Traummann mit Zuckerkuss
den gleichen Kuchen hatten.
» O nein«, meinte Pearl. » Die meisten sind noch viel schlimmer. Eine hat mal verkündet, dass sie ihren Sohn nicht aufs Töpfchen setzen wird, bis er diese Entscheidung nicht von selbst trifft.«
» Na, das ist doch total sinnvoll«, knurrte Issy. » Windeln bis zum elften Lebensjahr– das spart sicher viel Zeit. Kocht der Kleine auch selbst?«
» O nein, ›Orlando isst nur Rohkost und Sprossen‹«, zitierte Pearl. » Bis auf das eine Mal, als ich ihn dabei erwischt habe, wie er Louis’ Mars klauen wollte.«
Issy zog die Augenbrauen hoch, sagte dazu aber nichts. Und sie fragte auch nicht, warum Pearl schon den ganzen Tag so abwesend wirkte. Wenn sie ihr erzählen wollte, was los war, dann würde sie es schon tun.
Nach ihrer bisher hektischsten Woche waren sie am Freitagnachmittag um halb fünf fix und fertig. Issy schloss ab und drehte das Schild mit der » Geschlossen«-Seite nach außen um. Dann gingen sie in den Keller hinunter, und Issy holte ihren inzwischen schon rituellen Ende-der-Woche-Weißwein aus dem Kühlschrank. Samstags war es meistens ruhig, obwohl da inzwischen auch mehr los war, vor allem gegen Mittag, aber deshalb konnten sie sich freitags ohne schlimmere Folgen für den nächsten Morgen etwas gönnen.
Und so hatten sie sich (obwohl Issy genau wusste, dass Hygiene- und Sicherheitsinspektoren darüber nicht begeistert wären) angewöhnt, zunächst die Einkünfte des Tages zu zählen und dann die riesigen Mehlsäcke zu Sitzmöbeln umzufunktionieren, auf die sie sich müde sinken ließen.
Issy füllte Pearls Glas großzügig.
» Das«, stellte sie fest, » war bisher unsere beste Woche.«
Müde hob Pearl ihr Weinglas. » So ist es.«
» Natürlich im Vergleich zu nicht besonders viel. Aber wenn man das mal hochrechnet…«
» Oh«, sagte Pearl, » das habe ich ja ganz vergessen. Ich hab bei der Bank deinen coolen Typen getroffen.«
Issys Interesse war augenblicklich geweckt. » Ach, echt? Austin? Äh, ich meine, wie bitte? Wen meinst du?«
Pearl warf ihr einen ihrer typischen Blicke zu. Issy seufzte.
» Okay. Wie geht’s ihm?«
» Warum fragst du?«
Issy merkte, dass sie schon wieder rot anlief, und blickte lieber in ihr Glas. » Nur so, aus reiner Höflichkeit«, quiekte sie.
Pearl schnaubte und schwieg.
» Also?«, fragte Issy nach einer Minute.
» Ha!«, rief Pearl. » Wusste ich’s doch! Wenn es wirklich reine Höflichkeit wäre, hättest du dir nicht die Mühe gemacht, noch mal nachzuhaken.«
» Das stimmt doch gar nicht«, verteidigte sich Issy. » Unsere Beziehung ist rein beruflich.«
» Ihr habt also eine Beziehung?«, frotzelte Pearl.
» Pearl! Was hat er denn gesagt? Hat er nach mir gefragt?«
» Schwer zu sagen, er war von etwa fünfzehn Unterwäschemodels umringt und stieg gerade mit ihnen in den Whirlpool.«
Issy knurrte missbilligend, bis Pearl sich endlich erbarmte.
» Er sah ziemlich gut aus. Hatte einen neuen Haarschnitt.«
» Och, ich mochte seine Haare«, sagte Issy.
» Weshalb er wohl beim Friseur war?«, überlegte Pearl. » Vielleicht deinetwegen?«
Issy tat so, als fände sie diese Bemerkung überhaupt nicht komisch, aber Männer wie Austin hatten meistens eine Freundin. Die sah bestimmt ziemlich gut aus und war auch noch furchtbar nett. So lief das doch immer. Sie seufzte. Damit musste sie sich eben abfinden, im Moment war sie einfach nur Geschäftsfrau. Sie würde sich später darüber Gedanken machen. Trotzdem schade. Einen Moment, nur eine Sekunde lang, ertappte sie sich dabei, wie sie sich vorstellte, ihm zärtlich ein paar lose Härchen aus dem Nacken zu streichen, und…
» Und«, versetzte Pearl laut, als sie Issys gedankenverlorenen Gesichtsausdruck bemerkte und ganz richtig vermutete, dass sie wieder einmal von dem gut aussehenden jungen Bankberater träumte, » und er hat gesagt, dass ich dir etwas ausrichten soll.«
» Wie bitte?«, hakte Issy verdutzt nach.
» Ich habe eine Nachricht von ihm. Nur für dich.«
Plötzlich saß Issy kerzengerade auf ihrem Sack.
» Und die lautet?«
Pearl versuchte, sich an den genauen Wortlaut zu erinnern.
» Es war… Sagen Sie ihr: ›Denen haben Sie es aber gezeigt!‹«
» Es ihnen gezeigt? Wem habe ich was gezeigt?… Oh«, sagte Issy schließlich, als ihr klar wurde, dass er die Cafébesitzer von Stoke Newington meinte. » Oh«, machte sie wieder und lief rot an. Er hatte an sie gedacht! Er dachte an sie! Okay, wahrscheinlich sah er sie nur als
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