Traummann mit falschen Absichten? (SANDRINE) (German Edition)
keinem Mann nachlaufen! Aber da griffen ihre Hände bereits nach dem praktischen Wickelkleid, das auf dem Sessel neben dem Bett lag, und ihre Füße tasteten nach den Schuhen. Sie kam einfach nicht dagegen an. Etwas zog sie mit aller Macht zu Rogers Hütte, auch wenn es noch so verrückt war, um diese Zeit noch zu ihm zu gehen.
Auf leisen Sohlen verließ Vicky ihr Zimmer und schlüpfte durch die Hintertür aus dem Haus.
Es war eine wundervolle Nacht. Die Sterne funkelten am Himmel, die tiefen Wälder mit ihren geheimnisvollen Geräuschen verströmten einen würzigen Duft, und vom See her wehte eine leichte Brise. Jemand im Camp spielte noch auf der Gitarre.
Vicky ging am Stall vorbei und schlug den Weg zur Pferdekoppel ein, von wo aus ein schmaler Pfad zum See hinunterführte. So konnte sie zu Rogers Hütte gelangen, ohne durch das ganze Camp laufen zu müssen und von jemandem gesehen zu werden.
Der Mond stand hell über der Scheune und leuchtete Vicky den Weg. Als sie durch das kurze Waldstück lief, das zwischen der Weide und dem See lag, löste sich plötzlich eine dunkle Gestalt aus dem Schatten der Bäume. Vickys Herzschlag setzte für Sekunden aus.
Ein Bär!
Mit einem erstickten Aufschrei wich sie zurück. Ruhe bewahren!, mahnte sie sich. Nur nicht in Panik ausbrechen. Langsam den Rückzug antreten. Doch dann hörte sie zu ihrer Erleichterung eine vertraute Stimme. Sie klang warm und dunkel, und sie war voller Verheißung.
„Hallo, Vicky. Ich wusste, dass du kommen würdest.«
Roger trat auf sie zu und zog sie zu sich her. In der Dunkelheit konnte sie sein Gesicht nicht genau erkennen, doch trotzdem glaubte sie, ein verlangendes Aufblitzen in seinen dunklen Augen zu erkennen.
Die Selbstverständlichkeit, mit der er annahm, dass sie auf der Suche nach ihm gewesen war, ärgerte sie plötzlich maßlos, auch wenn es die Wahrheit war. Mit einem heftigen Ruck machte sie sich von ihm frei.
„Du bist tatsächlich ganz schön eingebildet, Roger Falkiner“, warf sie ihm vor. „Ich mache meinen Rundgang wie jeden Abend, weiter nichts.“
„Rundgang?“, wiederholte er in einem Ton, der deutlich machte, dass er ihr kein Wort glaubte.
„Rundgang, jawohl“, bekräftigte Vicky. Jetzt würde sie erst recht nicht mehr zugeben, dass sie gerade auf dem Weg zu seiner Hütte gewesen war. „Ich mache jeden Abend einen Rundgang durch das Camp, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.“
„So ganz im Dunkeln und ohne Taschenlampe?“
„Ja, so ganz im Dunkeln und ohne Taschenlampe, wenn du nichts dagegen hast!“ Vicky wich einen Schritt zurück und stolperte dabei über eine Wurzel. Der Fuß tat höllisch weh, doch sie dachte nicht daran, sich eine Blöße zu geben und die schmerzende Stelle zu reiben. Jetzt verwünschte sie ihre Schnapsidee, noch einmal aus dem Haus gegangen zu sein. Musste sie sich denn unbedingt zur Närrin machen?
Roger hatte sie am Arm gefasst und sie vor einem Sturz bewahrt. Seine Nähe zu spüren, ließ ihre Knie weich werden. Willenlos ließ sie sich von ihm in die Arme ziehen.
„Vicky, bitte, warum machen wir uns etwas vor? Wir wissen doch beide, wie es um uns steht“, sagte er rau und ließ seine Lippen spielerisch über ihr Haar gleiten, das noch feucht vom Duschen war. „Lass uns zu meiner Hütte gehen, nur wir beide, du und ich.“
Wie in Trance nickte Vicky und ließ es zu, dass er sie küsste. Obwohl genau das geschehen würde, wonach sie sich gesehnt hatte, wünschte sie, Roger nicht getroffen zu haben. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste sie nicht, was falsch und was richtig war. Ihr Verstand warnte sie davor, mit Roger zu gehen, doch ihr Körper sprach eine eigene Sprache, als Roger sie bei der Hand nahm und zum See hinunterführte.
7.
Wenig später stieß Roger die Tür zu seiner Hütte auf und ließ Vicky mit einer einladenden Armbewegung in das schummrig beleuchtete Innere treten. Es roch nach Holz, Harz und Kerosin. Die Lampe auf der Kommode brannte auf kleinster Flamme.
Roger nahm die Weinflasche, aus der sie heute Mittag schon getrunken hatten und schenkte zwei Gläser voll. Mit einem jungenhaften Grinsen hielt er ihr sein Glas entgegen.
„Diesen Drink habe ich mir jetzt wahrhaftig verdient, nachdem es mich so viel Anstrengung gekostet hat, dich zum Mitkommen zu überreden. Zum Wohl.“
Vicky lächelte unsicher. Beim Betreten seiner Hütte hatte sie eine gewisse Befangenheit
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