Traummoerder
»Mr. Nolan, Sie haben sich also selbst eingeredet, dass der Mann, der zu Tode gestürzt ist, der Autor des Werkes war, das Sie zur Grundlage Ihres Buches gemacht haben, ja?«
»Das stimmt. Niemand sonst konnte so viel wissen wie er.«
»Außer einem Komplizen. Ist Ihnen das schon mal durch den Kopf gegangen?«
Neela und Dermot antwortete gleichzeitig.
»Nein«, behauptete Dermot.
»Ja«, sagte Neela.
In diesem Moment wurde Leadbeater klar, dass die Gerichtsverhandlung aufreibend sein würde.
»Erzählen Sie mir von Ihren Recherchen, Neela.«
»Ich habe die Namen aus Arnolds Tagebuch gegoogelt und herausgefunden, dass einige dieser Personen bereits tot aufgefunden worden waren, während andere als vermisst galten. Einige konnte ich gar nicht finden.«
»Demnach waren einige bereits tot, als Mr. Arnold das Manuskript in Ihren Briefkasten steckte?«
»Ja. Aber es gibt einen Verdächtigen, der die ›Zwei im freien Fall« ermordet haben soll.«
»Ich glaube, sein Anwalt hat wegen der neuen Hinweise bereits den Antrag auf Niederschlagung der Anklage gestellt.«
Sowohl Neela als Dermot fuhr sichtlich der Schreck in die Glieder.
Das Telefon klingelte. Verärgert über diese Störung, meldete sich Leadbeater: »Ja?« Er hörte zu, dann sagte er sanfter: »Bitten Sie sie, ein paar Minuten zu warten.« Er legte den Hörer weg.
»Ich muss mich leider ein wenig beeilen«, erklärte er. »Ich hoffe, Sie verzeihen mir.«
»Selbstverständlich«, antwortete Dermot.
»Haben Sie die Orte besucht, an denen die Opfer gestorben sind?«
»Ja. Ich habe mich an Arnolds Wegbeschreibungen gehalten, die ich auf losen Seiten ganz hinten im Manuskript gefunden habe. Ich wollte sehen, ob er es ernst meinte oder mich nur auf den Arm nahm.«
Beide – Leadbeater und Fountain – zogen die Augenbrauen hoch.
»Auf den Arm nahm? Im Sinne von ›sich lustig machen«?« Leadbeaters Ton wurde mit jedem Wort beleidigender. »Sie haben einem Mann zugetraut, dass er all diese schrecklichen Szenarien ersonnen hat, nur um Schabernack mit Ihnen zu treiben?«
»Nein, nein«, wehrte Dermot ab. »Ich wollte wissen, ob er Verbrechen, die andere begangen haben, aufgegriffen und zu seinen eigenen gemacht hat. Deshalb bin ich zu den Orten gefahren, die er als wahre Tatorte beschrieben hat.«
»Und haben Sie irgendwelche Hinweise gefunden, die Sie annehmen ließen, dass an diesen verschiedenen Orten Leichen begraben waren?«
»Nein«, gab Dermot mit unbewegter Miene zurück. Dieses Mal hatte Neela nichts dazu zu sagen.
»Wer wusste sonst noch von dem Manuskript? Außer Ihrer Frau noch jemand?«
»Mein ältester Freund, Nick Hoyle. Sonst niemand. Es sei denn, Arnold hat es jemandem gezeigt, bevor er starb.«
»Ich verstehe. Und seit dem Artikel in den Daily News sind alle wegen der Morde auf Sie zugekommen. Ich denke hier eher an einen Komplizen.«
Dermot nahm sich Zeit, um seine Gedanken zu ordnen. »Ja. Und jemand mit derselben heiseren Stimme wie Arnold hat in Frank Viteks Radioshow angerufen. Er hat Arnolds Stimme perfekt nachgeahmt. Er zitierte einige Stellen aus dem Tagebuch, als hätte er es nicht nur gelesen, sondern auswendig gelernt.«
»Das ist eine große Hilfe, Mr. Nolan. Das wirft einige Fragen an der Täterschaft auf. Offenbar hat die Person, die in der Show angerufen hat …«, Leadbeater hielt inne und verfolgte einen anderen Gedankengang: »Er hat sich nicht zufällig identifiziert, oder?«
»Er nannte sich Arnold, aber der konnte er ja nicht sein.«
»Gut. Es ist eindeutig, dass diese Person genauso viel wusste wie Sie. Er könnte ein Mittäter sein, wenn sich der Mann, der sich in der Radiosendung Arnold nannte, nicht nur seine fünfzehn Minuten Ruhm verschaffen wollte. Und ich habe Ihr Wort, dass Sie bei Ihren Besuchen an den Tatorten keine Leichenteile gefunden haben?«
»Das haben Sie.«
Neela räusperte sich unwillkürlich, und Leadbeater schloss gequält die Augen,
»Ich meine …«, begann Dermot, »ich habe einige Dinge vorgefunden, die der Mann arrangiert hatte, um mir vorzumachen, dass er die Wahrheit geschrieben hat.«
»Welche Dinge?«
»Die beiden Pfähle der Pfahlopfer. Einen Rollstuhl, der angeblich der Frau, die er Rollstuhl-Wanda nannte, gehörte – solche Dinge.«
»Und Sie haben sich mit der Erklärung zufriedengegeben, dass er, obwohl er ein gebrechlicher alter Mann war, all diese schweren Sachen zu den Stellen transportiert hat, nur um die Szenen, die er beschrieben hat,
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