Traummann mit Zuckerkuss
Ich schreib mich ja für den Kurs ein, okay? Ich gehe dahin! Ich mach das!«
Vier Tage, einen Haarschnitt und einen Berg Bügelwäsche später stand Issy endlich wieder an ihrer alten Bushaltestelle, kam sich aber ein wenig wie eine Hochstaplerin vor. Linda freute sich, sie zu sehen. Issy hatte seit ihrem Rausschmiss nicht mit ihr gesprochen, und im Laufe der Wochen hatte Linda sich Sorgen gemacht. Aber dann dachte sie, dass Issy sich vielleicht einen schicken Wagen zugelegt hatte oder bei dem grimmig dreinblickenden Mann eingezogen war, der sie manchmal mitgenommen hatte. Dass ihr jedenfalls irgendetwas Gutes widerfahren war.
» Hast du einen schönen, langen Urlaub gemacht? Ooh, wie nett, im Winter mal rauszukommen, hier ist es doch furchtbar.«
» Nein«, antwortete Issy traurig. » Ich wurde wegrationalisiert.«
» Oh«, machte Linda. » O Schätzchen. Das tut mir so leid, Liebes, wirklich leid. Aber ihr jungen Leute, ihr findet doch im Handumdrehen was Neues, nicht wahr?«
Linda war so stolz auf ihre Tochter, die Fußpflegerin. Solange die Leute Füße haben, sagte sie oft, wird es Leanne nie an Arbeit fehlen. Issy hätte ja nie gedacht, dass sie mal von einer Karriere als Fußpflegerin träumen würde, aber heute war es fast so weit.
» Das hoffe ich«, murmelte Issy. » Das hoffe ich.«
Eine Gestalt, die sie aus dem Augenwinkel erblickte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie wandte sich um. Da war wieder diese große blonde Frau beim rosa gestrichenen Ladenlokal. Sie stolzierte hinter demselben, leicht angeschlagen wirkenden Makler her.
» Ich bin mir einfach nicht sicher, ob das Feng Shui stimmt, Des«, ließ sie gerade verlauten. » Und wissen Sie, Des, wenn man versucht, den Menschen eine ganzheitliche körperliche Erfahrung zu bieten, dann ist das wirklich, wirklich wichtig.«
Nein, ist es nicht, dachte Issy aufmüpfig. Es ist wichtig, dass der Ofen an der richtigen Stelle steht, damit man von dort aus den ganzen Laden im Auge hat. Sie dachte an Grampa Joe. Sie musste endlich wieder bei ihm vorbeischauen. Es war unverzeihlich, dass sie jetzt so viel Zeit hatte und sich trotzdem nicht dazu aufraffte.
» Sorg dafür, dass es gut riecht, und begrüß die Leute mit einem Lächeln. Stell dich dort hin, wo sie dich sehen können«, hatte er oft erklärt. » Und dein Kuchen muss verdammt noch mal der beste in ganz Manchester sein, das ist natürlich am wichtigsten.« Issy rückte etwas näher, um den Worten der Frau zu lauschen.
» Und tausendzweihundert«, hörte sie nun, » ist doch viel zu viel. Ich werde schließlich nur das hochwertigste Gemüse der Stadt verwenden. Die Leute brauchen ihr rohes Gemüse, und das werden sie von mir lernen.«
Die Frau trug eine enge Hose aus Leder. Ihr Bauch war so flach, als würde sie nur von Luft und Liebe leben. Das Gesicht war eine seltsame Mischung aus völlig glatter Haut und faltigen Stellen, vermutlich dort, wo die Wirkung des Botox langsam nachließ.
» Alles bio!«, jubilierte sie. » Die Leute wollen keine üblen Chemikalien im Körper!«
Nur hinter der Stirn, dachte Issy. Sie fragte sich, warum diese Frau ihr eigentlich so unsympathisch war. Warum sollte es ihr denn etwas ausmachen, dass die einen Rohkost-Saftladen in ihrem kleinen Lokal aufmachen wollte. In dem kleinen Lokal, korrigierte Issy sich selbst. Das verborgene Lädchen an dem geheimen kleinen Innenhof, der nie so geliebt und gehegt wurde, wie er es eigentlich verdiente. Natürlich wusste sie, dass ein so versteckter Laden wirklich nicht ideal war. Alles andere als ideal.
Da kam ihr auf einmal etwas in den Sinn. Von der Arbeit her war sie an Immobilien gewöhnt, die fünfzig oder sechzig Pfund pro Quadratmeter einbrachten. Sie warf einen Blick auf das Lokal. Dem Schild zufolge gab es auch einen Keller, der die Grundfläche verdoppelte. Issy überschlug rasch im Kopf. Dementsprechend lag die Miete bei etwa vierzehn Pfund pro Quadratmeter. Gut, das war hier nur ein Vorort von London und auch kein besonders schicker. Aber günstig waren tausendzweihundert Pfund im Monat schon– oder sogar tausendeinhundert, falls die Frau noch eine Ermäßigung rausschlug, was durchaus denkbar war. Wenn sie selbst diesen Laden für sechs Monate übernehmen könnte, um… na ja, um irgendetwas damit anzustellen. Vielleicht zu backen. Jetzt gab es schließlich kein Büro mehr, in dem sie ihre Experimente verteilen konnte, ihr Gefrierfach wurde immer voller, und ihr ging langsam der Platz aus. Gestern Abend hatte
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