Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
wie es sich einer Frau meines Alters gegenüber gebührte, jedoch bestimmt. Meine Kopfschmerzen am nächsten Morgen waren sehr real, und ich versuchte tapfer, meine Arbeit zu versehen. Leonore schüttelte einzig ihr weises Haupt und schien ein klein wenig verzweifelt. Wie sich herausstellte allerdings nicht wegen mir, sondern wegen Onkel Archibalds Oper.
In der kommenden Woche sollte ich mich wohl beim Arbeitsamt anmelden, um wenigstens übergangsweise eine Art Unterstützung zu erhalten. Hoffentlich war es dafür noch nicht zu spät. Ich schieb bürokratischen Kram wie die Steuererklärung schließlich auch sehr gerne hinaus.
In meiner Wohnung sah es seit Tagen wie bei Hempels hinterm Sofa aus. Unbewusst wollte ich mich an den Zustand der frustrierten Hausfrau wohl schon einmal gewöhnen, denn dies würde ich auf jeden Fall werden, wenn sich nicht bald ein Zimmerchen öffnen würde. Sergej und Felix, meine Nachbarn, kochten für mich, und Sergej nahm mich dann sogar zu einer Lesung russischer Immigranten mit. Meine Aufmerksamkeit richtete sich jedoch gegen Null, und vor mir leuchtete mein letzter Arbeitstag.
4. Kapitel - Frondienste?
Doch wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.
Ich kaufte für meine Exchefin Leonore einen großen Blumenstrauß, konnte ich mir leisten, da mein Gehaltsscheck stets pünktlich auf meinem Konto Einzahlung fand. An meinem letzten Arbeitstag kochte ich einen besonders guten Kaffee, mit einem Hauch von Vanille und Kakao. Statt Keksen hatte ich Kuchen vom Bäcker geholt und ansehnlich auf einem Tablett angerichtet.
Dann kam Tante Leonore und strahlte wie ein kleiner Sonnenschein. Ihre Augen leuchteten und ich erkannte in ihr das Kind aus dem Fotoalbum meiner Mutter. Als Mädchen muss sie in ihrem Wesen sehr verschmitzt gewesen sein.
Wie erwähnt, als Mädchen.
Wir frühstückten und ich wurde das Gefühl nicht los, Tante gedachte mir etwas zu sagen. Ja, und so war es auch.
„Meine Antonia“, begann sie mich zu unterrichten, „ich habe eine Beschäftigung für dich, die auch noch bezahlt wird und die mir faktisch in den Schoß fiel. Na ja, ich fing sie für dich auf.“ Sie grinste.
„Eigentlich bist du dafür zu alt, dafür hätte er auch ein jüngeres Mädchen (Hä?) anstellen können, wäre billiger gekommen, doch habe ich ihn überreden können und einen der Arbeit angemessenen Lohn herausgeschlagen. In wenigen Tagen kannst du anfangen. Weißt du, er ist des Suchens müde. Deine Vorgänger haben versagt oder entnervt aufgegeben. Aber dich, mein Mädchen, dich hab ich in höchsten Tönen gelobt und da er nimmt, was er kriegen kann, hast du den Job. Musst nur durchhalten. Zirka sechs Stunden täglich, plus minus...aber mit einem Festgehalt. Probezeit ja, aber das schaffst du.“
Tante lächelte noch immer. Doch redete sie nicht weiter, auch wenn ich sie fragend anguckte in der Hoffnung, sie würde mir sagen, was ich denn zu tun hätte, wofür mein geistiges Potential ausreichend wäre und was denn all meine versagt habenden Vorgängerinnen so abgeschreckt hätte. Ein alter lüsterner Greis, der jungen Dingern in den Po zwickt?
„Was wäre denn mein Betätigungsfeld?“, fragte ich und Tante teilte mir mit:
„Kindermädchen, na, sagen wir Tagesmutter, bei (und nun rate Welt da draußen): Rasmus Brügge.“ Kindermädchen für Rasmus Brügge?
Wer war das doch gleich? Ach ja, der Herr mit dem grimmigen Gesicht und dem cholerischen Gemüt, der Mann mit dem Achttagebart, der kräftigen Gestalt und dem grauer werdenden Haar, das unsympathische Geschöpf mit..., meine Güte, mit einem Freund namens Christoph, mit einem Weggefährten von der Ausstrahlung eines Adonis, mit meinem Traummann von Herzen verbunden.
Ich wäre das dümmste Geschöpf der Welt gewesen, hätte ich diese Tätigkeit abgelehnt. Man soll nehmen, was kommt. Vielleicht würde ich ja den netten Christoph wieder sehen und er mich dann sogar bemerken. So unauffällig war ich schließlich auch nicht. Außerdem war mir alles recht, sogar Rasmus Brügge könnte ich ertragen, ihn beaufsichtigen...Moment mal:
„Tantchen, ich soll Babysitter spielen, eine Art Gouvernante? Für wen denn?“
„Na für das Kind von Herrn Brügge, mein Herz“, lächelte mich meine Tante an.
„Hat der gute Mann keine Frau, oder ist die Dame so gebeutelt vom Shoppingstress, dass sie weder einen Kindergarten noch sich selber als Aufsichtsperson in Betracht ziehen könnte?“
„Ich weiß
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