Traumprinzen und Wetterfrösche: Ein Stephanie-Plum-Roman (German Edition)
gewesen. Und das sein Leben lang. Und dass er wahrscheinlich bekommen habe, was er verdiente.«
Diesel schüttelte den Kopf. »Mann, das ist heftig. Stell dir vor, was sie gesagt hätte, wenn das nicht seine Trauerfeier gewesen wäre.«
Gail fuhr auf die Interstate 95 und dann Richtung Süden zur Tacony-Palmyra-Brücke. Wir befanden uns einige Wagenlängen hinter ihr und hielten uns an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Gail gehörte nicht zu den Leuten, die auf dem Highway Verkehrsregeln missachteten. Diesel saß ganz entspannt hinter dem Lenkrad. Ich dachte an den Donut, den ich bei der Trauerfeier nicht bekommen hatte, und wünschte, ich wäre schneller am Büfett gewesen.
Ich bin in Burg aufgewachsen, und dort ist ein Todesfall eher ein gesellschaftliches als ein tragisches Ereignis. Totenwache und Trauerfeiern bieten die Aussicht auf ein anständiges Essen und Alkohol in Strömen. Eine Trauerfeier gehört zu den wenigen Anlässen, bei denen man bereits um zehn Uhr morgens einen Whiskey kippen darf. Klar lässt sich das Leid nicht immer durch eine Platte mit Fleischbällchen lindern, aber derlei betrübliche Gedanken sollten einen auch nicht davon abhalten, sich bei der Trauerfeier für einen entfernten Bekannten großartig zu amüsieren. Meine Sache ist das wohl gemerkt nicht: Ich persönlich verbringe meine Freizeit lieber in einem Einkaufszentrum.
»Was hältst du von Trauerfeiern?«, fragte ich Diesel.
»Ich mag die Büfetts. Und ansonsten gehören sie nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.« Er warf mir einen Blick zu. »Was hältst du davon?«
»Ich finde, dass es in Beerdigungsinstituten keine Nelken geben dürfte.«
Danach fuhren wir schweigend weiter. Ich meine, was gab es dazu noch zu sagen? Gail schien immer noch nicht bemerkt zu haben, dass sie von einem riesigen schwarzen SUV verfolgt wurde. Sie fuhr über die Brücke und bog auf die 73 nach Süden ein. Einige Meilen danach hatte ich das Gefühl, dass es endlos so weitergehen könnte. Doch dann bremste Gail ab und bog links von der 73 ab. Sie kurvte ein bisschen herum und landete schließlich auf einer unbefestigten, schmalen Schotterpiste. Wir ließen uns soweit wie möglich zurückfallen, obwohl ich bezweifelte, dass Gail uns durch die Staubwolke, die sie aufwirbelte, sehen konnte. Auf beiden Seiten der Straße befand sich struppiges Gebüsch, und der zerfurchte Feldweg wand sich um Bäume und Felsbrocken.
Diesel trat aufs Gaspedal und schlitterte durch eine Gruppe zerrupfter Kiefern, und BUMM ! Etwas prallte von der vorderen Stoßstange ab, und eine Wolke aus Federn und Blut nahm uns die Sicht.
»Oh mein Gott«, stieß ich hervor. Das Herz schlug mir bis zum Hals. »Was war das?«
Diesel hielt den Wagen an und starrte auf die Windschutzscheibe, die mit etwas vollgekleistert war, das eigentlich nur Vogelgedärm sein konnte.
»Das muss der größte Vogel auf dieser Erde gewesen sein«, meinte er. Er öffnete seinen Sicherheitsgurt und stieg aus, um sich die Sache genauer anzuschauen.
Ich blieb angeschnallt sitzen. Ich wollte nicht mehr sehen, als ich ohnehin bereits vor Augen hatte. Ich war froh, dass ich bei der Trauerfeier keinen Donut gegessen hatte, der jetzt wieder hochkommen könnte.
Diesel trat nach etwas auf dem Boden und sah sich die Vorderseite des Escalade an. Er fuhr mit einem Finger durch die rote Flüssigkeit auf der Windschutzscheibe und betrachtete sie sich näher.
»Kunstblut«, stellte er fest. »Ich glaube, wir haben es hier mit einer Pine-Barrens-Piñata zu tun, in der statt Bonbons eine Sprengfalle sitzt.«
»Und die Federn?«
»Sie sind echt. Aber der Vogel, von dem sie stammen, hat schon lange das Zeitliche gesegnet.«
»Warum sollte jemand auf dieser Straße eine Sprengfalle aus Federn anbringen?«
»Ich glaube, dass das Gails Werk ist. Die Falle hält Leute davon ab weiterzufahren. Sie ist eine Art Warnung. Und sie verletzt niemanden. So würden wahrscheinlich Kriege aussehen, wenn Frauen an der Macht wären.«
Diesel setzte sich wieder hinter das Steuer und schaltete die Scheibenwaschanlage an. Das Kunstblut vermischte sich mit der Reinigungsflüssigkeit und den Federn und verklebte die Wischblätter.
»Was hast du alles in deiner Tasche?«, wollte Diesel wissen.
»Papiertaschentücher?«
Er nahm die Papiertücher entgegen und versuchte, die Wischblätter zu säubern. Vergeblich. Jetzt klebten die Taschentücher an dem Blut, den Federn und der Scheibenwaschflüssigkeit. Die Windschutzscheibe war von
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