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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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Nonnen trugen lange schwarze Gewänder, und ihre Köpfe waren von einem schwarzen Schleier bedeckt, der von einem gestärkten weißen Band gehalten wurde. Schwester Agathas Haar war nicht zu sehen, aber sie hatte ein altes Gesicht wie eine Dörrpflaume und weiße Augenbrauen, die ihr Alter verrieten.
    Von klein auf schien Beatrice irgendwie ihre Rolle als Friedensstifterin zu kennen. Wenn unter den Kindern Streit ausbrach oder jemand nicht einbezogen worden war und sich einsam fühlte, war es für sie selbstverständlich, dass sie zu besänftigen und beide Seiten zu einer Verständigung zu bringen suchte. Sie war sich der Gefühle anderer Menschen immer bewusst; sie erkannte sie, indem sie ihren Stimmen lauschte, nicht unbedingt ihren Worten, und indem sie auf ihre Augen achtete. Sie war in der Lage zu spüren, wie andere sich fühlten, lange bevor sie sich dieser Sensibilität bewusst geworden war und sie als Geschenk akzeptiert hatte.
    Immer war sie von anderen umgeben. Selten befand sie sich allein in einem Raum, aber das füllte nicht die Leere, die sie empfand. Sie wusste nicht, was fehlte oder weshalb sie einen Mangel spürte, aber sie tat es. Eines Tages sagte ein Besucher, es sei gut, dass Waisenkinder die Dinge nicht vermissten, die sie nie gekannt hätten. Beatrice nahm die Bemerkung in sich auf, aber sie stimmte nicht. Sie konnte nicht enträtseln, was ihr fehlte, aber unvollständig fühlte sie sich ganz gewiss.
    Reverend Willetts Bruder Howard und dessen Frau Matty besaßen eine riesige Schafs-und Rinderfarm. Howard, von allen respektiert und gefürchtet, war das Oberhaupt seiner Familie, seiner Farm und der ganzen Umgegend. Er war ein großer muskulöser Mann mit einem dicken Kopf voller aschblonder Haare, die ständig zerzaust waren. Seine Beine wirkten vom vielen Reiten wie gebogen. Weil er alle Tage im Freien zubrachte, ungeachtet des Wetters, sah seine Haut eher nach faltigem Leder aus als nach menschlichem Fleisch. Als sie vor zehn Jahren in England geheiratet hatten, war Matty eine kleine, zerbrechliche, perfekt geformte Frau gewesen, nach der Männer und Frauen sich umdrehten. Jetzt, nach Jahren ohne Luxus, den täglichen Routinearbeiten auf der Farm und der Geburt ihrer beiden Söhne - Abram (drei Jahre) und Noah (sieben Jahre) - besaß sie von ihren ursprünglichen physischen Merkmalen nur noch das eine, nämlich das, klein zu sein. Sie war eine warmherzige, angenehme Person, von der die Nachbarn fanden, sie gleiche die harte, rücksichtslose, männliche Art des Oberhaupts der Willett-Dynastie aus. Sie hatte eingewilligt, das Kind zu nehmen, von dem man ihr gesagt hatte, es sei ausgesetzt worden; Howard hatte sie erklärt, es sei nur vorübergehend oder das Kind ihr zumindest nur so lange willkommen, wie es keine Schwierigkeiten mache und später seinen Anteil an Arbeit übernähme. Sie hatten keine Erfahrung mit den Aborigines. Schließlich lebten sie in einem Teil des Landes, in dem es keine gab. Die Willetts hatten Geschichten darüber gehört und sich bereits eine negative Meinung gebildet. Im großen und ganzen glaubten sie das, was man ihnen erzählt hatte. »Es gibt keine intelligenten Abos. Die meisten sind faul, und als Erwachsene bleiben sie wie sorglose Kinder. Das sind Menschen, die nie erwachsen werden und Verantwortung übernehmen.«
    Im Falle von Geoff wurde nie an eine Adoption oder auch nur eine offizielle Registrierung gedacht. Um 1930 wurde das Schicksal eines Kindes durch Telefongespräche, einen Händedruck, eine dreizeilige Eintragung in einem Missionsjournal und eine Zeile in einem Taufregister der Kirche geregelt. Als Geoff eintraf, wurde er einer Küchenangestellten übergeben, die ihn mit der verfügbaren Milch aller möglichen Tiere fütterte, bis sich am vierten Tag sein Verdauungssystem dem endlich anpasste. Danach wurde er jeden Tag gebadet, seine Windeln wurden gewechselt, und man legte ihn im Schatten eines alten Pfefferbaums direkt vor der Küchentür in eine Wiege. Er verbrachte dort jeden Tag von der Morgendämmerung bis zum Abend. Die Angestellten kamen vorbei und sprachen mit ihm, bis er lernte, aus seiner Wiege zu klettern. Zu dem Zeitpunkt gewährte man ihm eine Decke, die auf den grünbewachsenen Erdboden gelegt wurde. Man band ein Ende eines Seils um seine Taille und das andere um einen Baumstamm. Im Alter von zwei Jahren setzte er sich, obwohl der Baum sein einziger verlässlicher Freund war, das Ziel, den Knoten zu lösen, der ihn gefangen hielt, und

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