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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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einem weiteren Fluch schwang ich meine Beine aus dem Bett – nur um sie Sekunden später wieder hochzuziehen. In Reichweite der Dunkelheit, die im Zwischenraum zwischen Bett und Fußboden lauerte, sollte man nie etwas baumeln lassen, was man mochte … und erst recht keine Körperteile.
    Also kämpfte ich mich mühsam aus den Untiefen der Matratze empor, bis ich halb auf dem Bett hockte, dann sprang ich ab und brachte genügend Abstand zwischen mich und der Finsternis. Kurz wog ich meine Optionen ab. Schwimmen oder Joggen schieden ebenso aus, wie in den Garten gehen. Dazu hätte ich an den beiden Streithähnen vorbeigemusst. Duschen war mir noch zu früh, Hausaufgaben hatte ich gemacht … mein Blick schweifte durch das Zimmer und blieb bei meinen Neuerrungenschaften hängen.
    Fünf Minuten später hatte ich den Ständer ausgepackt und weitere drei Minuten später hatte ich die ersten Teile zusammengebaut. Sah schon gut aus, und würde sicher sehr stabil sein. Wenn auch sehr schwer. Ich plagte mich ab, um den mittleren Balken nach oben zu hieven und in die richtige Position zu bringen. Doch jedes Mal wenn ich ihn auf der einen Seite richtig hatte, verschob er sich auf der anderen Seite.
    »Du hast Nadja auch nie wirklich geliebt .«
    »Verflucht.« Zum zweiten Mal rutschte mir die Metallstange aus der Hand, klemmte mich ein und knallte an die Wand. Aber der lautere Knall kam aus Richtung meiner Tür.
    Ich verharrte reglos, was angesichts meiner unbequemen Position – mit verdrehtem Arm – nicht ganz einfach war, und horchte. Aber meine Tante und ihr Mann stritten ungerührt weiter.
    »Mehr als dich. Mehr als alles andere auf der Welt .«
    »Ja?«
    »Alles okay?« Davids Stimme klang durch das Holz. So nahe und intim, als stünde er direkt neben mir.
    »Dann wäre sie jetzt nicht tot .«
    »Komm rein!« Was? Was hatte ich da gesagt? Gott, ich musste wirklich zu einem Exorzisten.
    »Es war ein Unfall. Und es gibt keinen einzigen Tag, an dem ich nicht daran denke oder mir Vorwürfe mache .«
    Bevor ich meine Einladung widerrufen, oder mir zumindest einmal durch Gesicht oder Haare fahren konnte, war David schon eingetreten. Offenbar war ich nicht die einzige, die an dem chronischen Passiv-Streit-Syndrom litt – und an einem Bad Hair Day.
    »Du hast sie nicht genug geliebt und dich nicht an Nadja gebunden, Klaus. Hättest du es getan …«
    »Süß schaust du aus!«
    Tat er wirklich mit seinen verstrubbelten, blonden Haaren. Die leichten Naturlocken, die er tagsüber so streng versteckt hielt, standen ihm wirklich verboten gut und umspielten sein markantes Gesicht so, dass er weniger einschüchternd wirkte. Trotzdem wünschte ich mir, ich hätte die Worte nicht ausgesprochen.
    »Dann w äre sie nicht gestorben .«
    »Was machst du da?« Argwöhnisch betrachtete David die Konstruktion und die Wand, die sein Zimmer von meinem trennte. Beides stand noch.
    »Wonach sieht es denn aus?«
    »Willst du, dass ich sterbe ?«
    »Als wenn du versuchst, dir mindestens einen Ellenbogen zu brechen.«
    Oh. Ja. Meine missliche Lage. Hätte ich fast vergessen.
    »Du wirst nicht sterben !«
    David griff an mir vorbei, so nahe, dass seine Hand wie zufällig meine Wange streifte und stabilisierte den oberen Balken soweit, dass wir ihn gemeinsam hochheben und am dem Gerüst befestigen konnte.
    »Brauchst du auch Hilfe bei dem Boxsack?«
    »Und wenn, ist es dir auch egal …«
    Davids Blick forderte mich förmlich dazu auf, »Nein« zu sagen. Aber so nah bei ihm, seine Hand auf meiner, fiel es mir schwer, meine normale Abwehrhaltung aufrecht zu erhalten. »Ja, bitte.«
    »Aber ICH will nicht, dass DIR etwas passiert, Klaus .«
    Mit einer Mischung aus Bedauern und glücklichem, wieder klarem Verstand sah ich zu, wie sich Davids Hand wieder von meiner löste und er mir half, den schweren Sack hochzuheben und mit dem Karabinerhaken zu befestigen.
    »Nein .«
    » Nein, was ?«
    » Das Risiko gehe ich GERNE ein .«
    David und ich schwiegen beide. Selbst meinem vorlauten Teufelchen fiel nichts mehr ein, womit ich Meg und Klaus übertönen oder uns ablenken konnte.
    »Du kannst es nicht verhindern. Nicht, wenn ich es will !«
    » Du erpresst mich ?«Klaus` Stimme war kalt und dazu geeignet Menschen durch Gefrierbrand zu töten. Mich jedenfalls brachte sie zum Frösteln. Meg nicht. Obwohl Klaus` Schritte eindeutig waren und deutlich machten, dass er gen Haustür polterte, hörte man sie durch das ganze Haus kreischen: »Du kannst nicht verhindern,

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