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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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Verabschiedung.
    »Also? Was ist mit deinen Geheimnissen? Irgendwelche doppelte Böden, von denen ich wissen müsste?«
    »Ja, ich befürchte, ich bin für die schlafenden Mädchen verantwortlich«, gab ich zu. Im Traum kostete Ehrlichkeit schließlich nichts. Elijah schüttelte den Kopf und bestätigte mir, dass ich mich wider Erwarten in einer guten Mahr befand. »Doch! Ich bin der einzige gemeinsame Nenner.«
    »Sicher?« Selbst als Traumfigur besaß er ein schelmisches Lächeln und wirkte beinahe real.
    »Würde ich es sonst erwähnen?«
    Einen Moment wackelte sein Lächeln und machte der Verbitterung Platz, die ich schon so oft an ihm bemerkt hatte. Er überspielte sie mit einer süffisanten Frage: »GLAUBST du denn, dass du schuld bist?«
    Ich überlegte einen Moment lang. »Nein.« Leiser fügte ich hinzu: »Das wüsste ich doch, oder?«
    Elijah trat einen Schritt näher, so wie er es auch am vergangenen Abend getan hatte, hob seine Hand und strich mit den Fingerspitzen über mein Gesicht. Eine verblüffend zärtliche, verblüffend intime Geste. Er wollte trotzdem mit mir zusammen sein!
    Ich schloss meine Augen und genoss die Liebkosung. Für einen Moment wollte ich vergessen, dass es ein Traum war. Nur ein Traum … Ich fühlte, wie eine Träne meine Wange hinabrollte. Ich fühlte Elijahs Atem auf meinem Gesicht, eine Sekunde, bevor er sie wegküsste. Seine Lippen verharrten an meiner Haut. »Es tut mir leid.«
    Sein Flüstern war so leise, dass ich es beinahe nicht gehört hätte und glich mehr einer Liebeserklärung als all die Schwüre, die ich aus dem Fernsehen kannte. Beinahe entschädigten mich seine Worte für alle Verdachtsmomente, die ich gegen mich selbst gehabt hatte.
    Deswegen küsste ich ihn. Einen langen, unendlich langen Augenblick lang dachte ich, er würde mich zurückweisen. Dann erwiderte er den Kuss mit einer Intensität, die mich überraschte. So, als sei ich alles, wovon er je geträumt hatte. Es war schön, sinnlich und erschreckend, denn ich wusste, ich wollte mehr. Viel mehr. Und es würde nie genug sein.
    Halbherzig versuchte ich, mich von ihm zu lösen, aber es funktionierte nicht. Ich lebte für ihn, nur für ihn. Ich atmete, dachte und träumte nur für ihn, der Rest der Welt wurde uninteressant, dunkler und fiel schließlich in die Finsternis. Ich fiel mit ihr …
    … und wachte auf.
    Verdammt!
    Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich irgendwann beim Lesen am Schreibtisch weggedöst war oder das Licht ausgemacht hatte. Musste ich aber, denn jetzt war ich wach und sah leuchtende Hufabdrücke in der Dunkelheit vor mir in der Luft. Sie hingen einfach da, wie der einzig sichtbare Teil eines Pferdes, dann machten sie kehrt.
    In der Gewissheit, mich in einem neuen Traum zu befinden, empfand ich keine Angst, nur Neugierde und Faszination über so viel Fantasie. Schade eigentlich, denn Angst hätte mich davor bewahrt, etwas wirklich Saublödes zu tun. Hat sie leider nicht.
    Ich sprang auf. Die leuchtenden Abdrücke hingen immer noch wie ein Nachglühen in der Luft, die frischeren, helleren eindeutig näher Richtung Wand.
    Ich rannte aus dem Zimmer, durch den Flur und zur anderen Seite der Wand. Genau zu der Stelle, an der das materielose Pferd nach Adam Riese wieder auftauchen müsste. Nichts. Zumindest nichts Übernatürliches. Nur David, der aus seinem Schlaf schreckte und mich anstarrte. Seine Miene konnte ich dank der Dunkelheit nicht erkennen, was er dachte und sich zusammenreimte, würde deswegen für immer sein Geheimnis bleiben.
    JETZT war ich hellwach.
    »Sorry, mein Fehler.« Ich torkelte leicht und hickste oskarverdächtig. Dabei betete ich stumm, dass mein Stiefbruder selbst noch betrunken genug war, um mir die Vorstellung abzunehmen. Zumindest, bis ich sein Zimmer verlassen hatte. Doch so weit kam ich gar nicht. Mit beinahe übernatürlicher Geschwindigkeit stand David auf und schnitt mir allein durch seine Position im Raum die Fluchtmöglichkeit gen Flur ab. Im nächsten Moment registrierte ich, dass er kein Hemd trug und musste mich zusammenreißen, um ihn nicht anzustarren. Trotzdem fühlte ich mich von Davids Auftreten in die Enge getrieben. Auf eine unkörperliche Art und Weise, denn der Körper war wirklich prima. Ich kicherte, um weiterhin angetrunken zu tun, aber auch, um meine Nervosität zu überspielen. Wegen eines Albtraumes, der mich sogar in sein Zimmer geführt hatte, würde er ganz sicher petzen; wegen des Alks nicht – dazu war er selbst zu

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