Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
Vom Netzwerk:
Rolle?«
    Wovon zum Teufel sprachen die beiden?
    »Was es für eine Rolle spielt?« Normalerweise war das der Moment, in dem Meg hysterisch klang, nicht Klaus.
    »Es war nur ein Traum.« Ich konnte mir Megs Lächeln vorstellen. Ein wenig herablassend, so wie meistens.
    »Es war nicht NUR ein Traum …« Wieder war ein Scheppern zu hören und Megs erschrockener Schrei. War das der Moment, in dem man den Sheriff rufen musste, wegen häuslicher Gewalt? Wie festgefroren verharrte ich auf meinem kleinen Fleckchen Realität, unfähig mich zu bewegen.
    »Du wirst es nicht noch einmal machen!« Die Drohung in Klaus` Stimme jagte einen Schauer über meinen Rücken. So hatte ich ihn noch nie gehört. In dem folgenden Schweigen wurden Sekunden zu Minuten.
    »Ja. Entschuldigung.« Megs Zustimmung war nur ein leiser Hauch, den ich über das Ticken der Standuhr im Flur hinweg beinahe überhört hätte.
    »Das kann ich nicht entschuldigen, Megan. Das kann ich nicht.«
    Ich duckte mich hinter der Säule, als Klaus zum Hinterausgang ging. Eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, denn er drehte sich nicht einmal um. Dieses Mal knallte er auch die Tür nicht, sondern schloss sie leise hinter sich, und das war unheimlicher als jeder Streit zuvor.

    Tante Meg benötigte eine volle Stunde, um dort weiterzumachen, wo sie aufgehört hatte und klopfte an meiner Tür.
    »Essen!«
    Ohne auf ein »Herein« zu warten, platzte sie in mein Zimmer. Zum ersten Mal, seit ich aus Saint Blocks gekommen war.
    »Ist das Chinesisch?« Ich rollte mich vom Bett und schnüffelte zweifelnd. Tante Meg war die einzige Person, die selbst gekauftes chinesisches Essen verderben konnte; einfach, indem sie es aus den Schälchen auf einen Teller füllte.
    »Mein Essen ist angebrannt, weil ich abgelenkt war.« Sie zuckte mit den Schultern. In ihrem Gesicht las ich keine Spur mehr von Tränen oder dem Kummer eines Streites.
    »Um was ging es?«, traute ich mich zu fragen.
    »Ich habe einen seiner wenigen, schwachen Momente ausgenutzt.« Wieder zuckte sie mit den Schultern als spiele es ohnehin keine große Rolle. Ich runzelte die Stirn, und wandte mich aber dem Essen zu, damit sie es nicht sah. Für Klaus schien die Tatsache des Vertrauensmissbrauchs deutlich weitreichendere Konsequenzen zu haben als für meine Tante.
    Sie setzte sich auf mein Bett. »Aber es ist nicht so wichtig.«
    Tatsächlich schien sie von ihrer eigenen Aussage sehr überzeugt zu sein. Und vielleicht hatte sie Recht. Wer war ich schon, das zu beurteilen? Ich gehörte erst seit sieben Wochen wieder zur Familie. Klaus und sie hielten sich dagegen schon seit Jahren gegenseitig aus.
    Sie griff nach dem Fotoalbum, das unter den Zeitschriften hervorlugte. Dabei zitterten ihre schmalen Finger mit den säuberlich rot lackierten Nägeln leicht. »Ich nehme es wieder mit.«
    »Warum kann ich es nicht behalten und noch ein wenig darin blättern?« Es behagte mir nicht, dass Buch wieder herzugeben. Dabei fühlte ich mich so, als stehle man mir meine Kindheit zum zweiten Mal.
    Meg schenkte mir ein wehmütiges Lächeln. »Bei dir erwartet er so etwas.«
    Klartext: Weil Klaus mein Zimmer stichprobenartig durchsuchte. Vielleicht auf der Suche nach Verfehlungen, Drogen, Diebesgut oder Lügen.
    »Und du? Erwartest du auch so etwas bei mir?«
    Einen Moment lang sah mich Meg einfach nur an. Ihre Gesichtszüge genauso aristokratisch wie die meiner Mutter, die Lippen schmal aber schön geschwungen, die Nase ein wenig zu stupsig, um als edel zu gelten. Ihre Haut blass und makellos. Unter ihrem prüfenden Blick spannte sich mein Innerstes an. Dann schüttelte sie den Kopf. Ganz leicht nur.
    Mit einem Blick auf das Album flüsterte sie: »Ich will nicht dieselben Fehler noch einmal machen.«
    Obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich ihre Worten hatte hören sollen, fragte ich: »Welche Fehler?«
    Die plötzliche Trauer auf ihren schönen Zügen erstaunte mich, ihr Wort »später« nicht. Mit dem hatte ich genauso gerechnet wie damit, dass Album nicht behalten zu dürfen.
    Als Meg endlich gegangen war, holte ich die zwei Bilder aus meinem Versteck, die ich nicht wieder hatte aufgeben können. Eines war das einzige Foto, was meine Eltern und mich zeigte. Ganz unromantisch in sommerlichen Sachen vor einem Umzugswagen. Wahrscheinlich war es auch das letzte gemeinsame Foto, zwei Tage später waren sie verbrannt und … verdammt! Wütend wischte ich mir über die Augen, verdrängte, wie sehr sie mir fehlten und wandte mich lieber

Weitere Kostenlose Bücher