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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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kalt wie das Wasser damals. Trotz des Schauders, der über meinen Rücken lief, streckte ich meine Füße weiter und widerstand der Versuchung, einfach in den Teich zu springen. Stattdessen probierte ich, die Wochen seit Schulbeginn Revue passieren zu lassen. Es ging nicht. Immer wieder glitten meine Gedanken zurück in die Dunkelheit, zu Jonah und der Kammer. Und jedes Mal, wenn ich meine Augen schloss, war ich wieder zurück. In der Kälte und im Wasser. Endlose Sekunden lang, bevor das Brennen in meinen Lungen einsetzte und die Panik. Nur kurz vor dem Prickeln auf meinen Lippen. Begleitet von dem vertrauten Geschmack des Schattenkusses.
    »Hei!«
    Ich schreckte hoch und benötigte einen Moment, um wieder in die Realität zu finden. Sie erwischte mich in der Mitte des Steges wieder, wo ich Klaus verwirrt und kampfbereit entgegenblickte. Ein Wunder, dass ich vor Schreck nicht ins Wasser gesprungen war.
    »Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.« Er grinste, und trotz der Besorgnis in seiner Stimme hatte ich das Gefühl, er amüsiere sich über mich. »Ich habe dich gesucht.« Sein Grinsen verschwand, als sein Blick von mir zu seinem Handy glitt und dann zu seiner Uhr.
    »Sorry, ich habe die Zeit vergessen.« Ich schlüpfte in meine Schuhe, und die Stille animierte mich dazu, weiterzureden. »Es war so schön und ich habe einfach nur so vor mich hin gebummelt und geträumt und nachgedacht.«
    »So spät noch?«
    »Als ich hier ankam, war es noch nicht spät.« Ich runzelte die Stirn. Oder doch? Wie spät war es jetzt eigentlich? Es war wirklich schon verdammt dämmerig.
    »Hattest du Albträume?« Klaus lenkte fragend ab. Selbst ohne von meinen Füßen aufzusehen, wusste ich, dass er wieder prüfend mein Gesicht musterte. Ich konnte spüren, wie ich beim Gedanken an meine letzten Überlegungen rot wurde. Trotzdem gelang mir ein, »Nein, eher im Gegenteil.«
    »Aber du weinst?!«
    »Oh.« Ich griff mit beiden Händen an meine Wangen. Sie waren tatsächlich feucht von Tränenspuren. Ich wurde noch roter, konnte aber auch ein blödsinniges Lächeln auf meinen Lippen spüren, das dort nichts zu suchen hatte. Wenn mich selbst die alte Erinnerung an einen Kuss der nie stattgefunden hatte, dermaßen aufwühlte, sollte mich besser nie jemand in der Realität küssen.
    »Weißt du … manchmal ist es einfach zu viel. Dann habe ich so ein Gefühl, als müsse ich vor lauter Emotionen zerspringen, als könne mein Körper sie einfach nicht mehr fassen.« Weise Worte aus meinem Mund, gesprochen von dem kleinen verlogenen Teufel, der mich als Handpuppe hielt – und doch gleichzeitig eine Wahrheit, die ich bisher noch gar nicht registriert hatte. Unheimlich das.
    »Manchmal …?« Klaus, eben noch angespannt und beunruhigt, wirkte nun ehrlich interessiert. Selbst seine Stimme hatte einen anderen Tonfall angenommen, war wieder ruhig, tief und sanft. Manipulativ. »Willst du mir von dem Traum erzählen?« Trotz seines Zwinkerns erkannte ich den Ernst, der unter seiner Ausgelassenheit lauerte. Offenbar machte er sich wirklich Sorgen um mich. Ich mir auch. Wer weiß, wie lange mich das Teufelchen hier noch hätte sitzen lassen, wenn Klaus nicht gekommen wäre.
    »Vielleicht ein anderes Mal?!«, schlug ich deswegen vor. Und aus einer Laune heraus überbrückte ich den Abstand zwischen uns, stellte mich auf die Zehenspitzen und hauchte Klaus einen Kuss auf die bärtige Wange. »Danke.«
    Als ich wieder zurücktrat, wirkte er verdutzt. Aber ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass seine Sorge und sogar das Hinterherspionieren mit dem GPS-Handy so ziemlich das Netteste war, was seit Jahren jemand für mich getan hatte.
    »Wollen wir?« Er deutete in die Richtung in der wir wohnten. Ich nickte. Dankbar, dass ich nicht allein durch die Dunkelheit und die Schatten zurückmarschieren musste. Und die Dankbarkeit wurde sogar noch größer, als Klaus eine Taschenlampe zückte, um uns den Weg zu leuchten. »Und? Wie gefällt dir inzwischen die Schule?«
    Innerlich aufatmend verfolgte ich, wie sich das Licht seinen Weg durch die Finsternis fräste. Sekundenlang genoss ich, wie es die Schatten in Schach hielt. Erst als ich sicher war, dass die Dunkelheit nicht zurückschlagen würde, antwortete ich: »Sie ist ganz okay. – Ohne Jonah wäre sie sogar richtig gut.«
    Klaus lachte. Ein Geräusch, das beinahe so erschreckend war wie die Schatten, weil man es so selten hörte. Zumindest, wenn es so ehrlich war wie jetzt.
    »Und die Sitzungen bei

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