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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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Abend bei meinem Ex-Love-Interest klopfte – zumindest keiner, der nicht mit Zungen, Lippen oder intimeren Momenten zusammenhing. Ich schloss die Augen und versuchte den Gedanken zu verdrängen. Es war überraschend schwer. Ich klopfte noch einmal. Nichts. Gott sei Dank!
    Wenn David nicht schon schlief, war er noch unterwegs. Glück für mich.
    Leise öffnete ich die Tür und war froh, nicht augenblicklich von heranrollenden Mülllawinen erschlagen zu werden. Erst auf dem zweiten Blick konnte ich das Chaos überblicken. David war tatsächlich nirgendwo zu sehen. Vorsichtig löste ich mich von der Tür, hüpfte von freier Stelle zu freier Stelle, immer den Hauptweg entlang, bis zum Computer.
    Dort benötigte ich fünf Anläufe, um mich überhaupt an den Namen der Schulen zu erinnern, in denen ich bereits einmal mit den nicht-aufwachenden Mädchen konfrontiert worden war. Drei weitere, um mit der richtigen Jahreszahl drei Ergebnisse zu landen. Der erste Eintrag war eine große Nachricht in der Tageszeitung: »Mädchen im Wachkoma?«, und der zweite eine Schlagzeile »Hysterische Epidemie« mit biologischen und psychologischen Zusammenhängen und einem Touch Gesellschaftszwang zur Selbsthypnose. Das generelle Fazit hier war: »An manchen Schulen sind es eskalierende Mobbingaktionen, an anderen hippe Selbstmorde, hier ist es der ansteckende Schlaf – verstehe einer die Jugend von heute.«
    Klar , dachte ich mit einer Spur Sarkasmus, gerade Achtjährige neigen ja dazu, sich selbst so panisch zu machen, so dass sie … was? Einschlafen? Seriöser Journalismus sah anders aus. Wenig begeistert überflog ich den dritten Google-Teaser von derselben Zeitung. Hier fand ich nicht einmal mehr einen Verweis darauf, dass die Nachricht ihren Weg in die gedruckte Welt der wichtigen Meldungen gefunden hatte. Klar, wen interessierte schon, dass alle Mädchen wieder aufgewacht waren? Als ziemlich lethargische, energielose Zombies zwar, aber immerhin. Ich schnaubte empört. Und da wunderten sich alle, weil ich immer so zynisch war. Ha!
    Trotzdem öffnete ich den Link und las den kurzen Artikel. Die Mädchen waren alle am selben Tag – am 12. Juni – wieder erwacht; müde, lethargisch und seltsam in sich gekehrt, aber nicht mehr schlafend. Und weit und breit gab es keinen Zusammenhang zu mir oder zu der Taschenuhr. Halleluja. Einen Moment lang genoss ich die Erleichterung, die durch meine Adern brandete und sich mit dem leichten Pochen der Uhr in meiner Tasche verband. Offenbar hatte es tatsächlich eine rein wissenschaftliche Erklärung gegeben – mochte sie mir glaubwürdig erscheinen oder nicht. Die Lichtgeschwindigkeit existierte ja auch trotz meiner Skepsis ihr gegenüber ungerührt weiter.
    Und trotz ebendieser Skepsis erreichte ich besagte Geschwindigkeit beinahe, als ich aus Davids und in mein Zimmer hinein spurte, wo ich nach zwei Schritten beinahe über die Farbeimer, Pinsel, Rollen und Abdeckmaterialien fiel, die wirkungsvoll im eigentlich freien Raum zwischen Tür und Bett platziert worden waren. Sogar an eine passende Blumenvase für seine – meine – PfefferminzPflanze und zwei Bilderrahmen hatte Klaus gedacht.
    Zwei Bilderrahmen? Ich sah mich um, konnte jedoch an meiner Wand kein einziges Bild finden. Und auch sonst wo nicht. Wieso nahm mein Stiefvater an, dass ich Bilderrahmen bräuchte … es sei denn …
    Ich schrak zusammen, als mich das Klingeln auf dem Weg zum Fotoversteck unvorbereitet erwischte. Und gleich noch ein zweites Mal, als ich den rosafarbenen Hörer abnahm und es trotzdem noch einmal klingelte. In meiner Jackentasche.
    Ich benötigte ein weiteres Klingeln, um das Handy hervorzukramen und noch eines, um herauszufinden, wie man abnimmt. Mein Herz raste. Es gab nur vier Personen, die meine Nummer hatten. Mit keiner wollte ich reden.
    »Liz hier, Hallo?«
    »Ich bin`s.«
    Erleichtert atmete ich aus, als ich die einzige Stimme hörte, die um diese Zeit akzeptabel war. Die fünfte. Daria. Alles war in Ordnung. Sekunden später wurde ich doppelt skeptisch.
    »Wieso kannst du auf einem Handy anrufen?« Handynummern waren für jedes Telefon in Saint Block gesperrt. Ausnahmslos.
    »Wieso nicht. Man wirft Geld in den Automaten und wählt … ist ganz einfach, solltest du auch einmal ausprobieren.«
    »Spar dir deine Sprüche für jemand anderen, Schätzchen. WO bist du?«
    »Ich habe deine Tagebücher und bin auf dem Weg zu dir.«
    »Du hast meine Tagebücher und bist auf dem Weg zu mir?«, wiederholte ich wie

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