Traummann mit Zuckerkuss
Caroline hatte recht, was Sie betrifft.«
Wohl eher nicht, dachte Pearl bei sich.
» Macht’s gut, Zwillinge!« Sie winkte.
» Tschüs!«, riefen die Mädchen wie aus einem Munde.
» Eigentlich heißen sie ja Seraph…«
Aber Pearl war schon im Keller verschwunden und überbrachte Issy die gute Nachricht.
Die beiden arbeiteten noch bis spätabends an dem Auftrag. Helena kam vorbei, um ein wenig zu plaudern und zu sehen, was es Neues gab. Die beiden zogen sie unerbittlich wegen Ashok auf, Helena weigerte sich jedoch, ihnen diesbezüglich Rede und Antwort zu stehen, drehte den Spieß vielmehr um und löcherte Pearl wegen Ben. Diese setzte sich dagegen zur Wehr, indem sie sich bei Issy über Caroline beschwerte, die Chefin hatte allerdings überhaupt keinen Nerv, sich das jetzt anzuhören. Nach und nach verstummten Helena und Pearl und sahen Issy bei der Arbeit zu. Was sie da tat, war rein instinktiv– sie brauchte weder Messbecher noch Waage, warf die Zutaten ohne groß nachzudenken einfach in eine Schüssel, rührte sie dann mit einer eleganten, unbekümmerten Bewegung um und goss innerhalb von Sekundenbruchteilen vierundzwanzig perfekt gleichmäßige Portionen in die Vertiefungen des gefetteten Backblechs, ohne auch nur hinzusehen. Sie stellte die Glasur her, trug sie dann auf und brachte sie mit einem Messer in Form. Jeder einzelne Cupcake war perfekt und delikat. Selbst ohne die bestellten Buchstaben war jedes Küchlein bereits ein kleines Kunstwerk. Ihre Zuschauerinnen warfen sich einen Blick zu.
» Das ist wirklich cool«, bemerkte Helena schließlich.
Issy, die völlig in ihre Arbeit vertieft gewesen war, sah erstaunt auf.
» Aber das mache ich doch jeden Tag«, erklärte sie. » Das ist so, als würdest du einen aufgeschlitzten Arm nähen.«
» Das kriege ich tatsächlich ganz gut hin«, nickte Helena. » Aber es sieht am Ende nicht so lecker aus.«
Die Küchlein, die Issy nebeneinander aufgereiht hatte, waren fantastisch geworden. Issy würde sie auf dem Weg nach Hause bei Kate vorbeibringen.
» Die sind für unsere Auftraggeberin doch viel zu schade«, maulte Pearl.
» Benimm dich«, mahnte Issy und streckte ihr die Zunge raus.
Als Pearl eines Morgens in den Laden eilte und vor dem ersten Kundenandrang, der langsam zur Norm wurde, die temperamentvolle Kaffeemaschine anwarf, wurde ihr plötzlich klar, dass sie die Post vom Vortag noch gar nicht geöffnet hatte. » Ein! Swei! Drei! Hopp!« Sie setzte Louis auf einen der hohen Hocker, die seit Neuestem rund um den Kamin standen, damit die Leute mehr Sitzgelegenheiten hatten, wenn es voll war, reichte ihm ein Schokobrötchen und machte einen Brief vom Kindergarten auf. Dann starrte sie ungläubig auf das Schreiben.
Die Türklingel erklang. Issy traf sich an diesem Morgen mit einem Zuckervertreter und würde etwas später kommen, deshalb sprang Caroline ein.
» Buens dies, Caroline!«, rief Louis, der im Kindergarten gelernt hatte, in verschiedenen Sprachen guten Tag zu sagen, und davon ganz begeistert war.
» Guten Morgen, Louis«, antwortete Caroline überdeutlich, die Louis’ Aussprache schrecklich fand und fürchtete, dass sie der einzige Mensch war, der ihn davor bewahren würde, wie jemand aus der Unterschicht zu klingen. Und sie wünschte wirklich, Pearl würde sich ein wenig dankbarer erweisen, aber dieser unglaubliche Komplex der Südlondoner machte sie ja leider für vieles blind. » Guten Morgen, Pearl.«
Pearl sagte keinen Mucks. Na, fantastisch, dachte Caroline, die solchen Zickenkrieg allerdings gewohnt war, seit man sie auf eine Mädchenschule geschickt hatte, in der große Belastungen und Konkurrenzdenken an der Tagesordnung waren und zu deren Aufnahmeprüfung sie eines Tages auch Hermia anmelden wollte. Auf dieser Schule hatte sie so ziemlich alles über Zankereien mit anderen Frauen gelernt. Sie konnte schmollen wie keine andere, so etwas berührte sie also kaum. Mein Gott, sie steckte schließlich mitten in einer Scheidung. Sie war eben allen egal.
Aber als sie sich umdrehte, um ihren Aquascutum-Regenmantel aufzuhängen, fiel ihr auf, dass Pearl gar nicht ihren üblichen misstrauischen Hundeblick zur Schau trug. Stattdessen hielt sie einen Brief in der Hand, starrte ins Leere– und weinte.
Caroline überkam derselbe Beschützerinstinkt, der sich auch bei ihr meldete, wenn einer ihrer Hunde krank war. Augenblicklich eilte sie zu ihrer Kollegin hinüber.
» Schätzchen, was ist denn los? Was ist passiert?«
» Mummy?«,
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