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Traumreisende

Traumreisende

Titel: Traumreisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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Morgen seines siebzehnten Geburtstags, öffnete er die Augen und sah einen bewölkten Tag. Er erwachte auf dem Vordersitz eines Lastwagens, der Lebensmittel auslieferte. Der Fahrer hatte Mitleid mit dem Jungen gehabt, nachdem er ihn fast überfahren hatte, als er im Regen am Rand des Highways stand. Der Laster war unterwegs von einer Firma in Wichita, Kansas, um in Nebraska und Iowa Fracht auszuliefern. Es hatte stundenlang geregnet. Wegen der Wärme in dem geheizten Führerhaus und des eiskalten Regens auf der Windschutzscheibe hatte er regelmäßig die Scheibe blank wischen müssen, um besser sehen zu können. An einer Kreuzung war er abgebogen und hatte im Licht seiner Scheinwerfer die schwarze eisbedeckte Gestalt gesehen. Der Junge trug Blue jeans, die der Regen durchnässt und dunkel gefärbt hatte. Er hatte eine fadenscheinige blaue Jacke bis zu den Ohren hochgezogen, und seine Haut war dunkel. Auf seiner Kleidung und in seinen Haaren hatte sich Eis gebildet. Als der Fahrer den Wagen wieder unter Kontrolle hatte, hatte er abgebremst und angehalten. Der Junge war zu ihm gerannt.
    »Steig ein«, hatte er zu ihm gesagt. »Was zum Teufel machst du hier draußen? Bis zur nächsten Stadt sind es sechzig Kilometer.«
    Geoff erklärte ihm, er sei per Anhalter gefahren, und ein Farmer aus der Gegend habe ihn hier abgesetzt. Der Farmer habe die Straße hier verlassen müssen, um nach Hause zu kommen. Als er vor vier Stunden aus dessen Wagen gestiegen sei, um auf die nächste Mitfahrgelegenheit zu warten, hätte es noch nicht geregnet. Der Verkehr sei spärlich gewesen, und niemand habe ihn mitgenommen.
    Der Fahrer sagte zu Geoff, er solle seine nasse Jacke und das Hemd ausziehen, und reichte ihm ein altes Badetuch. Geoff legte es sich um die Schultern. In der Thermoskanne war auch noch ein wenig Kaffee, den sie sich teilten. Keiner der beiden hatte viel zu sagen, und binnen kurzer Zeit war Geoff eingeschlafen.
    Als er die Augen öffnete, schien keine Sonne. Es war ein grauer Tag, aber er hatte es ja warm hier. Sein Hemd war trocken, und seine Jeans waren zwar noch feucht, aber schon viel weniger unangenehm als vorher. Der Fahrer hatte den Laster vor einer Imbissstube am Straßenrand geparkt. Als er den Motor abstellte, wachte sein Mitfahrer auf. »Lass uns frühstücken gehen. Hast du Geld?« fragte der Fahrer. Geoff schüttelte den Kopf.
    »Schon okay. Ich lade dich ein.« Sie betraten die Imbissstube und setzten sich in die nächstgelegene Nische, die mit abgenutztem und verblichenem gelben Plastik gepolstert war.
    Eine Kellnerin stand hinter der Theke und beobachtete sie. Sie hatte einen verblüfften Ausdruck im Gesicht, als würde sie den beiden Neuankömmlingen gern ein paar Fragen stellen. Aber sie tat es nicht. Ein paar Minuten später rief der Fahrer: »He, gibt es hier keine Bedienung?«
    »Was möchten Sie?« fragte die Frau, ohne den Kopf von der Zeitung zu heben, die sie inzwischen zu lesen begonnen hatte.
    »Was haben Sie denn?«
    »Das übliche - Eier, Schinken, Toast, Pfannkuchen, Haferflocken. Was wollen Sie?«
    »Ich nehme Schinken und Rühreier. Und ich möchte auch Frikadellen. Und du, Junge? Auch Schinken und Eier?« Geoff nickte.
    »Bezahlen Sie für ihn?« fragte die Kellnerin schnippisch.
    »Warten Sie's doch ab«, gab der Fahrer barsch zurück. Er zwinkerte dem Jungen zu, der ihm gegenübersaß, und fügte hinzu: »Zu unfreundlichen Leuten braucht man nicht nett zu sein. Sie hat noch nicht kapiert, wie man sich Trinkgelder verdient.« Als ihnen das Frühstück serviert wurde, kam ein Mann herein und setzte sich an die Theke. Er war groß und dünn, hatte schütteres Haar und war Ende Vierzig. Die Kellnerin nannte ihn Lyle. Unaufgefordert goss sie eine Tasse Kaffee ein und stellte sie vor ihn hin. Lyle und die Kellnerin schienen ein Gespräch vom Vortag fortzusetzen: Er hätte noch immer niemanden gefunden, der ihm half, einen großen Lagerschuppen aufzuräumen, und der Verkauf wäre für Samstag angesetzt. Sie bot ihm zwar ihr Mitgefühl an, aber keine Lösung für sein Problem.
    »Mein Freund hier ist ein guter Arbeiter«, sagte der Lastwagenfahrer zu dem Mann, während er sein Essen weiterkaute, und wies mit dem Kinn auf Geoff. »Haben Sie Kost und Logis und einen Lohn zu bieten?«
    »Ja, wir haben ein Zimmer«, antwortete Lyle. »Aber es ist bloß bis Samstag. Nicht für länger. Ich zahle zehn Dollar am Tag für fünf Tage.«
    Der Fahrer grinste und antwortete: »Legen Sie das Frühstück hier

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