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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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Handlungen Hailey mehr überraschen kann. Sie scheint einen komplett anderen Menschen vor sich zu haben als die Mutter, welche ihr immer alles verboten und dafür gesorgt hat, dass Hailey sich wie eine Aussätzige vorgekommen ist.
    Die knisternde Tüte in Eleonores Hand erinnert Hailey bei jedem Schritt daran, dass ihre Mutter tatsächlich an sie gedacht und gehofft hat, sie wiederzusehen. Ein merkwürdiger Gedanke.
    »Wieso?«
    Obwohl Hailey flüstert, hallt ihre Stimme in dem leeren Treppenhaus laut wider.
    »Wieso was?«, fragt Eleonore ohne Hailey anzublicken.
    »Wieso hast du mir nicht die Wahrheit über Papa erzählt? Wieso hast du mich überhaupt gehen lassen? Wieso hilfst du mir jetzt?«
    Eleonore antwortet nicht. Stattdessen fixiert sie die Metallgitter der Treppenstufen. Sie erreichen die Tür zur Tiefgarage schweigend. In das unterste Stockwerk des Hauses dringt kein Tageslicht. Nackte Glühbirnen beleuchten das Treppenhaus, da die Architekten nicht damit gerechnet haben, dass jemand diesen Zugang nutzt, wenn das Gebäude nicht in Flammen steht. Die Wände sind grau, schmutzig und unverputzt. Hailey war noch nie zuvor hier unten. Angewidert rümpft sie die Nase.
    »So sieht es also unter dem Glanz aus.«
    »Ähnlich wie bei der Regierung«, erwidert Eleonore traurig lächelnd. Diese Worte aus dem Mund ihrer Mutter zu hören, die in Haileys Augen stets die Regierung unterstützte, ist ungewohnt und zugleich ein Zeichen dafür, dass Eleonore sich verändert hat. Endlich zeigt sie, wie sie sich wirklich fühlt. Eleonore drückt die schwere Metalltür auf und tritt in die Tiefgarage. Sie ist dunkel und strahlt doch eine Erhabenheit aus, die Hailey schaudern lässt. In die Decke sind unzählige Lämpchen eingelassen, die wie Sterne glitzern und so ein angenehmes Licht spenden.
    Die Umrisse der Fahrzeuge heben sich bedrohlich dunkel vom Rest der Finsternis ab. Eleonore zückt ihren Schlüssel und drückt einen kleinen Knopf. Einer der Wagen leuchtet mit einem merkwürdigen Geräusch auf.
    Zögerlich geht Hailey auf ihn zu. Bisher ist sie noch nie mit ihrer Mutter gemeinsam in einem Auto gefahren. Ihre Mutter ging alleine einkaufen, sie unternahmen nie etwas gemeinsam und Hailey lief zu Fuß zur Schule. Jetzt, da sie mit dem mitternachtsschwarzen Wagen ihrer Mutter konfrontiert wird, rückt die Distanz, die ihr ganzes Leben lang zwischen ihr und Eleonore herrschte, in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit.
    Sie hat sich stets eine liebende Mutter gewünscht und jetzt, da Eleonore mit glänzenden Augen und einer Tüte voller Klamotten vor ihr steht, scheint mit einem Schlag alles falsch und verräterisch zu sein.
    »Kann ich dir vertrauen?«
    Die Worte treffen Eleonore unerwartet. Sie gerät ins Stocken und dreht sich zu ihrer Tochter um. Hailey weiß nicht, weshalb die Umgebung mit einem Schlag feindselig und bedrohlich erscheint.
    »Wieso fragst du das?«
    »Du hast meine Fragen nicht beantwortet.«
    »Was meinst du?«
    Nervös nestelt Eleonore an der Tüte herum. Sie knistert unnatürlich laut in der Dunkelheit.
    »Wieso hast du mir nicht die Wahrheit über Papa erzählt?«, beginnt Hailey und nagelt mit ihrem Blick Eleonore förmlich fest. Ihre Mutter windet sich unsicher.
    »Das habe ich doch schon gesagt. Ich hatte solche Angst, dass du ebenfalls auf die schiefe Bahn gerätst und ich dich verliere.«
    Hailey kneift die Augen zusammen.
    »Und das soll ich dir glauben?«
    »Es ist die Wahrheit! Jetzt komm!«, erwidert Eleonore unwirsch und stürmt zum Auto. Sie reißt eine Tür auf und schmeißt die Tüte auf den Hintersitz.
    »Weshalb hast du die Wächter nicht aufgehalten, als sie mich geholt haben?«, beharrt Hailey und bewegt sich keinen Millimeter. Händeringend steht Eleonore neben der geöffneten Fahrertür.
    »Hailey steige bitte endlich in den Wagen!«
    Demonstrativ verschränkt Hailey die Arme vor der Brust und schiebt ihre Hüfte ein Stück nach außen. Ihr Fuß tippt einen gleichmäßigen Takt auf dem ebenen Boden.
    »Bitte.«
    Ihr Flehen wird drängender und Hailey reißt hilflos die Hände in die Luft.
    »Mama, rede doch endlich mit mir!«
    »Steig zuerst in das Auto!«
    Die beiden Frauen stehen sich gegenüber. Ihre Augen funkeln gefährlich und keine der beiden scheint nachgeben zu wollen. Hailey möchte endlich die Wahrheit erfahren. Aus welchem Grund hat ihre Mutter sie damals nicht beschützt? Warum tut sie es jetzt? Wieso hat sie im Bezug auf ihren Vater gelogen?
    So viele Fragen, ohne deren

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