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Traumschlange (German Edition)

Traumschlange (German Edition)

Titel: Traumschlange (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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ihrem Kosenamen an. Zunächst hielt man ihn für einen Schwindler, aber seine Schwester und zweihundert Bekannte und Verwandte identifizierten ihn. Narcisse konnte sich an Kindheitserlebnisse erinnern, die ein Fremder nicht wissen konnte.
    Er führte das Kamerateam auf den Friedhof von Benetier zu seinem Grabstein auf den man vor zweiundzwanzig Jahren „Ici Repose Clairvius Narcisse“ geschrieben hatte.
    Narcisse berichtete, was ihm geschehen war. Er war im Auftrag seines Bruders vergiftet und an einen Bokor mit dem Namen Josef Jean verkauft worden. Zum Zeitpunkt seines Todes litt er an starken Atembeschwerden, Erbrechen und hohem Fieber. Man beerdigte ihn. Obwohl sein Herz kaum noch schlug, war er bei vollem Bewusstsein. Lange lag er in diesem Sarg, bis er hörte, wie man ihn ausgrub. Der Bokor war mit zwei Helfern auf den Friedhof gekommen, um ihn mitzunehmen. Dreimal wurde Narcisse von ihm mit seinem Namen angerufen. Dann flößte man ihm ein Mittel ein, von dem man später herausfand, dass es sich um ein weiteres, ein Bewusstsein veränderndes Gift handelte.
    Narcisse wurde in den Norden Haitis auf eine Plantage in der Nähe von Ravine Trompette, einem kleinen Dorf bei Pilate, nicht weit von Cap Haïtien, verschleppt. Mit anderen Zombies musste er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf den Feldern schuften. Sie bekamen nur wenig zu essen und wurden täglich geschlagen, aber Narcisse war jung und kräftig und blieb am Leben. Er erzählte, dass er sich in all der Zeit in einem seltsamen geistigen Zustand befunden habe, ähnlichem einem Traum. Sein Wille war ihm abhanden gekommen. Zwar war er sich seiner bedauernswerten Lage bewusst, aber brachte nicht die Energie auf zu fliehen. Seine spätere Freiheit verdankte er einem anderen Zombie, der sich über Tage hinweg geweigert hatte zu essen. Man schlug den Mann immer wieder, aber er blieb stur. Schließlich bekam der Zombie einen Wutanfall, griff sich eine Hacke und tötete den Bokor. Nach seinem Tod flohen die Sklavenarbeiter von der Plantage. Narcisse, der sich vor seinem Bruder fürchtete, blieb einige Jahre im Norden, bevor er in den Süden nach St. Michel de L’Attalaye zog, wo er weitere acht Jahre ausharrte. In dieser Zeit schrieb er zahlreiche Briefe an seine Familie, erhielt aber nie eine Antwort.
    Nachdem er schließlich erfuhr, dass sein Bruder verstorben war, kehrte er nach L’Estère zurück. Sein Auftauchen war eine Sensation, die um die Welt ging.
     
     
    „Und die Geschichte stimmt wirklich?“, fragte Abby, nachdem Stanwill geendet hatte.
    „Ich gehörte zu dem Team, das Narcisse interviewt hat. Ich glaube, ihm ist tatsächlich passiert, was er uns erzählt hat. Jahre später hat ein amerikanischer Biologe einen Bokor dafür bezahlt, ihm ein Zombiemittel herzustellen. Er untersuchte die Gifte, die man wahrscheinlich auch bei Clairvius Narcisse angewendet hatte und beschrieb die Herstellung bis ins Detail. Bei den Zutaten handelt sich, neben vielen pflanzlichen Beigaben, hauptsächlich um das Gift einer Aga-Kröte, zerriebene menschliche Knochen und das Gift verschiedener Kugelfischarten, Fugo genannt. Nach seiner ‚Erweckung’ bekam der künftige Zombie einen Brei aus Süßkartoffeln, Zuckerrohrsirup und Datura stramonium, die man auch ‚Zombiegurke“ nennt, eine Stechapfelart, verabreicht, dass zu einer Bewusstseinsveränderung führt und ihn im Dämmerszustand hält.“
    „Gibt es zu diesem Gift auch ein Gegenmittel?“
    „Ja, Atropin und Skopolamin haben sich als wirksam erwiesen. Es heißt aber auch, das normales Salz den Verfluchten ermöglicht, ihr Bewusstsein wiederzuerlangen.“
    „Salz?“
    „Nach Aussagen einiger Zombies, die entkommen konnten, wurde ihnen ihr Essen immer ungesalzen verabreicht. Man weiß von einem Fall, bei dem die Herrin der Plantage aus Mitleid einem Gefangenen gesalzene Cracker gab, der daraufhin aus seinem Zustand erwachte und sie tötete.“
    Abby dachte über das Gehörte nach. Sie war bereit Mitch Stanwill zu glauben, denn dieser Glaube bedeutete Hoffnung. Hoffnung darauf, dass Linda noch lebte.
    „Was kann ich tun, um Linda zu finden?“
    Stanwill sah sie offen an. „Nichts. Wenn sich Ihre Schwester noch auf der Insel befindet, dann dürfte es unmöglich sein, sie aufzuspüren. Plantagen, die ihre Arbeiter aus Zombies rekrutieren, liegen versteckt im Norden, einem Gebiet, das noch immer zu einem Großteil von den tontons beherrscht wird. Es wäre sehr gefährlich, in dieser Gegend

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