Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
hat, wird sie schneller zu den Gegangenen gehören, als ihr lieb ist.
So gerne sie ihn auch ans Messer liefern würde, so sehr braucht sie seine Lügen, um nicht selbst ins Lauffeuer zu geraten.
»Ich möchte lediglich ein paar Tests mit dir machen, dann darfst du wieder gehen.«
Widerwillig nickt Hailey.
»Sehr gut. Lege dich bitte auf die Trage. Zu deiner eigenen Sicherheit werde ich deine Arme und Beine mit Gurten befestigen.«
»Zu meiner Sicherheit?«, echot Hailey und hält mitten in ihrer Bewegung inne. Die Trage ist unangenehm hart und Hailey würde am liebsten wieder aufspringen, doch sie bleibt sitzen.
»Niemals, Mat. Niemals.«
Hailey hört, wie einer der beiden Wächter geräuschvoll seine Fingerknöchel knacken lässt. Vermutlich soll das eine Drohung sein, doch Hailey ignoriert es geflissentlich.
»Nein. Ich lasse mich in dieser Klinik nicht festbinden.«
Matt seufzt und versucht, Augenkontakt herzustellen. Hailey weicht ihm konsequent aus.
»Hör mir zu. Ich werde dir ein Mittel geben, welches dich betäubt. Damit du während der Prozedur nicht von der Trage rutschen kannst, würde ich dich gerne befestigen.«
»Niemals«, wiederholt Hailey und steht auf.
»Wir wissen beide, dass du am Ende dieses Gesprächs festgebunden auf der Trage landen wirst. Die Frage ist nur, ob du dich freiwillig hinlegst oder ob ich meine Begleiter um Hilfe bitten soll.«
Zähneknirschend legt sich Hailey auf die Trage.
»Du wirst mir nicht weh tun, oder?«
»Nicht, wenn ich nicht muss.«
Bevor Hailey etwas entgegnen kann, haben die beiden Wächter schon Arme und Beine festgezurrt. Mat nimmt eine Spritze von dem Metallgestell und hält sie prüfend gegen das Licht.
»Ich werde dich jetzt betäuben.«
Hailey spürt den Einstich und schon kurze Zeit später vernebeln sich ihre Sinne. Zuerst bemerkt sie ein unangenehmes Ziepen in der Magengegend, danach engt sich ihr Sichtfeld ein.
»Hörst du mich, Hailey?«
Sie möchte antworten, aber ihre Zunge ist schwer wie Blei.
»Gut, dann können wir beginnen.«
Schwärze.
Ihr Kopf schmerzt als würde ihn jemand mit einem Hammer bearbeiten. Stöhnend wälzt Hailey sich herum und zieht die Decke enger um ihren Körper. Der Stoff ist rau und ungewohnt auf ihrer Haut.
Sie öffnet vorsichtig die Augen und presst sofort die Lider wieder zusammen. Das helle Neonlicht verstärkt den Kopfschmerz.
»Ich glaube, sie ist wach.«
Ein Rascheln, Schritte.
»Hailey?«
Ihrem ersten Impuls folgend, stellt sie sich weiterhin schlafend.
»Vielleicht träumt sie?«
»Nein, die Monitore zeigen nichts Derartiges an.«
Schritte. Schmerz. Ein monotones Piepsen.
»Merkwürdig.«
Ein zustimmendes Brummen.
»Dosis erhöhen?«
»Noch nicht.«
Haileys Körper kribbelt unangenehm, ihre Augen fühlen sich ausgetrocknet an und jucken.
»Sie sollten schlafen gehen, es ist spät. Ich werde ein Auge auf die Patientin haben.«
»Aber ...«
»Keine Widerrede. Das ist schon in Ordnung. Ich begleite sie immerhin schon ihr ganzes Leben lang. Lassen Sie das meine Sorge sein.«
Erneut Schritte. Dann Stille. Vorsichtig blinzelt Hailey. Ihre Augen schmerzen nicht mehr so extrem wie vor einigen Minuten, trotzdem ist ihr das Licht unangenehm.
»Ich wusste doch, dass du wach bist.«
Mat beugt sich über sie und lächelt verschmitzt. In seinen dicken Brillengläsern sieht Hailey verschwommen ihr eigenes Spiegelbild.
»Was ... ist passiert?«
Ihre Stimme klingt rau und ihr Hals fühlt sich an, als wäre er malträtiert worden.
»Wasser?«
Dankbar nickt Hailey. Der Kontrolleur bringt ihr ein Glas und sie setzt sich schwerfällig auf, um es in Empfang zu nehmen.
»Danke«, krächzt sie und trinkt es in wenigen Schlücken leer. »Was ist mit mir passiert?«, wiederholt Hailey ihre Frage und fixiert Mat eindringlich. Dieser weicht ihrem Blick aus und überprüft einen der Schläuche, der in Haileys Handgelenk mündet.
»Nur die übliche Routineuntersuchung.«
Hailey glaubt ihm nicht, aber sie ist zu müde, um weiter zu diskutieren. Erschöpft lässt sie sich auf das dünne Kissen sinken und schließt die Augen.
Ungeduldig wartet Macy auf Jules Anruf. Er hat ihr versprochen, sich zu melden, sobald er in der Klinik angekommen ist. Vor mehr als zwei Stunden ist er los gefahren und noch immer hat sie kein Lebenszeichen von ihm erhalten.
»Wo steckst du nur?«, murmelt sie und klopft ungeduldig auf den Tisch.
Die Lehrerin wirft ihr einen warnenden Blick zu und Macy senkt scheinbar demütig den
Weitere Kostenlose Bücher