Traummoerder
ein Tieflader für den An- und Abtransport der Ausrüstung eingesetzt worden war. Die Spurensicherer hatten Abdrücke gemacht.
Behutsame Grabungen wurden auf der anderen Seite der Baumreihe vorgenommen – an der Stelle, die der Informant angegeben hatte. Bald wurden menschliche Körperteile, genauer gesagt Knochen mit nur noch wenigen Gewebeanhaftungen, gefunden. Am Spätnachmittag war der gesamte Bereich gründlich abgesucht. Jetzt blieb es dem Rechtsmediziner überlassen, die Zähne zu zählen und mit den Fragmenten zu ergänzen, die man in Nolans Arbeitszimmer gefunden hatte.
Als Kandinski in die Stadt zurückfuhr, empfand er überwältigende Trauer. Wie weit war es mit der Welt gekommen? Bewohner von L.A., Sydney, Moskau und London mochten denken, dass sie im zivilisierten Teil der Welt lebten, obwohl nicht weit von ihnen Selbstmordattentäter in Theater vordrangen, verrückte Killer Waffen luden, um Schüler zu töten, Serben und Moslems ihr Umfeld ethnisch säuberten, Palästinenser und Israeli im Namen ihrer Religionen Krieg führten und sich Fundamentalisten im Irak Sprengstoffgürtel umlegten. Die Welt war ein hässlicher Ort, und die Menschen taten ihresgleichen Grauenvolles an. Wieso war er dann noch so sicher, dass Nolan keines dieser Verbrechen begangen haben konnte?
Mike konnte das Gefühl, dass er einen guten Freund im Stich gelassen hatte, nicht abschütteln. Sie hatten oft gemeinsam zu Mittag gegessen, gescherzt und bei einem Bier über Hockey geplaudert. Und jetzt, da Dermot ihn am meisten brauchte, konnte er nicht für ihn da sein. Kandinski entschied, Nachforschungen über Nolans Geisteszustand anzustellen. War er in psychiatrischer Behandlung? Hatte er psychische Schwierigkeiten, von denen kaum jemand wusste? Möglich wäre es. Natürlich würde die Schweigepflicht der Ärzte wie immer ein Problem darstellen.
Am nächsten Tag stand Willis zusammen mit Quin, Kandinski und Woo im Labor des Rechtsmediziners Colin M. Meaney und betrachtete die einzeln eingetüteten Gegenstände aus Nolans Haus. Meaney schaute in seinen Bericht.
»Es ist fast, als hätte Nolan nicht die geringste Angst, irgendwie mit diesen Verbrechen in Verbindung gebracht zu werden«, sagte Meaney. »Das kommt oft vor. Prominente Menschen wie er sind überhaupt nicht imstande, sich vorzustellen, dass jemand schlecht von ihnen denken könnte.« Meaney nahm eine Tüte mit kleinen weißen Splittern in die Hand. »Diese hier wurden in Nolans Schreibtischschublade gefunden, versteckt unter einer Schachtel mit Malkreide. Es besteht kein Zweifel, dass diese Stücke aus dem Mund von Phoebe Blasé stammen. Drei dieser Splitter sind tatsächlich Zahnfragmente. Wir haben kein DNA-fähiges Material von ihrem Mörder gefunden, nur verschmierte Fingerabdrücke. Sobald Miss Blasés Leichnam ganz geborgen ist, untersuchen wir ihren Kiefer. Ich bin überzeugt, dass wir dort mehr Spuren finden werden.«
Meraney legte die Tüte mit den Zähnen auf den Tisch und nahm die nächste in die Hand.
»Es war keine Schwierigkeit, festzustellen, dass dieses Seil zu den Stücken passt, die wir am Tatort des Ehepaars Nash gefunden haben. Dieses Seil wurde zusammen mit einem Stück Stoff hinter Dermot Nolans Gartenschuppen gefunden. Dem Seil haftete dieselbe DNA, die wir dem mutmaßlichen Gareth Nash zugeschrieben haben, und die eines Hundes an.« Meaney nahm die dritte Tüte in die Hand. »An diesem Stoffstück haben wir dieselbe DNA gefunden. Es gibt eine Übereinstimmung der Fingerabdrücke auf den beiden Pfählen von Gareth Nash und seiner Frau. Zudem habe ich den halben Abdruck einer Handfläche von dem Rollstuhl abgenommen, in dem Miss Bell aufgefunden wurde. Vom Rand des Wasserturms und von der Metallleiter konnte ich auch Fingerabdrücke und Blutspritzer sicherstellen. Sie alle stimmen mit den Fingerabdrücken auf dem Computer überein, den wir im Zuge der Durchsuchung aus Nolans Haus konfisziert haben. Da wir Mr. Nolan offiziell keine Fingerabdrücke abgenommen haben, können wir nur mutmaßen, dass es sich in allen Fällen um seine handelt. Allerdings könnten sie genauso zu Mrs. Nolan passen, da wir annehmen müssen, dass sie den Computer auch benutzt hat.«
Die Detectives wechselten vielsagende Blicke; eine neue Spur, an die sie bisher noch nicht gedacht hatten, tat sich auf.
Kapitel 55
Es war der Todestag der Zwillinge. Nick starrte auf die zwei kleinen Grabsteine, die Giselles größeren auf dem Inglewood Park Cemetery flankierten.
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