Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
drückt Hailey die Beute in die Hand.
»Und jetzt lass uns von hier verschwinden, bevor noch mehr auftauchen.«
Sie richtet sich wieder auf und Hailey sieht sie herausfordernd an. Auch wenn sie es niemals zugeben wird, hat Hailey während ihrer Verfolgungsjagd die Orientierung verloren. Wissend zucken Kiras Mundwinkel kurz nach oben, dann geht sie voraus. Zielsicher bahnt sie sich einen Weg durch das dunkle Labyrinth der verlassenen Gebäude.
»Wie hat er uns nur gefunden?«, flüstert Hailey.
»Keine Ahnung.« Kira bleibt stehen und nimmt Hailey eine Flasche aus der Hand. Geschickt schraubt sie den Deckel ab, kippt sich etwas Flüssigkeit in die Hand, klemmt den Behälter zwischen ihre Beine, die Verschlusskappe zwischen ihren Zähnen, und schrubbt das getrocknete Blut von ihrer Haut. Anschließend verschließt sie die Flasche wieder fest und geht weiter.
»Aber wir sollten Caleb wirklich nichts davon erzählen. Nicht mehr heute.«
»Was ist, wenn mehr von ihnen kommen?«
Hailey kann nicht verhindern, dass ihre Stimme ängstlich klingt. Statt der erwarteten Überheblichkeit zuckt Kira mit den Schultern und sieht besorgt in den Nachthimmel.
»Wenn mehr von ihnen kommen, haben wir ein echtes Problem. Ich weiß jetzt schon nicht, wie sie uns gefunden haben. Vielleicht wurde Jules Auto verfolgt, wer weiß. Oder sie haben uns Peilsender verpasst.«
Diese Vermutung überrascht Hailey, aber Kira wirkt nicht panisch, sondern nur besorgt. Scheinbar hat sie sich mit diesem Gedanken schon vor langer Zeit beschäftigt.
Unbewusst fährt Hailey sich mit ihren Fingern der freien Hand über die Haut als könnte sie so einen Sender ertasten. Ihr lächerliches Verhalten bemerkend schüttelt sie den Kopf über sich selbst. So ein Sender wäre viel zu klein um ihn zu fühlen.
»Aber wenn wir so einen Sender haben, dann ...«
»Können wir nicht fliehen«, bestätigt Kira und öffnet die Tür zu ihrer Unterkunft, die sie inzwischen erreicht haben. Mit zittrigen Knien erklimmt Hailey die Stufen.
»Hailey? Kira?«, ruft Caleb nervös.
»Ja, wir sind es«, beruhigt Kira ihn und grinst Hailey an, als wolle sie sagen: »Ist er nicht süß?«
Hailey erwidert ihr Lächeln und betritt den Raum. Caleb liegt entkräftet auf dem Boden und hebt angestrengt den Kopf. Nervös stellt Hailey ihre Ausbeute vor ihn auf den Boden und berührt seine Stirn. Sie ist wärmer als sie sollte.
»Er hat Fieber«, klärt sie Kira auf und greift nach der ungeöffneten Wasserflasche. »Hier, trink das.«
Vorsichtig legt sie ihre Hand unter Calebs Kopf und stützt ihn so ab, während sie ihm die Flasche an die Lippen setzt. Gierig trinkt er, bis er hustet und Hailey erschrocken den Behälter wegnimmt.
»Alles in Ordnung.«
Caleb nickt und Hailey lässt seinen Kopf wieder sinken. Dann nimmt sie selbst einen großen Schluck Wasser. Wegen der Aufregung hat sie gar nicht bemerkt, wie durstig sie war. Als das kühle Nass ihre Kehle hinunterläuft, brummt ihr Magen laut auf.
»Hunger?«, lächelnd hält Kira ihr die geöffnete Packung Kräcker entgegen. Dankbar nimmt Hailey sie und steckt sich einen der salzigen Kekse in den Mund. Er schmeckt nicht sonderlich gut, aber er ist besser als nichts.
»Ich mache lieber die Taschenlampen aus, um die Batterien zu schonen. Wer weiß, wann wir sie wirklich brauchen.«
Hailey nickt zustimmend und kurze Zeit später umhüllt sie tiefe Finsternis. Es dauert einige Augenblicke bis ihre Augen sich soweit daran gewöhnt haben, dass sie sich einen weiteren Kräcker genehmigt.
»Bekomme ich auch etwas?«, fragt Caleb mit belegter und brüchiger Stimme.
»Natürlich.«
Sofort legt Hailey die Tüte zur Seite und greift nach dem belegten Brot. Ein Salatblatt und Tomaten stecken zwischen den Vollkornscheiben. Sie wickelt es aus der Frischhaltefolie und hält es Caleb hin. Mühsam hebt er den Arm und lässt ihn gleich darauf mit einem schmerzvollen Stöhnen wieder sinken.
»Warte, ich helfe dir.«
Hailey legt das Brot beiseite und hilft Caleb dabei, sich hinzusetzen. Kaum sitzt er aufrecht, fällt auch schon wieder zurück.
»Ich kann nicht«, murmelt er dumpf. »Mein Körper brennt.«
Hilflos sieht Hailey ihn an. Sie weiß nicht, wie sie ihm helfen soll. Schließlich reißt sie das Brot in kleine Stücke und legt diese auf der Folie neben Caleb ab.
Vorsichtig rutscht sie hinter Caleb, hebt seinen Kopf an und bettet ihn auf ihre Beine. Stück für Stück füttert sie Caleb mit dem zerrissenen Brot. Noch nie hat
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