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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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das Gerede im anderen Teil des Hauses deutlich lauter. Worum es bei dem neuen Streit ging, konnte ich nicht hören, aber ein Verdachtsthema lag ja offen auf der Hand.
    Aber so konnte ich mich nicht konzentrieren. Unmöglich!
    Ich stand auf und öffnete das Fenster. Leider sah ich dabei nach draußen und meine Motivation folgte meiner Konzentration. David, seine Best Buddies Paul und Dominique, Astrid, Miss Miststück und mein ganz spezieller Freund Jonah tummelten sich vor dem Pool. Hatten die kein eigenes Leben oder eine Jugend ohne Hausaufgaben? Ich ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass es schmerzte. Es lenkte mich ab und es gelang mir, mich auf meine Atmung zu fokussieren. Atmen, atmen … halten, halten … und … ausatmen …
    Das Türenknallen im Flur machte meinen Erfolg zunichte. Selbst Klaus` Schritte, die die Treppe nach unten gingen, klangen wütend. So war es nicht verwunderlich, dass auch die Haustür lautstark zugeschlagen wurde. Sheriff Donovan würde wohl noch ein drittes Mal zurückkommen müssen. Aber ein Freund der Familie hatte sicherlich Verständnis für die chronischen Streitereien. Vielleicht hatte ich mich bis jetzt auch ganz einfach geirrt und ich war die einzig Normale in dieser Familie und jeder außer mir wusste es?
    Einen Augenblick gefiel mir diese Vorstellung, so irrational sie auch war. Dann wog ich meine Alternativen gegeneinander ab. Ich konnte tun, was ich seit sieben Wochen tat und so tun, als habe ich nichts gemerkt. Die Verlockung war wirklich riesengroß. Aber sie hatte mir auch in den sechs Jahren davor nicht geholfen. Keine der zahlreichen Urlaube und Ferien von Saint Blocks hatten den Grund geliefert, warum ich jetzt wieder hier war. Ein vermaledeites Dilemma.
    Und es wurde noch schlimmer. David machte gute Miene zum bösen Spiel und zog, statt sich um seine Stiefmutter oder den plötzlichen Abgang seines Vaters zu kümmern, mit seinem Gefolge weiter. Eine bessere Einladung, mich selbst um Meg zu kümmern, konnte ich mir wirklich nicht wünschen. Trotzdem fühlte ich mich wie auf Messers Schneide, während ich die Treppe nach unten ging. Mit jedem Schritt die Stufen hinab, schien es dunkler zu werden und ich wagte es nicht, das Licht anzuschalten, um Meg keine Chance zu geben, fortzugehen oder sich gegen meinen Trost zu wappnen.
    Als ich ins Wohnzimmer mit den dunklen Holzmöbeln und der ebenso dunklen Holzvertäfelung einbog, saß sie auf dem Sofa – natürlich ebenfalls dunkel – und blätterte in einem Familienalbum. Es wies die typische lahme Farbe auf. Alle Familienalben waren entweder blau, für die Kinderfotos, oder grün, für alle anderen Bilder. Goldene Ranken zierten das Cover und den Rücken und in ihrer Mitte befand sich die Jahreszahl. Das wusste ich, ohne die Zahl zu sehen. Schließlich gab es genug dieser Alben im Wohnzimmerschrank. Für nahezu jedes Jahr eines.
    Erst auf den zweiten Blick sah ich, dass Tante Meg weinte. Zum ersten Mal überhaupt, seit ich sie kannte. Oh Scheiße … ich sah mich um, aber natürlich war ich alleine und natürlich gab es immer noch nirgendwo ein Handbuch. Typisch. Einen Augenblick lang spielte ich mit dem Gedanken, einfach zu gehen. Aber wenn sie mich dabei sah, würde das kein gutes Licht auf mich oder meinen Charakter werfen. Unter diesem Aspekt ging ich langsam weiter und gab ihr damit Zeit, auf mich zu reagieren.
    Aber sie sah nur kurz hoch und schien selbst nicht zu wissen, was sie tun sollte. Halleluja. Verwirrung war nicht generationsabhängig.
    Doch die ältere Generation fing sich schneller. Zumindest Meg. Mit einem entschuldigenden Lächeln rutschte sie zur Seite, so dass ich mich neben sie auf die Couch setzen konnte. Auf die fellbezogene Couch. Ich unterdrückte meinen Ekel und konzentrierte mich auf den Sonnenstrahl, der einen Streifen in das Halbdunkel schnitt, als ich mich setzte. Nur nicht das fellige Flauschzeug mit der bloßen Haut berühren!
    »Was machst du?«, fragte ich. Okay ja, das war mit Abstand das Blödeste, was man sagen konnte – aber auch das Unverbindlichste.
    Zu meiner Überraschung reichte sie mir das Buch so herüber, dass wir beide hineinsehen konnten. Auf beiden Seiten waren Bilder eingeklebt. Sie zeigten zwei junge Mädchen, beide blond, beide hübsch. Die eine saß auf der Schaukel und strahlte durch zahnspangenbewehrte Zähne, die andere gab ihr Schwung und lächelte eher schüchtern in die Kamera. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass ich nicht in irgendein

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