Traummoerder
exakt eine halbe Meile nach Osten. Sie werden zwei Pfähle sehen. Ich bin auch da. Haben Sie einen Kriminaltechniker mitgebracht?«
Er hörte sich an, was der Polizist zu sagen hatte, dann sagte er: »Scheiße, warum nicht?« Wieder lauschte er. »Nun, Sie werden sie brauchen.«
Die Kriminaltechniker kamen einige Stunden später zu dem Ort, den Schipp ihnen angegeben hatte. Die Grabstätte hatte Detective Sergeant Woo davon überzeugt, dass Schipps Aussage Hand und Fuß hatte. Es hatte eine Schaufel mitgebracht und ein wenig gegraben, bevor er Knochen freigelegt hatte.
Natürlich hätten die Gebeine auch von einem Tier stammen können, aber Woo hielt es für angebracht, die Sache genauer zu überprüfen. Deshalb forderte er telefonisch ein Team aus Forensikern und Spurensicherern an und sperrte die Stelle ab.
Innerhalb der nächsten Stunde hoben die Spurensicherer ein Grab mit den Ausmaßen zwei Meter mal eins zwanzig aus und fanden Knochen von zwei menschlichen Skeletten. Woo setzte seine Vorgesetzten ins Bild, die überrascht, aber auch eigenartig erfreut reagierten. Noch mehr freute sich jedoch Jeff Schipp, der seinem Chefredakteur Melhuish Bericht erstattete.
»Sie haben zwei Leichen gefunden.«
»Können die Toten identifiziert werden?«, wollte Melhuish wissen; ihm war die Aufregung anzuhören.
»Noch nicht. Sie werden wohl oder übel einen Zahnabgleich machen müssen. Bis wir eine ungefähre Ahnung haben, wer sie sein könnten, ist eine DNA-Analyse ohnehin reine Zeitverschwendung.«
»Wie lange dauert das mit den Zähnen?«
»Nicht lange. Einen Tag, vielleicht zwei. Aber ich habe noch etwas Interessantes. Woo sagt …«
»Wer ist Woo?«
»Der verantwortliche Detective. Er sagt, dass kürzlich jemand hier gewesen sein muss. Es gibt Reifenspuren. Die Spurensicherer haben Gipsabdrücke davon gemacht. Und an beiden Holzpfählen haben sie Fingerabdrücke gefunden.«
»Die könnten von wer weiß wem stammen. Richtig?«
»Richtig. Jeder könnte sich hierher verirrt haben. Es ist weit hergeholt, Nolan damit in Verbindung zu bringen. Aber wenn er mit diesen Morden zu tun hat, könnte er den Tatort noch einmal besucht haben. Es sind schon merkwürdigere Dinge passiert. Einige Mörder fühlen sich geradezu gezwungen, sich noch einmal am Tatort umzusehen. Nach den Hinweisen meines Informanten müsste Nolan jedenfalls etwas mit diesen Morden zu tun gehabt haben. Hier sind zwei Leichen und Pfähle, genau wie Nolan es in seinem Buch beschrieben hat.«
»Also verdichtet sich der Verdacht?«
»Ganz bestimmt. Aber ich würde noch kein Insiderwissen preisgeben. Lassen Sie mir noch ein paar Stunden Zeit, einige Spuren zu verfolgen. Ich möchte noch andere Passagen aus Worst Nightmares überprüfen. Dann haben wir wirklich eine Story für die erste Seite.«
»Ich gebe Ihnen die Zeit. Inzwischen setze ich jemanden daran, den Vorfall an die elektronischen Medien zu melden – wir haben noch Stunden bis zum Redaktionsschluss und der Gestaltung der Seite eins, ein paar kleine Leckerbissen müssen wir aber vorab offenlegen. Ich werde dafür sorgen, dass nicht von den Pfählen die Rede ist. Wir wollen doch nicht, dass andere zwei und zwei zusammenzählen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele Amerikaner Nolans Buch gelesen haben.«
Schipp hörte, wie jemand seinen Namen rief. Es war Woo. Er hielt einen Schädel in den behandschuhten Händen und lächelte geheimnisvoll.
Kapitel 39
Dermot saß an seinem Schreibtisch. Es war halb neun Uhr abends. Nick stand am Fenster und schaute auf die Straße.
»Das Beste ist, gar nichts zu tun, Dermot«, sagte Nick leise.
»Wie, zum Teufel, kann ich in dieser Situation untätig bleiben?«, fragte Dermot aufgebracht.
»Wie es scheint, versucht jemand, dich aus der Reserve zu locken. Hast du noch nie Columbo gesehen? Er sät Zweifel in dem bösen Buben, und bevor der Delinquent kapiert, was er tut, benimmt er sich wie ein Idiot und besucht noch einmal den Tatort, um letzte Spuren zu verwischen. Dann bricht er zusammen und gesteht alles.«
Dermot hob den Kopf und durchbohrte Nick mit einem scharfen Blick. »Tatort? Gestehen? Wovon, zum Teufel, sprichst du überhaupt?«
»In deinem Fall ist es besser, abzuwarten, bis du herausbekommst, wie viel die anderen wissen. Es könnte sich herausstellen, dass sie so gut wie gar keine Ahnung haben. Denk nicht mal daran, an die Öffentlichkeit zu gehen und der Welt zu beichten, dass du gelogen hast und das Buch gar kein reines
Weitere Kostenlose Bücher