Traummann auf Raten
Joanna plötzlich wie zugeschnürt.
„All deine Habseligkeiten. Ich schätze, er will dir keinen Grund geben, noch einmal hier aufzutauchen.“ Cynthia lachte erneut. „Also beherzige meinen Rat, und halte dich von nun an fern.“
„Ich muss mir endlich ein eigenes Heim schaffen“, verkündete Joanna nachdrücklich.
Sylvia seufzte. „Du bist erst eine Woche bei uns und siehst immer noch blass aus. Vergiss nicht den verspäteten Schock, den du am Tag deiner Ankunft erlitten hast.“
Joanna erinnerte sich reumütig daran, dass Sylvia sie nach dem Telefonat schluchzend auf dem Sofa liegend vorgefunden hatte. In ihrem Kummer war ihr keine bessere Ausrede eingefallen, als alles auf den Unfall zu schieben.
Sie weinte noch immer viel, aber nur nachts im Bett. Tagsüber zeigte sie sich tapfer. Anfangs war sie jedes Mal zusammengezuckt, wenn das Telefon klingelte. Sie hatte gehofft, Gabriel wäre am Apparat, um ihr alles zu erklären oder sich zumindest zu entschuldigen. Inzwischen hatte sie sich damit abgefunden, dass sie ihn für immer verloren hatte.
Am Morgen war ein Brief von Henry Fortescue eingetroffen. Der Anwalt teilte ihr mit, dass die Dokumente über die finanzielle Regelung mit Gabriel zur Unterschrift vorlägen. Sie rief ihn sofort an, um einen Termin zu vereinbaren.
„Nicht morgen Vormittag“, lehnte er freundlich ab, als sie eine Uhrzeit vorschlug. „Da bin ich wegen der Verhandlungen mit Furnival im Manor.“ Er zögerte. „Sie sind sicher darüber informiert, nicht wahr?“
„Ja.“
„Nach dem Lunch bin ich frei. Sagen wir, um drei in meinem Büro?“
Joanna willigte ein und legte auf. Dies war also das letzte Kapitel in der Geschichte von Westroe Manor. Cynthia hatte auf der ganzen Linie gesiegt.
Bevor Joanna am nächsten Tag zur Anwaltskanzlei fuhr, machte sie noch einen kurzen Abstecher zum Hügel. Sie parkte ihren Wagen auf einer kleinen Lichtung und legte die letzte Meile bis zum Gipfel zu Fuß zurück.
Ein letzter Blick aufs Haus, schwor sie sich. Und zudem völlig ungefährlich, denn im Manor sind alle mit der Besprechung beschäftigt.
Es war ein milder, sonniger Tag. Sie knöpfte ihren Mantel auf, als sie sich gegen die Felsen lehnte.
„Joanna.“
Einen Moment lang glaubte sie zu träumen. Langsam drehte sie sich um und sah Gabriel wenige Meter entfernt stehen. Er hatte die Hände in die Jackentaschen geschoben, der Wind zerzauste ihm das Haar.
„Was suchst du hier?“ fragte sie erschrocken.
„Dich.“
„Du wusstest doch gar nicht, dass ich hier bin“, protestierte sie. „Ich habe niemandem davon erzählt.“
„Eine innere Stimme hat es mir verraten“, erwiderte er ruhig.
„Entschuldige“, bat sie errötend. „Ich wollte nicht stören. Solltest du jetzt nicht in einer Besprechung sein?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe sie abgesagt.“ „Warum?“
„Weil ich erkannt habe, dass ich noch nicht bereit bin loszulassen. Nicht, solange noch die geringste Chance besteht, dass das Leben, das ich mir erträume, Wirklichkeit wird. Doch das hängt von der Frau ab, die ich liebe.“
„Hast du nicht mit ihr darüber gesprochen?“
„Nein. Die Kommunikation zwischen uns ist zusammengebrochen.“
Mit anderen Worten, Cynthia wollte nichts davon hören, dachte sie traurig. „Dann musst du dir wohl einen anderen Traum suchen“, schlug Joanna mitfühlend vor.
„Das ist nicht so leicht. Ich habe ihn zu lange mit mir herumgetragen. Ihn in bitteren Zeiten gehegt. Mich an ihn geklammert, wenn es keine Hoffnung mehr zu geben schien. Nein, ich werde ihn nicht aufgeben.“
„Rede mit ihr“, drängte sie. „Sag ihr, was du empfindest.“ „Ich habe Angst, Joanna. Angst, wieder alles zu verderben.
Ich dachte, ich könnte sie gehen lassen – ich habe mich geirrt. Ohne sie ist es kein Leben für mich.“
„Sei still! Ich ertrage es nicht.“ Sie kämpfte mit den Tränen. „Ich hätte nicht herkommen dürfen.“
„Du bist aus dem gleichen Grund hier wie ich. Weil du dich nicht fern halten konntest. Weil du mich finden wolltest. Wohin immer du gehst, ich werde dir folgen. Was immer du tust, ich werde dabei sein. Denn ohne dich bin ich unvollständig.“ Seine markanten Züge wirkten plötzlich unendlich verwundbar. „Ich habe mich bemüht, die richtige Entscheidung zu treffen. Ich wollte dir die Freiheit schenken, die du nie hattest. Deshalb habe ich Lionels Testament ausgehebelt. Er hat sich so sehr gewünscht, dass wir wieder zueinander finden. Er dachte,
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