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Traumpfade

Traumpfade

Titel: Traumpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Chatwin
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sagte Clarence.
    »Gut.«
    »Sie haben das Budget in Canberra verabschiedet«, sagte Clarence mit tonloser, gleichgültiger Stimme.
    »Ach ja?«
    »Tja«, sagte er. »Wir haben das Flugzeug bekommen.«
    Seit mehr als zwei Jahren hatte der Rat von Cullen versucht, ein Flugzeug zu bekommen.
    »Tja«, wiederholte Clarence. »Jetzt haben wir das Flugzeug. Dachte, ich sollte dir das erzählen.«
    »Danke, Clarence.«
    »Dachte, ich gehe am Donnerstag nach Canberra«, sagte er. »Dachte, ich komme mit dem Flugzeug zurück.«
    »Mach das«, sagte Rolf.
    Clarence stand auf und ging davon, als Rolf ihn zurückrief.
    »Clarence«, sagte er.
    »Tja.«
    »Clarence, was hast du mit der Planierraupe gemacht?«
    »Was für einer Planierraupe?«
    »Der Planierraupe aus Popanji.«
    »Weiß von keiner Planierraupe aus Popanji.«
    »Doch, natürlich«, sagte Rolf. »Die Planierraupe, die Red Lawson dir geliehen hat.«
    »Wann?«
    »Letztes Jahr«, sagte er. »Du bist mit deinen Freunden mit der Planierraupe auf die Jagd gegangen. Erinnerst du dich?«
    »Nein.«
    »Also, Red kommt, um die Planierraupe abzuholen. Ich rate dir, sie zu finden, Clarence. Sonst könnten die Kosten von dem Flugzeug abgezogen werden.«
    »Weiß nichts von einer Planierraupe«, schnaubte Clarence wütend und stampfte davon.
    Wendy und ich sahen uns an. Sie gab sich alle Mühe, nicht zu kichern.
    »Das Flugzeug«, sagte Rolf zu mir gewandt, »wird uns Scherereien bringen.«
    Es war schön und gut, ihnen ein Flugzeug zu schenken, aber wer sollte die Wartung bezahlen? Keiner von der Cullen-Sippe sah einen Sinn darin, ein Flugzeug zu haben, wenn man es nicht an Ort und Stelle hatte. Das bedeutete, daß ein Pilot bezahlt werden mußte, der in Cullen lebte. Es bedeutete ebenfalls einen Hangar, der vor Kindern sicher war.
    Der Pilot der Amadeus-Siedlung, fuhr Rolf fort, war ein netter Bursche gewesen, der die Kinder gern auf eine Spritztour mitnahm. Kinder von acht und zehn Jahren, und es dauerte nicht lange, bis sie sich im Steuersystem auskannten. Sie beobachteten, wo er seine Schlüssel aufbewahrte – in einem abgeschlossenen Schrank in seinem Wohnwagen –, und es gelang ihnen, sie zu entwenden, während er ein Mittagsschläfchen hielt.
    »Er wachte auf«, sagte Rolf, »und sah, wie das Flugzeug über die Rollbahn brauste.«
    »Sind sie gestartet?«
    »Nicht ganz«, sagte er. »Sie sind über die Bahn hinausgeschossen und in ein paar Büschen gelandet. Das Flugzeug war beinahe ein Wrack.«
    Es war noch kühl und klar am frühen Morgen.
    »Ich glaube, ich werde heute einen Spaziergang machen«, sagte ich.
    Wir rechneten jeden Tag mit Arkady, und jeden Morgen, wenn ich im Wohnwagen arbeitete, gelobte ich mir, auf den Mount Liebler zu steigen.
    »Nehmen Sie Wasser mit«, sagte Rolf. »Nehmen Sie dreimal so viel Wasser mit, wie Sie glauben, daß Sie brauchen.«
    Ich zeigte in die Richtung, wo ich aufsteigen wollte.
    »Keine Sorge«, sagte er. »Wir haben Fährtenfinder, die Sie in wenigen Stunden finden würden. Aber das Wasser müssen Sie mitnehmen.«
    Ich füllte meine Wasserflasche, legte zwei zusätzliche Flaschen in den Rucksack und brach auf. Am Rand der Siedlung kam ich an einem Baum vorbei, an dem eine Damenhandtasche hing.
    Ich wanderte über ein Plateau von Sandhügeln und bröckligem rotem Felsgestein, das von schwer zu durchquerenden Schluchten unterbrochen war. Die Büsche waren für Treibjagden abgebrannt worden; hellgrüne Triebe sprossen aus den Stümpfen hervor.
    Ich stieg mit stetigen Schritten aufwärts, und als ich auf die Ebene hinabblickte, verstand ich, warum die Aborigines es vorzogen, ihr Land in »pointillistischen« Punkten zu malen. Das Land war gepunktet. Die weißen Punkte waren Spinifex-Büschel; die bläulichen Punkte waren Eukalyptusbäume, und die zitronengrünen Punkte waren irgendwelche anderen Grasbüschel. Ich verstand auch besser denn je, was Lawrence mit der »sonderbaren, verlorenen, müden Reserviertheit Australiens« meinte.
    Ein Wallaby sprang hoch und hüpfte den Berg hinunter. Dann sah ich auf der anderen Seite der Schlucht etwas Großes im Schatten eines Baumes liegen. Zuerst dachte ich, es sei ein Giant Red, bis ich erkannte, daß es ein Mann war.
    Ich kletterte die gegenüberliegende Seite hoch und fand Old Alex – nackt, seine Speere auf der Erde ausgebreitet, seinen Samtmantel zu einem Bündel gefaltet. Ich nickte, und er nickte.
    »Hallo«, sagte ich. »Was führt dich hierher?«
    Er lächelte, verlegen wegen

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