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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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Haileys Herz erstarren.
    »Mat?«
    Der Kontrolleur steht mit zerzausten Haaren vor ihr und blickt schuldbewusst drein. Links und rechts wird er von den beiden Wächtern flankiert, die Hailey in die Klinik gebracht haben.
    »Er ist hier, um mich zu retten« , schießt es Hailey durch den Kopf und eine Träne der Freude läuft über ihre Wange. Sie darf zurück zu Macy.
    »Schon in Ordnung, komm mit mir.«
    Tröstend legt er ihr eine Hand auf die Schulter und führt sie die leeren Klinikgänge entlang. Hailey bemerkt den Desinfektionsmittelgeruch und das helle Weiß nur am Rand. Auch die abgedeckte Bahre, die eine junge Krankenschwester an ihr vorbeischiebt und den kalten Körper unter dem weißen Stofftuch sieht sie nicht. In ihrem Gehirn formen sich zwei Worte, die sie immer wieder wie ein Mantra wiederholt.
    Nach Hause.
    Alles andere ist vergessen und ohne Bedeutung. Caleb und Kira stammen aus einem Albtraum. Genau. Endlich hat Hailey es geschafft zu träumen und deshalb darf sie nach Hause.
    Als Mat eine Tür öffnet stürmt Hailey in freudiger Erwartung hinein. Der Schock trifft sie tief und reißt sie aus ihrer Trance. Ein Untersuchungsraum.
    Wände und Boden sind weiß gekachelt. Die obere Hälfte der hinteren Mauer besteht aus einem Spiegel vom dem Hailey vermutet, dass hinter ihm andere Regierungsanhänger stehen. In der Mitte des Zimmers befindet sich eine metallene Liege, die mit einem weißen Papiertuch abgedeckt ist. Daneben ist ein niedriger Tisch mit merkwürdigen Gerätschaften platziert. In einer Ecke piepst ein Monitor unaufhaltsam eine monotone Melodie und von der Decke über der Liege hängen mehrere Schläuche und Drähte.
    »Niemals.«
    Das Wort dringt aus weiter Ferne an Haileys Ohren, auch wenn sie registriert, dass sie selbst es gesagt hat.
    »Mat, das kannst du mir nicht antun!«
    Ihre Schreie klingen in ihren Ohren unnatürlich dumpf. Sie fühlt sich, als würde ihr Kopf in eine Wanne eiskalten Wassers getaucht. Wie damals, als einer der größeren Jungs sie während des Schwimmunterrichts ins Becken schubste, weil er nicht wusste, dass sie nicht schwimmen konnte. Vielleicht wusste er es doch. Damals hatte Hailey die Schreie der anderen Kinder nur erstickt wahrgenommen, bis ein Aufseher sie aus dem Wasser gefischt hatte.
    Genauso hört sich ihre eigene Stimme jetzt an. Das Blut rauscht in ihren Ohren und ihr Blickfeld verengt sich. Panisch schnappt sie nach Luft und ihre Hände suchen nach Halt.
    »Tief durchatmen. Das ist eine Panikattacke. Gleich ist es vorbei.«
    Mats eindringliche Stimme an ihrem Ohr. Sein Aftershave-Geruch in ihrer Nase. Haileys Magen rebelliert und sie kann sich gerade so zusammenreißen, um sich nicht zu übergeben. » Nicht hier, nicht jetzt «, ermahnt sie sich, » nicht vor ihnen. «
    »Ein. Aus.«
    Mat gibt ihr einen Atemrhythmus vor, dem sie zu folgen versucht. Schließlich lösen sich die eisernen Fesseln, die ihre inneren Organe fast zerdrückt haben und Hailey kann wieder aufrecht stehen. Energisch entzieht sie den beiden Wächtern, die sie gerade noch gestützt haben, ihren Arm.
    Mit bebenden Gliedern und hocherhobenem Kopf begegnet sie Mats Blick.
    »Du wirst mich nicht untersuchen.«
    »Ich muss. Vorschrift. Du bist schon viel zu lange hier und eigentlich muss die Untersuchung direkt nach der Einlieferung erfolgen. Ich konnte die Klinikführung aber davon überzeugen, dass ich die Untersuchung bei dir vornehme.«
    »Erwarte bloß kein Danke«, faucht Hailey und verschränkt die Arme vor der Brust. »Du hast mich hier eingeliefert.«
    »Es ist meine Pflicht als Kontrolleur, Auffälligkeiten sofort der zuständigen Behörde mitzuteilen.«
    Bei dem Wort sofort wirft er Hailey einen flehenden Blick zu. Sie nickt leicht, um ihm zu zeigen, dass sie es verstanden hat. Mat hat der Regierung nicht ihre wahre Geschichte erzählt.
    »Also. Seit zwei Monaten kein Traum, richtig?«
    Zwei Monate. Ein Zeitraum, der zwar als bedenklich, aber nicht als bedrohlich eingestuft wird. Eine Grippe kann beispielsweise solch eine Traumpause auslösen.
    Hailey nickt und ihre Lippen verengen sich zu einem schmalen Strich, als ihr klar wird, dass Mat seinen eigenen Arsch retten will. Dennoch verschaffen seine Lügen ihr einen eindeutigen Vorteil und deshalb wird sie ihn nicht verraten. Und er weiß das. Wenn herauskommt, dass er jahrelang eine Traumlose gedeckt und ihr geholfen hat, verliert er mehr als nur seinen Job. Falls jemand erfahren sollte, dass Hailey sich so lange versteckt

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