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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Colin ihn schließlich losließ. Dann rannte er von seinem Vater weg, und Pauline nahm ihn in die Arme. »Beruhige, beruhige dich«, versuchte sie, ihn zu trösten, »es ist ja alles vorbei. Das muß jeder beim ersten Mal über sich ergehen lassen. Es wird nicht wieder geschehen.«
    »Hören Sie auf, ihn zu verwöhnen«, rief Colin wütend, »wie soll er heranwachsen und ein Mann werden, wenn er jetzt nicht damit anfängt. Hör auf zu weinen, Judd!«
    »Wenn Sie ihn so anfahren, hilft das nichts. Es macht die Sache nur noch schlimmer. Sehen Sie denn nicht, wie verstört er ist?« Sie strich Judd sanft über die Haare und sagte: »Ist ja gut. Wir gehen jetzt zurück.«
    Sie übergab Judd einem der Diener, der ihm das Gesicht wusch.
    Colin kam zu Pauline. »Entschuldigen Sie bitte, daß ich Sie angeschrien habe, Miss Downs. Ich mache mir um Judd Sorgen. Er muß lernen, selbständig zu werden. Wissen Sie, wenn ich ihn verlieren sollte …«
    »Der Junge ist in Ordnung, Mr. MacGregor.«
    Sie drehte sich um und legte die Hand über die Augen. »Beginnt dort drüben nicht bereits Merinda? Ach übrigens, haben Sie schon gehört, daß Hughs Frau ihr erstes Kind erwartet, Mr. MacGregor?«
    Sie sah, wie Colins Gesicht versteinerte.
    »Es würde mich nicht überraschen«, sagte Pauline lachend, »wenn Sie in wenigen Jahren eine ganze Sippe von Westbrooks als Nachbarn haben! Wie ich höre, hat Hugh Erfolg. Er läßt sogar ein neues großes Haus unten am Fluß bauen. Offenbar hat er einen außergewöhnlichen Widder gekauft, und er behauptet, mit diesem Widder eine neue, widerstandsfähigere Schafrasse zu züchten. Wer hätte das gedacht, Mr. MacGregor, als Hugh damals in den Distrikt gekommen ist?«
    Sie sah, wohin er starrte: auf das Land am Fuß der Berge, auf die fünftausend Morgen Wald an Merindas Nordgrenze. Als sie weitergehen wollte, nahm Colin plötzlich ihren Arm und sagte: »Miss Downs, Ihr Bruder will also das Land dort verkaufen?«
    »Nun«, erwiderte sie langsam, »
verkaufen
ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Sie blickte zu Judd, der sich von dem Schrecken offenbar wieder erholt hatte. »Es geht ihm wieder besser«, meinte Pauline, »er braucht eben ab und zu auch eine sanfte Hand.«
    Nach kurzem Schweigen sagte Colin betont langsam: »Sie hatten recht, als Sie meinten, Judd brauche eine Mutter, Miss Downs. Ich habe schon viel darüber nachgedacht. Vielleicht wäre es nicht richtig, dem Jungen eine Fremde zuzumuten. Er braucht jemanden, den er bereits kennt.«
    »Er kennt Miss Todd und Miss Campbell?«
    »Ja.«
    Pauline sah ihn an. Der Wind wehte durch seine schwarzen Haare. Er schien nach den richtigen Worten zu suchen. »Ich denke, Miss Downs, Judd würde sich vielleicht mehr darüber freuen, wenn ich jemanden wie Sie heirate.«
    »Wie mich?«
    Er blickte hinüber zu den Bergen, wo Hugh Westbrooks erfolgreiche Farm Merinda lag und stellte sich vor, welch glückliches Leben dieser Mann mit seiner Frau führte. »Denken Sie darüber nach?« sagte er.
    Pauline lächelte: »Vielleicht«, sagte sie.

Kapitel Vierzehn
    1
    »Meine liebe Schwester«, begann der Brief, »nach fünf Monaten auf dem Meer sind wir schließlich in Sydney angekommen. Mit Worten kann man die Qualen unserer Reise nicht beschreiben. Miss Pratt und ich mußten uns mit zwei anderen Frauen eine Kabine teilen, die zwei mal drei Meter groß war. Wir schliefen auf so schmalen Pritschen, daß man nicht richtig darauf liegen konnte, und drei mußten den Raum verlassen, während sich die Vierte anzog. Auf dem Schiff gab es nur zwei Toiletten für über zweihundert Passagiere, und sie befanden sich neben unserer Kabine. Der Gestank war bestialisch und unerträglich. Viele der Einwanderer besaßen nicht einmal Kleidung zum Wechseln. Wir wurden von Läusen schier aufgefressen. Außerdem wimmelte es auf dem Schiff vor Ratten. Auf der Überfahrt kamen acht Kinder zur Welt, fünf starben.«
    Joanna blickte auf den Regen, der sanft gegen die Fensterscheibe ihres Hotelzimmers trommelte. Sie sah gerade noch den Schein der Gaslampen auf der Straße und hörte das Quietschen und Rumpeln der Fuhrwerke und Kutschen, die langsam vorüberrollten, und das Klappern der Pferdehufe auf dem Pflaster. Draußen war es kalt, aber das Feuer in den beiden offenen Kaminen der Suite – ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer – im King George Hotel verbreitete eine wohlige Wärme. Sie saß im Wohnzimmer und blickte versonnen auf den

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