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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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Familienalbum blickte, sondern in eines, das ich noch nie zuvor gesehen hatte.
    Ich hatte nicht einmal gewusst, dass es dieses Buch gab. Denn selbst hatte ich kein Foto von meinen Eltern, keine andere Erinnerung, als die an den Brand. Ich konnte mich an nichts mehr aus meiner verdammten Kindheit erinnern, und Tante Meg hatte die ganze Zeit Fotos von meiner Mutter gehabt. Sie und meine Mutter als Kinder in friedlicher Eintracht spielen zu sehen, war ein Schock.
    Meg sah mich an, und ihre Augen waren voll von ungeweinten Tränen. In diesem Augenblick vergaß ich all meinen Groll. Tröstend streckte meine Tante ihre Hand nach mir aus, und zum ersten Mal merkte ich, dass ich ebenfalls weinte. Und zitterte wie Espenlaub. Als Meg mich in die Arme nahm, klammerte ich mich an sie, weil ich kaum noch Luft bekam. Die Blockade in meinem Inneren hatte sich gelöst und spülte den gesamten Schmerz, den ich mir nicht erlaubt hatte zu fühlen, hervor.
    »Es tut mir leid, es tut mir so unendlich leid …«, murmelte Meg wieder und immer wieder, während sie mir mit der einen Hand über den Rücken strich und mich mit der anderen genauso fest umklammerte, wie ich sie. Es tat so weh, so unendlich weh. Man sollte meinen, dass nach all den Jahren der Verlust nicht mehr so schmerzen würde. Aber es stimmte nicht. Ich konnte ihn immer noch hinter meiner Brust fühlen, in meinen Gedanken. Selbst die Leere, die dort vorher gewesen war, war besser, als dieses Gefühl.
    Trotzdem hielt es nicht ewig und ich beruhigte mich langsam wieder, bis nur noch eine dumpfe Stelle in meinem Inneren von meinem Kummer zeugte.
    »Ich habe sie so sehr geliebt …« Für Sekunden glaubte ich, meine eigenen Gedanken laut ausgesprochen zu haben. Erst dann begriff ich, dass es Meg gewesen war.
    Ihre Hand wanderte von meinem Rücken zu meinem Kopf und sie strich mir über die Haare, wie es Mom immer getan hatte, und diese Geste ließ mich zurückschrecken. Meg bemerkte es nicht, sondern sah immer noch auf die Bilder. »Ich kann nicht glauben, dass sie wirklich tot ist und ich sie nie wiedersehen werde.«
    »Das geht mir genauso, Tante Meg.« Es war erstaunlich, wie leicht mir das »Tante« über die Lippen kam. Sie schenkte mir ein schiefes Grinsen, das ihre Trauer deutlich zeigte. »Ich habe so viel falsch gemacht … nur weil sie den falschen Mann geheiratet hat, und doch hat sie mir jedes Jahr Karten geschickt und …«
    Das Geräusch der Haustür unterbrach Megs Beichte, und noch während sie das Buch schloss und sich mit Panik in der Miene nach einem Versteck für das Fotoalbum umsah, begriff ich mehrere Dinge auf einmal. Bevor mein Verstand eingreifen konnte, hatte ich bereits das Fotoalbum genommen und zwischen mehrere Zeitungen und Zeitschriften geschoben. Keine perfekte Tarnung, aber besser als nichts.
    Keine Sekunde zu früh, denn Klaus bog um die Ecke und blieb im Durchgang zum Wohnzimmer stehen. Wie immer war er dick angezogen, mit einem Al-Borland-Gedächnishemd in Thermoausführung und bewegte sich wie ein dicklicher Tanzbär, eine weiße Plastiktüte mit China-Imbiss-Schächtelchen in der Hand. Seine Miene war Dank der Haare und der Dunkelheit unergründlich, die stumme Anklage in seinen Augen nicht.
    »Meg?!«
    »Es tut mir so leid«, hauchte sie und für eine Sekunde glaubte sogar ich ihr.
    Klaus tat einen ungelenken Schritt in den Raum hinein und deutete mir mit einem Kopfnicken, zu gehen. Was ich tat – mit dem Fotoalbum und den Zeitschriften unter dem Arm.
    Dieses Mal blieb ich auf dem obersten Treppenansatz stehen, um den beiden zuzuhören.
    »Es tut mir leid«, wiederholte Meg mit mehr Nachdruck, als zuvor.
    »Wir haben darüber gesprochen. Ich will keine Kinder mehr.«
    »Aber ich.«
    »Hast du einen anderen Mann?« Oh wow, das klang beinahe so, als mache sich Klaus Hoffnungen. Weswegen? Wegen der Sache mit dem Glashaus und den Steinen, oder weil er Meg loswerden konnte?
    »Kinder mit DIR.« Die Betonung in Megs Stimme hatte etwas von Psycho. Sie liebte Klaus so sehr, dass es schon zum Gruseln war.
    »Wir haben nich…« Klaus` Stimme, eben noch wütend, verstummte. Was hatten sie nicht? Sex? Kein Wunder, bei den Haaren und der zickigen Atmosphäre. Mal abgesehen vom Fremdgehen, meine ich.
    »Du WAGST es?«
    Ich schreckte zusammen, als das Geräusch splitternden Glases zusammen mit Klaus` Stimme durch das Haus hallte. Seine Wut hätte gereicht, um Tote zu erwecken.
    »Was wage ich? Wir sind verheiratet, was spielt es für eine

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