überhaupt mit zehnfacher Lichtgeschwindigkeit fahren, die ich jetzt wieder hergestellt habe, das ist doch ein rein technisches Problem, das müssen Sie lösen. Wenn Sie das nicht können, geb’ ich mir gar nicht erst so viel Mühe mit Ihnen. Ich mache bloß diese Klappe auf, dann fallen Sie heraus, und die Sternschnuppe ist fertig.’
Die Sache wurde fatal. Ich dachte nach. So habe ich noch nie nachgedacht und will’s auch nicht wieder tun. Glücklicherweise bin ich Philosoph. Ich sagte mir: ich muß die Sache ganz abstrakt fassen. Der Teufel konnte mir noch viele Fragen stellen, um mich hineinzulegen. Ich mußte den Teufel selbst erklären! Der Teufel brüllte mich an, er dachte offenbar, er hätte mich schon.
,Wird’s bald?’ schrie er.
,Wissen Sie’, sagte ich, ‚es gibt zwei Erklärungen. Eine psychologische und eine metaphysische. Nach der psychologischen sind Sie weiter nichts als mein Traumgebilde, eine Phantasie überhaupt, eine Menschheitsphantasie.’
Der Teufel machte eine Bewegung, als wollte er die Klappe öffnen und mich in den Weltraum fallen lassen.
,Das nutzt Ihnen gar nichts’, sagte ich schnell, ‚damit können Sie nichts beweisen. Denn wenn Sie nur eine Phantasie sind, so würde auch mein Fall nur Phantasie sein, und ich würde doch an meinem Schreibtisch, oder wo ich sonst eingeschlafen bin, wieder ganz munter erwachen.’
,Sie wachen!’ brüllte er wieder.
,Ich glaube es auch’, sagte ich. ‚Denn wenn sich diese Geschichte nur als Traum entpuppte und nicht jetzt wirklich von mir erlebt würde, so wäre sie ziemlich abgedroschen. Dieses Traummotiv habe ich schon zu oft verwertet.’
,Nun also!’
,Also die metaphysische Erklärung. Da gibt es wieder zwei Erklärungen. Die eine ist naturphilosophisch-kosmologisch, die andere ist mehr ethisch-noologisch.’
,Herr, Sie können einen rasend machen! Ich will nicht immer zwei Erklärungen, ich will die richtige.’
,In Ihrer Frage, wie Sie das machen, so schnell zu fahren, liegen aber zwei Probleme. Ich kann fragen: Woher kommt es, daß Sie über diese Energiemenge verfügen, die Sie zu der Geschwindigkeit brauchen; und ich kann fragen: Woher kommen Sie selbst?’
Der Teufel sah mich mit einem Gesichte an, daß ich mich schämte, so dumm-erstaunt aussehen zu können.
,Sie haben doch überhaupt nicht zu fragen’, polterte er dann, ‚sondern ich.’
,Aber eine Frage erlauben Sie mir noch’, sagte ich sehr höflich. ‚Es ist nur, damit ich bei meiner Erklärung nicht erst überflüssige Auseinandersetzungen mache.’
,Na’, sagte er etwas milder, ‚das will ich noch gelten lassen. Ich will sie sogar beantworten. Aber das ist die letzte Frage, sonst
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